ste Organisation. Seine Physiognomie war hinreissend, die obere Gränzlinie der Stirn, die Augenbraunen, die Basis der Nase, der Mund, waren so gleichlaufend, so beym ersten Anblick parallel und hori- zontal. Welch ein herrlicher reiner Raum, sagt' ich in der Stille, zwischen den kräfti- gen Augenbraunen, der sich über den Rü- cken der Nase, wie eine Königsstraße vom weitoffenen Freyplatz am Thor fortergießt! All das Gute, was ich dem Mann aus dem Gesicht laß, bekräftigten zu meinem Vergnügen seine Wort' und Reden. So offen wie seine Stirn war auch sein Herz, so viel Menschen-Verstand! so viel deut- schen Bidersinn, so viel Richtigkeit im Den- ken und Empfinden, hätt ich in einem Walddorfe, das an einheimischen Produk- ten nichts als Kartoffelbrodt halb mit Kley- en vermischt, und klares Wasser liefert, und unter dem durchlöcherten Strohdach einer
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ſte Organiſation. Seine Phyſiognomie war hinreiſſend, die obere Graͤnzlinie der Stirn, die Augenbraunen, die Baſis der Naſe, der Mund, waren ſo gleichlaufend, ſo beym erſten Anblick parallel und hori- zontal. Welch ein herrlicher reiner Raum, ſagt’ ich in der Stille, zwiſchen den kraͤfti- gen Augenbraunen, der ſich uͤber den Ruͤ- cken der Naſe, wie eine Koͤnigsſtraße vom weitoffenen Freyplatz am Thor fortergießt! All das Gute, was ich dem Mann aus dem Geſicht laß, bekraͤftigten zu meinem Vergnuͤgen ſeine Wort’ und Reden. So offen wie ſeine Stirn war auch ſein Herz, ſo viel Menſchen-Verſtand! ſo viel deut- ſchen Biderſinn, ſo viel Richtigkeit im Den- ken und Empfinden, haͤtt ich in einem Walddorfe, das an einheimiſchen Produk- ten nichts als Kartoffelbrodt halb mit Kley- en vermiſcht, und klares Waſſer liefert, und unter dem durchloͤcherten Strohdach einer
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ſte Organiſation. Seine Phyſiognomie
war hinreiſſend, die obere Graͤnzlinie der
Stirn, die Augenbraunen, die Baſis der
Naſe, der Mund, waren ſo gleichlaufend,
ſo beym erſten Anblick parallel und hori-
zontal. Welch ein herrlicher reiner Raum,
ſagt’ ich in der Stille, zwiſchen den kraͤfti-
gen Augenbraunen, der ſich uͤber den Ruͤ-
cken der Naſe, wie eine Koͤnigsſtraße vom
weitoffenen Freyplatz am Thor fortergießt!
All das Gute, was ich dem Mann aus
dem Geſicht laß, bekraͤftigten zu meinem
Vergnuͤgen ſeine Wort’ und Reden. So
offen wie ſeine Stirn war auch ſein Herz,
ſo viel Menſchen-Verſtand! ſo viel deut-
ſchen Biderſinn, ſo viel Richtigkeit im Den-
ken und Empfinden, haͤtt ich in einem
Walddorfe, das an einheimiſchen Produk-
ten nichts als Kartoffelbrodt halb mit Kley-
en vermiſcht, und klares Waſſer liefert,
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/284>, abgerufen am 22.12.2024.
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