Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.Weiß bis diese Stund' nicht wie mir über Wie wir so durch die Johannisbeerhecke das G 3
Weiß bis dieſe Stund’ nicht wie mir uͤber Wie wir ſo durch die Johannisbeerhecke das G 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0107" n="101"/> <p>Weiß bis dieſe Stund’ nicht wie mir uͤber<lb/> den Anblick zu Muth ward’; daͤucht mich,<lb/> ich waͤr auf einmal ganz veramort, wie<lb/> man von dem Schoͤpfer der Grazien zu ſa-<lb/> gen pflegt. Waͤr auch wahrlich! nicht zu<lb/> verwundern geweſen: das Helldunkel des<lb/> Abendlicht’s, durch die gruͤnen Gewoͤlbe<lb/> meiner Obſtbaͤum’ hinwallend, gab der Ge-<lb/> ſtalt des Maͤdchens einen Zauberreiz, daß<lb/> ich mich nicht enthalten konnt’, aus der Fuͤl-<lb/> le des Herzens mit Vater L. auszurufen:<lb/> welch ein Geſicht voll Salbung! gut und<lb/> lieblich, das wie die lieblichſte Salbe<lb/> alldurchdringenden Wohlgeruch ausduftet.<lb/> Wer kann beſchreiben den Wohlgeruch des<lb/> Salboels, ausgegoſſen aufs Haupt des lie-<lb/> ben Maͤdchens, ſanft herabtriefend bis zum<lb/> Saume des Kleides! — Wie abgeſchnit-<lb/> ten war nun meine Red’ auf einmal, konnt’<lb/> weiter kein Wort vorbringen, winkt ihr mit<lb/> der Hand mir zu folgen, und ſie that’s.</p><lb/> <p>Wie wir ſo durch die Johannisbeerhecke<lb/> giengen, blickt’ ich ſo beyher von der Seite<lb/> nach ihr um, das mocht’ ihr wohl allerley<lb/> Gedanken machen: denn ich merkt in ihrem<lb/> Geſicht ſichtbare Verlegenheit. Alſo macht<lb/> ich ſchnell einen Bund mit meinen Augen,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">G 3</fw><fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [101/0107]
Weiß bis dieſe Stund’ nicht wie mir uͤber
den Anblick zu Muth ward’; daͤucht mich,
ich waͤr auf einmal ganz veramort, wie
man von dem Schoͤpfer der Grazien zu ſa-
gen pflegt. Waͤr auch wahrlich! nicht zu
verwundern geweſen: das Helldunkel des
Abendlicht’s, durch die gruͤnen Gewoͤlbe
meiner Obſtbaͤum’ hinwallend, gab der Ge-
ſtalt des Maͤdchens einen Zauberreiz, daß
ich mich nicht enthalten konnt’, aus der Fuͤl-
le des Herzens mit Vater L. auszurufen:
welch ein Geſicht voll Salbung! gut und
lieblich, das wie die lieblichſte Salbe
alldurchdringenden Wohlgeruch ausduftet.
Wer kann beſchreiben den Wohlgeruch des
Salboels, ausgegoſſen aufs Haupt des lie-
ben Maͤdchens, ſanft herabtriefend bis zum
Saume des Kleides! — Wie abgeſchnit-
ten war nun meine Red’ auf einmal, konnt’
weiter kein Wort vorbringen, winkt ihr mit
der Hand mir zu folgen, und ſie that’s.
Wie wir ſo durch die Johannisbeerhecke
giengen, blickt’ ich ſo beyher von der Seite
nach ihr um, das mocht’ ihr wohl allerley
Gedanken machen: denn ich merkt in ihrem
Geſicht ſichtbare Verlegenheit. Alſo macht
ich ſchnell einen Bund mit meinen Augen,
das
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