andern, welche ihm die großen Herren zum Andenken zu verehren pflegten, unter sei- nem schwarzen Chorrock verstohlner Weise aus dem Haus transportirte, zum Trödler oder Goldschmidt schlich und sie versilberte, damit seine erbetenen Gäste nicht mit leeren Mägen durften nach Haus gehen. Der große Colbert verstand das Ding anders, der war immer bey Gelde, und wenn sein Herr die ganze werthe Christenheit hätte ga- stiren wollen, so würd' er die Spesen dazu ohne Murren und groß Expostuliren herbey geschaft haben, dabey wußt' er dem Gene- ralkonkurs, der dem großen Ludwig nicht minder auf dem Fuß nachging, als dem frommen Melanchton, vermöge seines er- findsamen Kopfs so geschickt vorzubeugen, daß solcher ihn nie einholen konnt? Wenn Er bedenkt, was Colbert für ein gefälliger Diener seines Herrn war, und wie sehr Johannes Koch nebst Deszeudenz dagegen
ab-
andern, welche ihm die großen Herren zum Andenken zu verehren pflegten, unter ſei- nem ſchwarzen Chorrock verſtohlner Weiſe aus dem Haus tranſportirte, zum Troͤdler oder Goldſchmidt ſchlich und ſie verſilberte, damit ſeine erbetenen Gaͤſte nicht mit leeren Maͤgen durften nach Haus gehen. Der große Colbert verſtand das Ding anders, der war immer bey Gelde, und wenn ſein Herr die ganze werthe Chriſtenheit haͤtte ga- ſtiren wollen, ſo wuͤrd’ er die Speſen dazu ohne Murren und groß Expoſtuliren herbey geſchaft haben, dabey wußt’ er dem Gene- ralkonkurs, der dem großen Ludwig nicht minder auf dem Fuß nachging, als dem frommen Melanchton, vermoͤge ſeines er- findſamen Kopfs ſo geſchickt vorzubeugen, daß ſolcher ihn nie einholen konnt? Wenn Er bedenkt, was Colbert fuͤr ein gefaͤlliger Diener ſeines Herrn war, und wie ſehr Johannes Koch nebſt Deszeudenz dagegen
ab-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0114"n="106"/>
andern, welche ihm die großen Herren zum<lb/>
Andenken zu verehren pflegten, unter ſei-<lb/>
nem ſchwarzen Chorrock verſtohlner Weiſe<lb/>
aus dem Haus tranſportirte, zum Troͤdler<lb/>
oder Goldſchmidt ſchlich und ſie verſilberte,<lb/>
damit ſeine erbetenen Gaͤſte nicht mit leeren<lb/>
Maͤgen durften nach Haus gehen. Der<lb/>
große Colbert verſtand das Ding anders,<lb/>
der war immer bey Gelde, und wenn ſein<lb/>
Herr die ganze werthe Chriſtenheit haͤtte ga-<lb/>ſtiren wollen, ſo wuͤrd’ er die Speſen dazu<lb/>
ohne Murren und groß Expoſtuliren herbey<lb/>
geſchaft haben, dabey wußt’ er dem Gene-<lb/>
ralkonkurs, der dem großen Ludwig nicht<lb/>
minder auf dem Fuß nachging, als dem<lb/>
frommen Melanchton, vermoͤge ſeines er-<lb/>
findſamen Kopfs ſo geſchickt vorzubeugen,<lb/>
daß ſolcher ihn nie einholen konnt? Wenn<lb/>
Er bedenkt, was Colbert fuͤr ein gefaͤlliger<lb/>
Diener ſeines Herrn war, und wie ſehr<lb/>
Johannes Koch nebſt Deszeudenz dagegen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ab-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[106/0114]
andern, welche ihm die großen Herren zum
Andenken zu verehren pflegten, unter ſei-
nem ſchwarzen Chorrock verſtohlner Weiſe
aus dem Haus tranſportirte, zum Troͤdler
oder Goldſchmidt ſchlich und ſie verſilberte,
damit ſeine erbetenen Gaͤſte nicht mit leeren
Maͤgen durften nach Haus gehen. Der
große Colbert verſtand das Ding anders,
der war immer bey Gelde, und wenn ſein
Herr die ganze werthe Chriſtenheit haͤtte ga-
ſtiren wollen, ſo wuͤrd’ er die Speſen dazu
ohne Murren und groß Expoſtuliren herbey
geſchaft haben, dabey wußt’ er dem Gene-
ralkonkurs, der dem großen Ludwig nicht
minder auf dem Fuß nachging, als dem
frommen Melanchton, vermoͤge ſeines er-
findſamen Kopfs ſo geſchickt vorzubeugen,
daß ſolcher ihn nie einholen konnt? Wenn
Er bedenkt, was Colbert fuͤr ein gefaͤlliger
Diener ſeines Herrn war, und wie ſehr
Johannes Koch nebſt Deszeudenz dagegen
ab-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/114>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.