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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

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dadurch kämen denn diese Ding' endlich
selbst in Aufnahme, weil jeder dächt, wun-
der was dahinter verborgen sey. Daß
hiernächst sein Freund Tellow mit Zurecht-
weisen sich gegen ihn so breit mach', be-
weise gar nicht, daß dieser ein größerer
Schlaukopf sey als er selbst; denn das
edirte Fragment sprech' ihm den Kopf rund
ab, sondern beweise nur, daß er zu den
Füßen Gamaliels gesessen, der ihm seine
Logogryphen mit dem Kapitalschlüssel auf-
geschlossen hab'. So zog der Leipziger gar
säuberlich den Kopf aus der Schling'. Auf
diese Red' fand ich nichts einzuwenden;
denn weil ich sah, daß er kein Sohn der
Kunst sey, und ich nicht bey ihm fand, was
ich suchte, nocht' ich ihm nicht Widerpart
halten, sondern schied in allem Guten von ihm.

Die übrigen Schöndenker und Dichter,
deren Name wohl heißen möcht' Legio, da-
von ich beyläufig ein Dutzend oder ein Man-

del
C 4

dadurch kaͤmen denn dieſe Ding’ endlich
ſelbſt in Aufnahme, weil jeder daͤcht, wun-
der was dahinter verborgen ſey. Daß
hiernaͤchſt ſein Freund Tellow mit Zurecht-
weiſen ſich gegen ihn ſo breit mach’, be-
weiſe gar nicht, daß dieſer ein groͤßerer
Schlaukopf ſey als er ſelbſt; denn das
edirte Fragment ſprech’ ihm den Kopf rund
ab, ſondern beweiſe nur, daß er zu den
Fuͤßen Gamaliels geſeſſen, der ihm ſeine
Logogryphen mit dem Kapitalſchluͤſſel auf-
geſchloſſen hab’. So zog der Leipziger gar
ſaͤuberlich den Kopf aus der Schling’. Auf
dieſe Red’ fand ich nichts einzuwenden;
denn weil ich ſah, daß er kein Sohn der
Kunſt ſey, und ich nicht bey ihm fand, was
ich ſuchte, nocht’ ich ihm nicht Widerpart
halten, ſondern ſchied in allem Guten von ihm.

Die uͤbrigen Schoͤndenker und Dichter,
deren Name wohl heißen moͤcht’ Legio, da-
von ich beylaͤufig ein Dutzend oder ein Man-

del
C 4
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[39/0039] dadurch kaͤmen denn dieſe Ding’ endlich ſelbſt in Aufnahme, weil jeder daͤcht, wun- der was dahinter verborgen ſey. Daß hiernaͤchſt ſein Freund Tellow mit Zurecht- weiſen ſich gegen ihn ſo breit mach’, be- weiſe gar nicht, daß dieſer ein groͤßerer Schlaukopf ſey als er ſelbſt; denn das edirte Fragment ſprech’ ihm den Kopf rund ab, ſondern beweiſe nur, daß er zu den Fuͤßen Gamaliels geſeſſen, der ihm ſeine Logogryphen mit dem Kapitalſchluͤſſel auf- geſchloſſen hab’. So zog der Leipziger gar ſaͤuberlich den Kopf aus der Schling’. Auf dieſe Red’ fand ich nichts einzuwenden; denn weil ich ſah, daß er kein Sohn der Kunſt ſey, und ich nicht bey ihm fand, was ich ſuchte, nocht’ ich ihm nicht Widerpart halten, ſondern ſchied in allem Guten von ihm. Die uͤbrigen Schoͤndenker und Dichter, deren Name wohl heißen moͤcht’ Legio, da- von ich beylaͤufig ein Dutzend oder ein Man- del C 4

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/39>, abgerufen am 30.04.2024.