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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.

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gentlichen Verlauf der Sach, wie ists,
frug ich, mit dem Hammeldiebstahl zuge-
gangen?

Herr, ich vermerkt Unrath, sprach er,
als ich gestern Abend in die Hord' vor dem
Wald eintrieb; spionirten etliche Laurer im
Wald herum, doch thät ich, als hätt ich
kein' Acht auf sie, kroch in die Hütt', in
der der Jung schon schnarcht', und als es
recht dunkel war, schlich ich auf allen Vie-
ren aus der Hord', und barg mich, auf
funfzig Schritt' weit davon, hinter eine Dor-
nenheck'. 'S dauert' nicht lang, so kamen
vier Kerl übers Feld her; der erst' schwieg
den Hund durch Diebskünst, die andern ver-
ruachten die Hütt' und trieben einen Theil
der Hammel fort. Jch merkt bald ab, wo
sie damit hin wollten, macht' mich eilends
in den Wald, gewann einen Vorsprung,
und paßt' ihnen bey der Kneipschenk' auf.
Wie sie da hinein trieben, lief ich rasch
ins nächste Dorf, zeigt's beym Richter an,
der both Mannschaft auf, fiel damit ein
in die Diebsherberg, und verarrestirt' die
Hammel; aber das Diebsgesindel hatte sich
beym ersten Lerm davon gemacht.

Was
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gentlichen Verlauf der Sach, wie iſts,
frug ich, mit dem Hammeldiebſtahl zuge-
gangen?

Herr, ich vermerkt Unrath, ſprach er,
als ich geſtern Abend in die Hord’ vor dem
Wald eintrieb; ſpionirten etliche Laurer im
Wald herum, doch thaͤt ich, als haͤtt ich
kein’ Acht auf ſie, kroch in die Huͤtt’, in
der der Jung ſchon ſchnarcht’, und als es
recht dunkel war, ſchlich ich auf allen Vie-
ren aus der Hord’, und barg mich, auf
funfzig Schritt’ weit davon, hinter eine Dor-
nenheck’. ’S dauert’ nicht lang, ſo kamen
vier Kerl uͤbers Feld her; der erſt’ ſchwieg
den Hund durch Diebskuͤnſt, die andern ver-
ruachten die Huͤtt’ und trieben einen Theil
der Hammel fort. Jch merkt bald ab, wo
ſie damit hin wollten, macht’ mich eilends
in den Wald, gewann einen Vorſprung,
und paßt’ ihnen bey der Kneipſchenk’ auf.
Wie ſie da hinein trieben, lief ich raſch
ins naͤchſte Dorf, zeigt’s beym Richter an,
der both Mannſchaft auf, fiel damit ein
in die Diebsherberg, und verarreſtirt’ die
Hammel; aber das Diebsgeſindel hatte ſich
beym erſten Lerm davon gemacht.

Was
M 5
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[185/0191] gentlichen Verlauf der Sach, wie iſts, frug ich, mit dem Hammeldiebſtahl zuge- gangen? Herr, ich vermerkt Unrath, ſprach er, als ich geſtern Abend in die Hord’ vor dem Wald eintrieb; ſpionirten etliche Laurer im Wald herum, doch thaͤt ich, als haͤtt ich kein’ Acht auf ſie, kroch in die Huͤtt’, in der der Jung ſchon ſchnarcht’, und als es recht dunkel war, ſchlich ich auf allen Vie- ren aus der Hord’, und barg mich, auf funfzig Schritt’ weit davon, hinter eine Dor- nenheck’. ’S dauert’ nicht lang, ſo kamen vier Kerl uͤbers Feld her; der erſt’ ſchwieg den Hund durch Diebskuͤnſt, die andern ver- ruachten die Huͤtt’ und trieben einen Theil der Hammel fort. Jch merkt bald ab, wo ſie damit hin wollten, macht’ mich eilends in den Wald, gewann einen Vorſprung, und paßt’ ihnen bey der Kneipſchenk’ auf. Wie ſie da hinein trieben, lief ich raſch ins naͤchſte Dorf, zeigt’s beym Richter an, der both Mannſchaft auf, fiel damit ein in die Diebsherberg, und verarreſtirt’ die Hammel; aber das Diebsgeſindel hatte ſich beym erſten Lerm davon gemacht. Was M 5

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/191>, abgerufen am 17.05.2024.