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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.

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fahren der krenzbrave Exsenior G** in
H **, auf den ist wie männiglich bekannt,
seit langer Zeit die Hypothese losgehezt
worden, daß er sey ein ungestümer Zelot
und Ketzermacher, der die ganze Christen-
heit anathematisir', wenn sie nicht in's
Horn seiner Orthodoxie blaß'. Dieser, für
wahr angenommene Satz, hat nun verur-
sacht, daß der Mann nur einmal in die ge-
lehrte Welt hinein husten oder niesen darf,
so kneipt und beißt alles auf ihn; läuft ihm
ieder litterarische Troßbub' nach, und rauft
ihm ein Haar aus dem Bart. Lieben Brü-
der! beurtheilt den Mann doch nicht blos
nach der Physiognomie seiner Schriften, die
haben freylich oft all' das Widerwärtige des
Markusprofils; sondern nach der Thatsach'
seines Lebens und Wandels, so werdet ihr
ihn ertragen lernen, wie ich meinen Schä-
fer.

Den Markus ließ ich herauf kommen.
Er hatte, dünkt mich, iezt eine ganz ande-
re Physiognomie; die schelmischen Züg' und
das stilltückische Wesen schienen mir daraus
verschwunden zu seyn. Redet deshalb
freundlich mit ihm, welches er von mir
eben nicht gewohnt ist: erzähl mir den ei-

gentlichen

fahren der krenzbrave Exſenior G** in
H **, auf den iſt wie maͤnniglich bekannt,
ſeit langer Zeit die Hypotheſe losgehezt
worden, daß er ſey ein ungeſtuͤmer Zelot
und Ketzermacher, der die ganze Chriſten-
heit anathematiſir’, wenn ſie nicht in’s
Horn ſeiner Orthodoxie blaß’. Dieſer, fuͤr
wahr angenommene Satz, hat nun verur-
ſacht, daß der Mann nur einmal in die ge-
lehrte Welt hinein huſten oder nieſen darf,
ſo kneipt und beißt alles auf ihn; laͤuft ihm
ieder litterariſche Troßbub’ nach, und rauft
ihm ein Haar aus dem Bart. Lieben Bruͤ-
der! beurtheilt den Mann doch nicht blos
nach der Phyſiognomie ſeiner Schriften, die
haben freylich oft all’ das Widerwaͤrtige des
Markusprofils; ſondern nach der Thatſach’
ſeines Lebens und Wandels, ſo werdet ihr
ihn ertragen lernen, wie ich meinen Schaͤ-
fer.

Den Markus ließ ich herauf kommen.
Er hatte, duͤnkt mich, iezt eine ganz ande-
re Phyſiognomie; die ſchelmiſchen Zuͤg’ und
das ſtilltuͤckiſche Weſen ſchienen mir daraus
verſchwunden zu ſeyn. Redet deshalb
freundlich mit ihm, welches er von mir
eben nicht gewohnt iſt: erzaͤhl mir den ei-

gentlichen
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[184/0190] fahren der krenzbrave Exſenior G** in H **, auf den iſt wie maͤnniglich bekannt, ſeit langer Zeit die Hypotheſe losgehezt worden, daß er ſey ein ungeſtuͤmer Zelot und Ketzermacher, der die ganze Chriſten- heit anathematiſir’, wenn ſie nicht in’s Horn ſeiner Orthodoxie blaß’. Dieſer, fuͤr wahr angenommene Satz, hat nun verur- ſacht, daß der Mann nur einmal in die ge- lehrte Welt hinein huſten oder nieſen darf, ſo kneipt und beißt alles auf ihn; laͤuft ihm ieder litterariſche Troßbub’ nach, und rauft ihm ein Haar aus dem Bart. Lieben Bruͤ- der! beurtheilt den Mann doch nicht blos nach der Phyſiognomie ſeiner Schriften, die haben freylich oft all’ das Widerwaͤrtige des Markusprofils; ſondern nach der Thatſach’ ſeines Lebens und Wandels, ſo werdet ihr ihn ertragen lernen, wie ich meinen Schaͤ- fer. Den Markus ließ ich herauf kommen. Er hatte, duͤnkt mich, iezt eine ganz ande- re Phyſiognomie; die ſchelmiſchen Zuͤg’ und das ſtilltuͤckiſche Weſen ſchienen mir daraus verſchwunden zu ſeyn. Redet deshalb freundlich mit ihm, welches er von mir eben nicht gewohnt iſt: erzaͤhl mir den ei- gentlichen

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/190>, abgerufen am 21.11.2024.