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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.

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So ein Lieblinsgewerbe nährt das Leben
der Seele, wie äuserlich Beruf und Amt
seinen Mann nährt, stärkt und spannt die
innern Kräfte, erwärmt und ermuntert sie;
gießt Wonuegefühl ins Herz; ist eine sichre
Freystatt, wohin sich, wenns von aussen
trübe hergeht, die Seele flüchtet, bis der
Sturm vorüber braußt.

Mag. Oelgötz mein Gevatter, dem äu-
sern Beruf nach Diener am Wort, läuft
unter dem Namen eines Naturforschers sei-
ner Lieblingsneigung nach, lauret den Mü-
cken und Heuschrecken auf, kennt das Un-
geziffer so gut wie seine Beichtkinder; hascht
Schmetterlinge, und wenn er in seine
Sammlung nach den gladbachischen Tabel-
len, ein Perlenhühngen, Landkärtgen oder
Spatzendreck einrangiren kann, freut er sich
so herzlich drüber, als der fleissige Rust
über einen anhaltischen Schriftsteller, den
er einhascht. Vor dem Jahre beym Bran-
de verlohr der gute Mann seine sämtliche
fahrende Haabe, Hausgeräthe und Bü-
cher, kümmerte sich wenig ums Zeitliche: --
denn seine Jnsektensammlung war gerettet.

Gleich seiu nächster Confrater ist Bie-
nenvater als einer im Lande. Dem star-

ben

So ein Lieblinsgewerbe naͤhrt das Leben
der Seele, wie aͤuſerlich Beruf und Amt
ſeinen Mann naͤhrt, ſtaͤrkt und ſpannt die
innern Kraͤfte, erwaͤrmt und ermuntert ſie;
gießt Wonuegefuͤhl ins Herz; iſt eine ſichre
Freyſtatt, wohin ſich, wenns von auſſen
truͤbe hergeht, die Seele fluͤchtet, bis der
Sturm voruͤber braußt.

Mag. Oelgoͤtz mein Gevatter, dem aͤu-
ſern Beruf nach Diener am Wort, laͤuft
unter dem Namen eines Naturforſchers ſei-
ner Lieblingsneigung nach, lauret den Muͤ-
cken und Heuſchrecken auf, kennt das Un-
geziffer ſo gut wie ſeine Beichtkinder; haſcht
Schmetterlinge, und wenn er in ſeine
Sammlung nach den gladbachiſchen Tabel-
len, ein Perlenhuͤhngen, Landkaͤrtgen oder
Spatzendreck einrangiren kann, freut er ſich
ſo herzlich druͤber, als der fleiſſige Ruſt
uͤber einen anhaltiſchen Schriftſteller, den
er einhaſcht. Vor dem Jahre beym Bran-
de verlohr der gute Mann ſeine ſaͤmtliche
fahrende Haabe, Hausgeraͤthe und Buͤ-
cher, kuͤmmerte ſich wenig ums Zeitliche: —
denn ſeine Jnſektenſammlung war gerettet.

Gleich ſeiu naͤchſter Confrater iſt Bie-
nenvater als einer im Lande. Dem ſtar-

ben
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[22/0028] So ein Lieblinsgewerbe naͤhrt das Leben der Seele, wie aͤuſerlich Beruf und Amt ſeinen Mann naͤhrt, ſtaͤrkt und ſpannt die innern Kraͤfte, erwaͤrmt und ermuntert ſie; gießt Wonuegefuͤhl ins Herz; iſt eine ſichre Freyſtatt, wohin ſich, wenns von auſſen truͤbe hergeht, die Seele fluͤchtet, bis der Sturm voruͤber braußt. Mag. Oelgoͤtz mein Gevatter, dem aͤu- ſern Beruf nach Diener am Wort, laͤuft unter dem Namen eines Naturforſchers ſei- ner Lieblingsneigung nach, lauret den Muͤ- cken und Heuſchrecken auf, kennt das Un- geziffer ſo gut wie ſeine Beichtkinder; haſcht Schmetterlinge, und wenn er in ſeine Sammlung nach den gladbachiſchen Tabel- len, ein Perlenhuͤhngen, Landkaͤrtgen oder Spatzendreck einrangiren kann, freut er ſich ſo herzlich druͤber, als der fleiſſige Ruſt uͤber einen anhaltiſchen Schriftſteller, den er einhaſcht. Vor dem Jahre beym Bran- de verlohr der gute Mann ſeine ſaͤmtliche fahrende Haabe, Hausgeraͤthe und Buͤ- cher, kuͤmmerte ſich wenig ums Zeitliche: — denn ſeine Jnſektenſammlung war gerettet. Gleich ſeiu naͤchſter Confrater iſt Bie- nenvater als einer im Lande. Dem ſtar- ben

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/28>, abgerufen am 21.11.2024.