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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

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empfing mich mit ungemeiner Redseligkeit,
die ich nach der Mahlzeit besser goutirt' als
vor derselben. Bald nach Tisch' frug die
Dame, ob wir Belieben trügen -- war
noch außer mir ein junger Officier zum Be-
such da, der wohl nicht Betens halber in
diesen Stiftsconvent gekommen war, -- der
physiognomischen Uebungsstund' beyzuwoh-
nen, die sie ihrer Gewohnheit nach täglich
um diese Zeit zu halten pflegten. Jch
horcht' hoch auf, als ich vernahm, daß die
Physiognomik im Erzgebürg' Wurzel ge-
schlagen, das macht' mir so viel Freud',
als der Anblick des ersten Ulmenbaums
beym Ammonstempel dem Heer des großen
Alexanders, als es die Libysche Sandwüste
glücklich durchwandert hatte. Der ganze
Zug ging in die sogenannte Bibliothek, die
außer einem Vorrath ascetischer Schriften,
worunter die Predigten für verheyrathete
Frauenzimmer die mehresten Merkzeichen

einer

empfing mich mit ungemeiner Redſeligkeit,
die ich nach der Mahlzeit beſſer goutirt’ als
vor derſelben. Bald nach Tiſch’ frug die
Dame, ob wir Belieben truͤgen — war
noch außer mir ein junger Officier zum Be-
ſuch da, der wohl nicht Betens halber in
dieſen Stiftsconvent gekommen war, — der
phyſiognomiſchen Uebungsſtund’ beyzuwoh-
nen, die ſie ihrer Gewohnheit nach taͤglich
um dieſe Zeit zu halten pflegten. Jch
horcht’ hoch auf, als ich vernahm, daß die
Phyſiognomik im Erzgebuͤrg’ Wurzel ge-
ſchlagen, das macht’ mir ſo viel Freud’,
als der Anblick des erſten Ulmenbaums
beym Ammonstempel dem Heer des großen
Alexanders, als es die Libyſche Sandwuͤſte
gluͤcklich durchwandert hatte. Der ganze
Zug ging in die ſogenannte Bibliothek, die
außer einem Vorrath aſcetiſcher Schriften,
worunter die Predigten fuͤr verheyrathete
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[160/0160] empfing mich mit ungemeiner Redſeligkeit, die ich nach der Mahlzeit beſſer goutirt’ als vor derſelben. Bald nach Tiſch’ frug die Dame, ob wir Belieben truͤgen — war noch außer mir ein junger Officier zum Be- ſuch da, der wohl nicht Betens halber in dieſen Stiftsconvent gekommen war, — der phyſiognomiſchen Uebungsſtund’ beyzuwoh- nen, die ſie ihrer Gewohnheit nach taͤglich um dieſe Zeit zu halten pflegten. Jch horcht’ hoch auf, als ich vernahm, daß die Phyſiognomik im Erzgebuͤrg’ Wurzel ge- ſchlagen, das macht’ mir ſo viel Freud’, als der Anblick des erſten Ulmenbaums beym Ammonstempel dem Heer des großen Alexanders, als es die Libyſche Sandwuͤſte gluͤcklich durchwandert hatte. Der ganze Zug ging in die ſogenannte Bibliothek, die außer einem Vorrath aſcetiſcher Schriften, worunter die Predigten fuͤr verheyrathete Frauenzimmer die mehreſten Merkzeichen einer

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/160>, abgerufen am 21.11.2024.