Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761.den Edelhof, der eine war Rittmeister und der andere Cornet. Sie schienen im Anfang ein paar steife Männer zu seyn, der Rittmeister sonderlich hatte eine so nachdenkliche Mine, als wenn er glaubte, daß er an dem glücklichen Feldzuge dieses Jahres keinen geringen Antheil hätte. Wer sollte denken, daß dieser Mann bestimmt gewesen wäre, zwei beleidigte Frauenzimmer zu rächen! Der Baron redete sie französisch an, Sie antwortete kurz und gebrochen. Ich nahm mir vor, nicht lange in ihrer Gesellschaft zu bleiben, doch bei Tische fanden wir an dem Rittmeister einen ganz andern Mann, er wurde aufgeräumt und redete uns plötzlich in unsrer Muttersprache an. Der Baron war eben im Begriff, ihm seine Bewunderung darüber zu entdecken, da er ihm zuvor kam und anfing, sein Leben zu erzählen. Er hat einige mal das Glück gehabt, den König nach Deutschland zu begleiten, und hat sich ausserdem ziemlich lange aufgehalten. Nachmittage stattete der Herr v. Ln. einen Besuch bei uns ab. Der Rittmeister war sein vertrauter den Edelhof, der eine war Rittmeister und der andere Cornet. Sie schienen im Anfang ein paar steife Männer zu seyn, der Rittmeister sonderlich hatte eine so nachdenkliche Mine, als wenn er glaubte, daß er an dem glücklichen Feldzuge dieses Jahres keinen geringen Antheil hätte. Wer sollte denken, daß dieser Mann bestimmt gewesen wäre, zwei beleidigte Frauenzimmer zu rächen! Der Baron redete sie französisch an, Sie antwortete kurz und gebrochen. Ich nahm mir vor, nicht lange in ihrer Gesellschaft zu bleiben, doch bei Tische fanden wir an dem Rittmeister einen ganz andern Mann, er wurde aufgeräumt und redete uns plötzlich in unsrer Muttersprache an. Der Baron war eben im Begriff, ihm seine Bewunderung darüber zu entdecken, da er ihm zuvor kam und anfing, sein Leben zu erzählen. Er hat einige mal das Glück gehabt, den König nach Deutschland zu begleiten, und hat sich ausserdem ziemlich lange aufgehalten. Nachmittage stattete der Herr v. Ln. einen Besuch bei uns ab. Der Rittmeister war sein vertrauter <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0305" n="303"/> den Edelhof, der eine war Rittmeister und der andere Cornet. Sie schienen im Anfang ein paar steife Männer zu seyn, der Rittmeister sonderlich hatte eine so nachdenkliche Mine, als wenn er glaubte, daß er an dem glücklichen Feldzuge dieses Jahres keinen geringen Antheil hätte. Wer sollte denken, daß dieser Mann bestimmt gewesen wäre, zwei beleidigte Frauenzimmer zu rächen! Der Baron redete sie französisch an, Sie antwortete kurz und gebrochen. Ich nahm mir vor, nicht lange in ihrer Gesellschaft zu bleiben, doch bei Tische fanden wir an dem Rittmeister einen ganz andern Mann, er wurde aufgeräumt und redete uns plötzlich in unsrer Muttersprache an. Der Baron war eben im Begriff, ihm seine Bewunderung darüber zu entdecken, da er ihm zuvor kam und anfing, sein Leben zu erzählen. Er hat einige mal das Glück gehabt, den König nach Deutschland zu begleiten, und hat sich ausserdem ziemlich lange aufgehalten. Nachmittage stattete der Herr v. Ln. einen Besuch bei uns ab. Der Rittmeister war sein vertrauter </p> </div> </body> </text> </TEI> [303/0305]
den Edelhof, der eine war Rittmeister und der andere Cornet. Sie schienen im Anfang ein paar steife Männer zu seyn, der Rittmeister sonderlich hatte eine so nachdenkliche Mine, als wenn er glaubte, daß er an dem glücklichen Feldzuge dieses Jahres keinen geringen Antheil hätte. Wer sollte denken, daß dieser Mann bestimmt gewesen wäre, zwei beleidigte Frauenzimmer zu rächen! Der Baron redete sie französisch an, Sie antwortete kurz und gebrochen. Ich nahm mir vor, nicht lange in ihrer Gesellschaft zu bleiben, doch bei Tische fanden wir an dem Rittmeister einen ganz andern Mann, er wurde aufgeräumt und redete uns plötzlich in unsrer Muttersprache an. Der Baron war eben im Begriff, ihm seine Bewunderung darüber zu entdecken, da er ihm zuvor kam und anfing, sein Leben zu erzählen. Er hat einige mal das Glück gehabt, den König nach Deutschland zu begleiten, und hat sich ausserdem ziemlich lange aufgehalten. Nachmittage stattete der Herr v. Ln. einen Besuch bei uns ab. Der Rittmeister war sein vertrauter
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