ner Kupferhütte; aber ich betrog mich: in meinem Kopf sahs so leer und ledig aus, wie in meinem Mantelsack, und mit dem Magen würds die nämliche Beschaffenheit gehabt haben, wenn Philipp nicht als ein guter Wirth zum Glück die drey Pfennige in seiner Tasche gehabt hätte, worauf un- sere Vorfahren sich so viel zu gute thaten, und die der Luxus der Enkel so sorgloß verschwendet. Der ordentliche Zehrpfen- nig reichte freilich nicht weit; aber der Spar- und der Nothpfennig waren desto nachhaltiger, und ließen uns unterwegens nicht darben. Am dritten Morgen, als Philipp vaterländische Luft witterte, konnt ich ihn nicht zurück halten, einen Vorsprung zu nehmen, und meine Ankunft zu Hanß zu melden. Die Einsamkeit fachte mei- nen Contemplationsgeist auf einmal wie- der an. Jch war nahe dabey, der edlen Physiognomik den Scheidebrief zu schreiben.
Unter
T 4
ner Kupferhuͤtte; aber ich betrog mich: in meinem Kopf ſahs ſo leer und ledig aus, wie in meinem Mantelſack, und mit dem Magen wuͤrds die naͤmliche Beſchaffenheit gehabt haben, wenn Philipp nicht als ein guter Wirth zum Gluͤck die drey Pfennige in ſeiner Taſche gehabt haͤtte, worauf un- ſere Vorfahren ſich ſo viel zu gute thaten, und die der Luxus der Enkel ſo ſorgloß verſchwendet. Der ordentliche Zehrpfen- nig reichte freilich nicht weit; aber der Spar- und der Nothpfennig waren deſto nachhaltiger, und ließen uns unterwegens nicht darben. Am dritten Morgen, als Philipp vaterlaͤndiſche Luft witterte, konnt ich ihn nicht zuruͤck halten, einen Vorſprung zu nehmen, und meine Ankunft zu Hanß zu melden. Die Einſamkeit fachte mei- nen Contemplationsgeiſt auf einmal wie- der an. Jch war nahe dabey, der edlen Phyſiognomik den Scheidebrief zu ſchreiben.
Unter
T 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0303"n="295"/>
ner Kupferhuͤtte; aber ich betrog mich: in<lb/>
meinem Kopf ſahs ſo leer und ledig aus,<lb/>
wie in meinem Mantelſack, und mit dem<lb/>
Magen wuͤrds die naͤmliche Beſchaffenheit<lb/>
gehabt haben, wenn Philipp nicht als ein<lb/>
guter Wirth zum Gluͤck die drey Pfennige<lb/>
in ſeiner Taſche gehabt haͤtte, worauf un-<lb/>ſere Vorfahren ſich ſo viel zu gute thaten,<lb/>
und die der Luxus der Enkel ſo ſorgloß<lb/>
verſchwendet. Der ordentliche Zehrpfen-<lb/>
nig reichte freilich nicht weit; aber der<lb/>
Spar- und der Nothpfennig waren deſto<lb/>
nachhaltiger, und ließen uns unterwegens<lb/>
nicht darben. Am dritten Morgen, als<lb/>
Philipp vaterlaͤndiſche Luft witterte, konnt<lb/>
ich ihn nicht zuruͤck halten, einen Vorſprung<lb/>
zu nehmen, und meine Ankunft zu Hanß<lb/>
zu melden. Die Einſamkeit fachte mei-<lb/>
nen Contemplationsgeiſt auf einmal wie-<lb/>
der an. Jch war nahe dabey, der edlen<lb/>
Phyſiognomik den Scheidebrief zu ſchreiben.<lb/><fwplace="bottom"type="sig">T 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Unter</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[295/0303]
ner Kupferhuͤtte; aber ich betrog mich: in
meinem Kopf ſahs ſo leer und ledig aus,
wie in meinem Mantelſack, und mit dem
Magen wuͤrds die naͤmliche Beſchaffenheit
gehabt haben, wenn Philipp nicht als ein
guter Wirth zum Gluͤck die drey Pfennige
in ſeiner Taſche gehabt haͤtte, worauf un-
ſere Vorfahren ſich ſo viel zu gute thaten,
und die der Luxus der Enkel ſo ſorgloß
verſchwendet. Der ordentliche Zehrpfen-
nig reichte freilich nicht weit; aber der
Spar- und der Nothpfennig waren deſto
nachhaltiger, und ließen uns unterwegens
nicht darben. Am dritten Morgen, als
Philipp vaterlaͤndiſche Luft witterte, konnt
ich ihn nicht zuruͤck halten, einen Vorſprung
zu nehmen, und meine Ankunft zu Hanß
zu melden. Die Einſamkeit fachte mei-
nen Contemplationsgeiſt auf einmal wie-
der an. Jch war nahe dabey, der edlen
Phyſiognomik den Scheidebrief zu ſchreiben.
Unter
T 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/303>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.