Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht auf Jhrem Gewissen haben. Wiewol
Jhre vorgeblichen Erfahrungen in der phy-
siognomischen Menschenkunde, sehr mit den
Grundsätzen und Meynungen eines dürfti-
gen Theoreyklaubers, des Verfassers näm-
lich, übereintreffen; der geht auch nur aufs
hassenswürdige am Menschen aus, wie Sie
auf die bößartigen Züg' des Herzens und
der Gesichtsform.

"Was kann ich dafür, daß die gutarti-
gen so äußerst rar sind, als die schönen Na-
sen, daß mir noch keine gutartige Physio-
gnomie vorgekommen ist."

Das ist viel gesagt, und im Vorbeygehn,
für mich auch kein Kompliment.

"Dahin wars auch nicht gemeynt. Die
Wahrheit zu sagen hab ich von Jhrem Ge-
sicht noch keine Notiz genommen: denn mei-
ne Methode verbietet mir, unter Ausnah-
me einiger Fälle, mit meinem Urtheil zu ei-

len;

nicht auf Jhrem Gewiſſen haben. Wiewol
Jhre vorgeblichen Erfahrungen in der phy-
ſiognomiſchen Menſchenkunde, ſehr mit den
Grundſaͤtzen und Meynungen eines duͤrfti-
gen Theoreyklaubers, des Verfaſſers naͤm-
lich, uͤbereintreffen; der geht auch nur aufs
haſſenswuͤrdige am Menſchen aus, wie Sie
auf die boͤßartigen Zuͤg’ des Herzens und
der Geſichtsform.

„Was kann ich dafuͤr, daß die gutarti-
gen ſo aͤußerſt rar ſind, als die ſchoͤnen Na-
ſen, daß mir noch keine gutartige Phyſio-
gnomie vorgekommen iſt.„

Das iſt viel geſagt, und im Vorbeygehn,
fuͤr mich auch kein Kompliment.

„Dahin wars auch nicht gemeynt. Die
Wahrheit zu ſagen hab ich von Jhrem Ge-
ſicht noch keine Notiz genommen: denn mei-
ne Methode verbietet mir, unter Ausnah-
me einiger Faͤlle, mit meinem Urtheil zu ei-

len;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0224" n="224"/>
nicht auf Jhrem Gewi&#x017F;&#x017F;en haben. Wiewol<lb/>
Jhre vorgeblichen Erfahrungen in der phy-<lb/>
&#x017F;iognomi&#x017F;chen Men&#x017F;chenkunde, &#x017F;ehr mit den<lb/>
Grund&#x017F;a&#x0364;tzen und Meynungen eines du&#x0364;rfti-<lb/>
gen Theoreyklaubers, des Verfa&#x017F;&#x017F;ers na&#x0364;m-<lb/>
lich, u&#x0364;bereintreffen; der geht auch nur aufs<lb/>
ha&#x017F;&#x017F;enswu&#x0364;rdige am Men&#x017F;chen aus, wie Sie<lb/>
auf die bo&#x0364;ßartigen Zu&#x0364;g&#x2019; des Herzens und<lb/>
der Ge&#x017F;ichtsform.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was kann ich dafu&#x0364;r, daß die gutarti-<lb/>
gen &#x017F;o a&#x0364;ußer&#x017F;t rar &#x017F;ind, als die &#x017F;cho&#x0364;nen Na-<lb/>
&#x017F;en, daß mir noch keine gutartige Phy&#x017F;io-<lb/>
gnomie vorgekommen i&#x017F;t.&#x201E;</p><lb/>
        <p>Das i&#x017F;t viel ge&#x017F;agt, und im Vorbeygehn,<lb/>
fu&#x0364;r mich auch kein Kompliment.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Dahin wars auch nicht gemeynt. Die<lb/>
Wahrheit zu &#x017F;agen hab ich von Jhrem Ge-<lb/>
&#x017F;icht noch keine Notiz genommen: denn mei-<lb/>
ne Methode verbietet mir, unter Ausnah-<lb/>
me einiger Fa&#x0364;lle, mit meinem Urtheil zu ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">len;</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0224] nicht auf Jhrem Gewiſſen haben. Wiewol Jhre vorgeblichen Erfahrungen in der phy- ſiognomiſchen Menſchenkunde, ſehr mit den Grundſaͤtzen und Meynungen eines duͤrfti- gen Theoreyklaubers, des Verfaſſers naͤm- lich, uͤbereintreffen; der geht auch nur aufs haſſenswuͤrdige am Menſchen aus, wie Sie auf die boͤßartigen Zuͤg’ des Herzens und der Geſichtsform. „Was kann ich dafuͤr, daß die gutarti- gen ſo aͤußerſt rar ſind, als die ſchoͤnen Na- ſen, daß mir noch keine gutartige Phyſio- gnomie vorgekommen iſt.„ Das iſt viel geſagt, und im Vorbeygehn, fuͤr mich auch kein Kompliment. „Dahin wars auch nicht gemeynt. Die Wahrheit zu ſagen hab ich von Jhrem Ge- ſicht noch keine Notiz genommen: denn mei- ne Methode verbietet mir, unter Ausnah- me einiger Faͤlle, mit meinem Urtheil zu ei- len;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/224
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/224>, abgerufen am 21.05.2024.