Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.Jrrthum vor sein Forum ziehen kan. Jm Nachdem ich alles wohl ponderirt, erach- ihn
Jrrthum vor ſein Forum ziehen kan. Jm Nachdem ich alles wohl ponderirt, erach- ihn
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Jrrthum vor ſein Forum ziehen kan. Jm
Grunde befind ich der Flappertſchen Phy-
ſiognomie den Stempel der Buͤberey nicht
ſo deutlich aufgedruckt, wie Herr Spoͤrtler
vermeint, es waͤre denn Sach, daß das Ori-
ginalgeſicht mehr beſagte als die Abſchat-
tung. Denn wenn iedes Menſchengeſicht
ein unerſchoͤpflich Meer iſt, wie Freund L.
behauptet: ſo kan eine Silhouett’ nicht mehr
als eine Ciſtern, oder kleine Pfuͤtze ſeyn,
und darauf laͤßt ſich kein Manoͤvre mit Or-
logſchiffen anbringen, wie auf der offenba-
ren See. Dem ſey indeſſen wie ihm wol-
le, ein großer Beweiß daß ich recht hab’
liegt darinn, daß ich bey meinem gallich-
ten Humor, wo die Nerven fuͤrs mißlau-
tende doch ſo reizbar ſind, das alles nicht
ſeh was er ſah, und bin daher der feſten
Meinung, die Seel’ des Phyſiognomiſten
koͤnne ſich, wie iede andre Menſchenſeel’,
in ihren drey Operationen wohl irren; ob-
gleich die Kunſt fuͤr ſich betrachtet, ſo in-
fallibel iſt, wie die Autoritaͤt des heiligen
Vaters, in der Chriſtkatholiſchen Kirch.
Nachdem ich alles wohl ponderirt, erach-
tet ich dienlich, die unſchuldige Beleidigung
des Spoͤrtlers in der Still zu verdauen, und
ihn
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