Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

solchen Pfefferkorn! Wenns gleich für kräf-
tig magenstärkendes Gewürz verhandelt
wird, und unserm verwöhnten Geschmack
darnach lüstet, der an Till und Kümmel
von den Wiesen sich nicht begnügen will, so
brennt und beizt es doch hernach gemeinig-
lich den Gaumen wund, wie's Jhnen er-
gangen ist. Eine gelehrte Frau, oder eine,
die strebt ein schöner Geist zu seyn, ist ein
eitel Geschöpf. Eitelkeit aber, die geschmei-
chelt wird, erregt Schwindel im Kopf; und
wer da nicht behend ist, an die Handhabe
der Tugend zu fassen, liegt zu Boden eh er
sichs versieht. Drum vermein' ich, sollt'
das salische Gesez, das den Spinnrocken
ausschließt, mit Ausnahme weniger Fälle,
im Reich der Litteratur so gut gelten, als in
Frankreich. Uebrigens paßt Jhre Schilde-
rung nicht allerdings auf den Charakter der
Sophie, so wenig als die beyden Exempla-
re der Abschattungen, nach dem Urtheil

meines

ſolchen Pfefferkorn! Wenns gleich fuͤr kraͤf-
tig magenſtaͤrkendes Gewuͤrz verhandelt
wird, und unſerm verwoͤhnten Geſchmack
darnach luͤſtet, der an Till und Kuͤmmel
von den Wieſen ſich nicht begnuͤgen will, ſo
brennt und beizt es doch hernach gemeinig-
lich den Gaumen wund, wie’s Jhnen er-
gangen iſt. Eine gelehrte Frau, oder eine,
die ſtrebt ein ſchoͤner Geiſt zu ſeyn, iſt ein
eitel Geſchoͤpf. Eitelkeit aber, die geſchmei-
chelt wird, erregt Schwindel im Kopf; und
wer da nicht behend iſt, an die Handhabe
der Tugend zu faſſen, liegt zu Boden eh er
ſichs verſieht. Drum vermein’ ich, ſollt’
das ſaliſche Geſez, das den Spinnrocken
ausſchließt, mit Ausnahme weniger Faͤlle,
im Reich der Litteratur ſo gut gelten, als in
Frankreich. Uebrigens paßt Jhre Schilde-
rung nicht allerdings auf den Charakter der
Sophie, ſo wenig als die beyden Exempla-
re der Abſchattungen, nach dem Urtheil

meines
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0066" n="66"/>
&#x017F;olchen Pfefferkorn! Wenns gleich fu&#x0364;r kra&#x0364;f-<lb/>
tig magen&#x017F;ta&#x0364;rkendes Gewu&#x0364;rz verhandelt<lb/>
wird, und un&#x017F;erm verwo&#x0364;hnten Ge&#x017F;chmack<lb/>
darnach lu&#x0364;&#x017F;tet, der an Till und Ku&#x0364;mmel<lb/>
von den Wie&#x017F;en &#x017F;ich nicht begnu&#x0364;gen will, &#x017F;o<lb/>
brennt und beizt es doch hernach gemeinig-<lb/>
lich den Gaumen wund, wie&#x2019;s Jhnen er-<lb/>
gangen i&#x017F;t. Eine gelehrte Frau, oder eine,<lb/>
die &#x017F;trebt ein &#x017F;cho&#x0364;ner Gei&#x017F;t zu &#x017F;eyn, i&#x017F;t ein<lb/>
eitel Ge&#x017F;cho&#x0364;pf. Eitelkeit aber, die ge&#x017F;chmei-<lb/>
chelt wird, erregt Schwindel im Kopf; und<lb/>
wer da nicht behend i&#x017F;t, an die Handhabe<lb/>
der Tugend zu fa&#x017F;&#x017F;en, liegt zu Boden eh er<lb/>
&#x017F;ichs ver&#x017F;ieht. Drum vermein&#x2019; ich, &#x017F;ollt&#x2019;<lb/>
das &#x017F;ali&#x017F;che Ge&#x017F;ez, das den Spinnrocken<lb/>
aus&#x017F;chließt, mit Ausnahme weniger Fa&#x0364;lle,<lb/>
im Reich der Litteratur &#x017F;o gut gelten, als in<lb/>
Frankreich. Uebrigens paßt Jhre Schilde-<lb/>
rung nicht allerdings auf den Charakter der<lb/>
Sophie, &#x017F;o wenig als die beyden Exempla-<lb/>
re der Ab&#x017F;chattungen, nach dem Urtheil<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">meines</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0066] ſolchen Pfefferkorn! Wenns gleich fuͤr kraͤf- tig magenſtaͤrkendes Gewuͤrz verhandelt wird, und unſerm verwoͤhnten Geſchmack darnach luͤſtet, der an Till und Kuͤmmel von den Wieſen ſich nicht begnuͤgen will, ſo brennt und beizt es doch hernach gemeinig- lich den Gaumen wund, wie’s Jhnen er- gangen iſt. Eine gelehrte Frau, oder eine, die ſtrebt ein ſchoͤner Geiſt zu ſeyn, iſt ein eitel Geſchoͤpf. Eitelkeit aber, die geſchmei- chelt wird, erregt Schwindel im Kopf; und wer da nicht behend iſt, an die Handhabe der Tugend zu faſſen, liegt zu Boden eh er ſichs verſieht. Drum vermein’ ich, ſollt’ das ſaliſche Geſez, das den Spinnrocken ausſchließt, mit Ausnahme weniger Faͤlle, im Reich der Litteratur ſo gut gelten, als in Frankreich. Uebrigens paßt Jhre Schilde- rung nicht allerdings auf den Charakter der Sophie, ſo wenig als die beyden Exempla- re der Abſchattungen, nach dem Urtheil meines

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/66
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/66>, abgerufen am 18.05.2024.