beschloß Nachtlager zu halten. Jch frug nach dem Wirthshauß, vernahm das keins vorhanden sey. Philipp begehrt einen Trunk Bier, erhielt zur Antwort: hier werde keins gebraut, alles was das Dorf vermöge, sey klares reines Brunnwasser und Kartoffel- brodt, und deunoch, sprach ich zu einer Dirne, die mit ihrem Dorfgalan am Brun- nen schäckerte, seh ich, daß hier das Ver- gnügen hausset. Jch physiognomisirte alle Bauerhöfe durch, um mir den reputirlich- sten darunter zum Nachtquartier auszusuchen; eh ich aber eine Wahl traf ging ein Mann vor mir vorüber, von dem mir, vermöge der gleich einleuchtenden Proportion seiner Gesichtsform ahndete, daß er unter hun- dert gemeinen Menschen im Dorf ein nicht gemeiner sey. Jch fand etwas anziehen- des an dem Manne, das mich ihm ganz hin- gab. Guter Mann, redet' ich ihn an, das Sprüchwort sagt: wer suchet der findet.
Jch
beſchloß Nachtlager zu halten. Jch frug nach dem Wirthshauß, vernahm das keins vorhanden ſey. Philipp begehrt einen Trunk Bier, erhielt zur Antwort: hier werde keins gebraut, alles was das Dorf vermoͤge, ſey klares reines Brunnwaſſer und Kartoffel- brodt, und deunoch, ſprach ich zu einer Dirne, die mit ihrem Dorfgalan am Brun- nen ſchaͤckerte, ſeh ich, daß hier das Ver- gnuͤgen hauſſet. Jch phyſiognomiſirte alle Bauerhoͤfe durch, um mir den reputirlich- ſten darunter zum Nachtquartier auszuſuchen; eh ich aber eine Wahl traf ging ein Mann vor mir voruͤber, von dem mir, vermoͤge der gleich einleuchtenden Proportion ſeiner Geſichtsform ahndete, daß er unter hun- dert gemeinen Menſchen im Dorf ein nicht gemeiner ſey. Jch fand etwas anziehen- des an dem Manne, das mich ihm ganz hin- gab. Guter Mann, redet’ ich ihn an, das Spruͤchwort ſagt: wer ſuchet der findet.
Jch
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beſchloß Nachtlager zu halten. Jch frug
nach dem Wirthshauß, vernahm das keins
vorhanden ſey. Philipp begehrt einen Trunk
Bier, erhielt zur Antwort: hier werde keins
gebraut, alles was das Dorf vermoͤge, ſey
klares reines Brunnwaſſer und Kartoffel-
brodt, und deunoch, ſprach ich zu einer
Dirne, die mit ihrem Dorfgalan am Brun-
nen ſchaͤckerte, ſeh ich, daß hier das Ver-
gnuͤgen hauſſet. Jch phyſiognomiſirte alle
Bauerhoͤfe durch, um mir den reputirlich-
ſten darunter zum Nachtquartier auszuſuchen;
eh ich aber eine Wahl traf ging ein Mann
vor mir voruͤber, von dem mir, vermoͤge
der gleich einleuchtenden Proportion ſeiner
Geſichtsform ahndete, daß er unter hun-
dert gemeinen Menſchen im Dorf ein nicht
gemeiner ſey. Jch fand etwas anziehen-
des an dem Manne, das mich ihm ganz hin-
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/278>, abgerufen am 22.12.2024.
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