Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.hat's mit mir die sonderbare Bewandtniß, Sie sprang auf und wollte Feldein, ich Jch faßte sie traulich bey der Hand: Sie
hat’s mit mir die ſonderbare Bewandtniß, Sie ſprang auf und wollte Feldein, ich Jch faßte ſie traulich bey der Hand: Sie
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hat’s mit mir die ſonderbare Bewandtniß,
wenn mir’s weinerlich wird, daß ſich der
Schmerz iederzeit durch ein gewiſſes ſonder-
bares Kribbeln im Naſenknopf aͤuſſert.
Jch konnt’ mir nicht wehren herzhaft zu nie-
ſen, daruͤber fuhr das arme Ding zuſam-
men, nicht anders wie ein Reh, wenn un-
verſehens in der Naͤh’ ein Schuß faͤllt.
Sie ſprang auf und wollte Feldein, ich
aber trat ſie freundlich an: Juͤngferchen
lauf ſie nicht! Bin kein Habicht der’s
Taͤubchen rupfen will. — Sie ſtund auf-
horchend und ſchuͤchtern. — Woher des
Landes mein’ Tochter? So ſpaͤt am Tage
und ganz allein? — Kein’ Antwort. —
Was iſt ihr begegnet? Was hat ſie zu iam-
mern? — Kein’ Antwort, aber ein tiefer
Herzensſeufzer.
Jch faßte ſie traulich bey der Hand:
Kind, ſey gutes Muth’s! Was du auch
fuͤr Anliegen haſt, vertrau mir’s. Seh
wohl, biſt ein armes verſcheuchtes Kuͤchel,
willſt auffliegen und findeſt kein Staͤnglein,
worauf du ruhen kanſt. — Komm mit
mir, ſollſt bey mir aufgehoben ſeyn, wie
in deines Vaters Hauſe.
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