er Jbrahim oder Mustapha geheißen hat? Jch begnüge mich zu wissen, daß es ein Dey aus Algier ist, wie sich das aus dem Text urtheilen läßt, denn da steht deutlich: der sitzende Leopard sey ein wahres Bild ei- nes Dey aus Algier, auf dem Teppich sei- nes Throns und sein Minister an der Seite. Natürlich hat Herr Lavater diese gefundene Aehnlichkeit mit dem beygefügten Porträt belegen wollen, und in der That, hätte er es auf keine Weise überzeugender thun kön- nen. Wenn aber das auch nicht wäre, so stünds schlecht um die Physiognomik, wenn man nicht einen Fürsten, Arzt, Juden, Türken, Dey, Hospodar, Starosten u. s. w. aus der Physiognomie erkennen könnte.
Ja, sagt ich, so sollts wohl seyn; aber irren ist menschlich. Der Kopf hier in der Vignett' ist Clausnarr, nichts mehr und nichts weniger, und was Sie für ein Frag- ment seines Turbans halten, ist nichts an-
ders
er Jbrahim oder Muſtapha geheißen hat? Jch begnuͤge mich zu wiſſen, daß es ein Dey aus Algier iſt, wie ſich das aus dem Text urtheilen laͤßt, denn da ſteht deutlich: der ſitzende Leopard ſey ein wahres Bild ei- nes Dey aus Algier, auf dem Teppich ſei- nes Throns und ſein Miniſter an der Seite. Natuͤrlich hat Herr Lavater dieſe gefundene Aehnlichkeit mit dem beygefuͤgten Portraͤt belegen wollen, und in der That, haͤtte er es auf keine Weiſe uͤberzeugender thun koͤn- nen. Wenn aber das auch nicht waͤre, ſo ſtuͤnds ſchlecht um die Phyſiognomik, wenn man nicht einen Fuͤrſten, Arzt, Juden, Tuͤrken, Dey, Hoſpodar, Staroſten u. ſ. w. aus der Phyſiognomie erkennen koͤnnte.
Ja, ſagt ich, ſo ſollts wohl ſeyn; aber irren iſt menſchlich. Der Kopf hier in der Vignett’ iſt Clausnarr, nichts mehr und nichts weniger, und was Sie fuͤr ein Frag- ment ſeines Turbans halten, iſt nichts an-
ders
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er Jbrahim oder Muſtapha geheißen hat?
Jch begnuͤge mich zu wiſſen, daß es ein
Dey aus Algier iſt, wie ſich das aus dem
Text urtheilen laͤßt, denn da ſteht deutlich:
der ſitzende Leopard ſey ein wahres Bild ei-
nes Dey aus Algier, auf dem Teppich ſei-
nes Throns und ſein Miniſter an der Seite.
Natuͤrlich hat Herr Lavater dieſe gefundene
Aehnlichkeit mit dem beygefuͤgten Portraͤt
belegen wollen, und in der That, haͤtte er
es auf keine Weiſe uͤberzeugender thun koͤn-
nen. Wenn aber das auch nicht waͤre, ſo
ſtuͤnds ſchlecht um die Phyſiognomik, wenn
man nicht einen Fuͤrſten, Arzt, Juden,
Tuͤrken, Dey, Hoſpodar, Staroſten u. ſ. w.
aus der Phyſiognomie erkennen koͤnnte.
Ja, ſagt ich, ſo ſollts wohl ſeyn; aber
irren iſt menſchlich. Der Kopf hier in der
Vignett’ iſt Clausnarr, nichts mehr und
nichts weniger, und was Sie fuͤr ein Frag-
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/166>, abgerufen am 16.02.2025.
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