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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.

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Gebäudes, das dadurch endlich ein ganz
ander Exteriör gewinnt, wie das Häußlein
zu Loretto. Wär besser gewesen, man hätt'
ihm zu Beförderung der Andacht frommer
Pilger, sein' eigenthümliche Form und Ge-
stalt gelassen, in welcher es die lieben En-
gel den weiten Weg hertransportirt haben,
als nun, da es in einem kostbaren Futteral
steckt, und nicht mehr mit leiblichen Augen,
sondern allein mit den Augen des Glaubens
beschauet werden kann.

Die zweite Ursach von all' dem Unfug
ist, daß unsre Theologen, nämlich die Jn-
fulirten, oder die den rothen Hut haben und
die Facultisten, ihr Dichten und Trachten
allein auf das Fach gerichtet seyn lassen,
worinn sie leben und weben; kein Nebenher,
oder ein Lieblingsstudium treiben, wie der
geringere Clerus zum wahren Vortheil der
Kirche betreibt; sondern zerbohren, käuen
und durchreuten die liebe Orthodoxie wie die
Holzwürmer, daß sie endlich, wie ein mor-
scher durchfressener Balken, auseinander fal-
len muß.

Ein weises Gesetz hat ehemals verordnet,
daß der iedesmalige Großsultan sich einer
Kunst, Handthierung oder Leibesübung be-

fleißigen

Gebaͤudes, das dadurch endlich ein ganz
ander Exterioͤr gewinnt, wie das Haͤußlein
zu Loretto. Waͤr beſſer geweſen, man haͤtt’
ihm zu Befoͤrderung der Andacht frommer
Pilger, ſein’ eigenthuͤmliche Form und Ge-
ſtalt gelaſſen, in welcher es die lieben En-
gel den weiten Weg hertransportirt haben,
als nun, da es in einem koſtbaren Futteral
ſteckt, und nicht mehr mit leiblichen Augen,
ſondern allein mit den Augen des Glaubens
beſchauet werden kann.

Die zweite Urſach von all’ dem Unfug
iſt, daß unſre Theologen, naͤmlich die Jn-
fulirten, oder die den rothen Hut haben und
die Facultiſten, ihr Dichten und Trachten
allein auf das Fach gerichtet ſeyn laſſen,
worinn ſie leben und weben; kein Nebenher,
oder ein Lieblingsſtudium treiben, wie der
geringere Clerus zum wahren Vortheil der
Kirche betreibt; ſondern zerbohren, kaͤuen
und durchreuten die liebe Orthodoxie wie die
Holzwuͤrmer, daß ſie endlich, wie ein mor-
ſcher durchfreſſener Balken, auseinander fal-
len muß.

Ein weiſes Geſetz hat ehemals verordnet,
daß der iedesmalige Großſultan ſich einer
Kunſt, Handthierung oder Leibesuͤbung be-

fleißigen
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[114/0120] Gebaͤudes, das dadurch endlich ein ganz ander Exterioͤr gewinnt, wie das Haͤußlein zu Loretto. Waͤr beſſer geweſen, man haͤtt’ ihm zu Befoͤrderung der Andacht frommer Pilger, ſein’ eigenthuͤmliche Form und Ge- ſtalt gelaſſen, in welcher es die lieben En- gel den weiten Weg hertransportirt haben, als nun, da es in einem koſtbaren Futteral ſteckt, und nicht mehr mit leiblichen Augen, ſondern allein mit den Augen des Glaubens beſchauet werden kann. Die zweite Urſach von all’ dem Unfug iſt, daß unſre Theologen, naͤmlich die Jn- fulirten, oder die den rothen Hut haben und die Facultiſten, ihr Dichten und Trachten allein auf das Fach gerichtet ſeyn laſſen, worinn ſie leben und weben; kein Nebenher, oder ein Lieblingsſtudium treiben, wie der geringere Clerus zum wahren Vortheil der Kirche betreibt; ſondern zerbohren, kaͤuen und durchreuten die liebe Orthodoxie wie die Holzwuͤrmer, daß ſie endlich, wie ein mor- ſcher durchfreſſener Balken, auseinander fal- len muß. Ein weiſes Geſetz hat ehemals verordnet, daß der iedesmalige Großſultan ſich einer Kunſt, Handthierung oder Leibesuͤbung be- fleißigen

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/120>, abgerufen am 24.11.2024.