men. Was für Unterhandlungen im Ka- binet mögen seyn gepflogen worden, kan ich nicht sagen, weil ich da nicht Sitz und Stimm' inn hatte, wie in dem Burgholz- heimer Halsgericht, und hier nur ins Pu- blikum des Gesellschaftszimmers gehörte. Oeffentlich ergab sich so viel, daß die Er- wartung aller Kompetenten auf gleiche Art gespannt war, und ieder sich mit der Hoff- nung schmeichelte, der Treffer werd' auf sein Looß fallen. Die Batterien waren von allen Seiten angelegt die Felsenburg zu er- obern, und die Braut heimzuführen; mit- unter ließ sich ein halblauter, halbzurück- gepreßter Seufzer hören, wie der dumpfe Schall einer in der Fern abgefeuerten Ka- none. Auf den Nachmittag hielt ich das Minnespiel nicht länger aus, stahl mich un- vermerkt aus der Gesellschaft in die Biblio- thek, nahm die Fragmente zur Hand, um die erschlaffte Federkraft meiner Seel wieder
zu
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men. Was fuͤr Unterhandlungen im Ka- binet moͤgen ſeyn gepflogen worden, kan ich nicht ſagen, weil ich da nicht Sitz und Stimm’ inn hatte, wie in dem Burgholz- heimer Halsgericht, und hier nur ins Pu- blikum des Geſellſchaftszimmers gehoͤrte. Oeffentlich ergab ſich ſo viel, daß die Er- wartung aller Kompetenten auf gleiche Art geſpannt war, und ieder ſich mit der Hoff- nung ſchmeichelte, der Treffer werd’ auf ſein Looß fallen. Die Batterien waren von allen Seiten angelegt die Felſenburg zu er- obern, und die Braut heimzufuͤhren; mit- unter ließ ſich ein halblauter, halbzuruͤck- gepreßter Seufzer hoͤren, wie der dumpfe Schall einer in der Fern abgefeuerten Ka- none. Auf den Nachmittag hielt ich das Minneſpiel nicht laͤnger aus, ſtahl mich un- vermerkt aus der Geſellſchaft in die Biblio- thek, nahm die Fragmente zur Hand, um die erſchlaffte Federkraft meiner Seel wieder
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[195/0203]
men. Was fuͤr Unterhandlungen im Ka-
binet moͤgen ſeyn gepflogen worden, kan
ich nicht ſagen, weil ich da nicht Sitz und
Stimm’ inn hatte, wie in dem Burgholz-
heimer Halsgericht, und hier nur ins Pu-
blikum des Geſellſchaftszimmers gehoͤrte.
Oeffentlich ergab ſich ſo viel, daß die Er-
wartung aller Kompetenten auf gleiche Art
geſpannt war, und ieder ſich mit der Hoff-
nung ſchmeichelte, der Treffer werd’ auf
ſein Looß fallen. Die Batterien waren von
allen Seiten angelegt die Felſenburg zu er-
obern, und die Braut heimzufuͤhren; mit-
unter ließ ſich ein halblauter, halbzuruͤck-
gepreßter Seufzer hoͤren, wie der dumpfe
Schall einer in der Fern abgefeuerten Ka-
none. Auf den Nachmittag hielt ich das
Minneſpiel nicht laͤnger aus, ſtahl mich un-
vermerkt aus der Geſellſchaft in die Biblio-
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/203>, abgerufen am 22.12.2024.
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