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Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.

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ihm machen. Sie that es so gern, und doch hatte
sie Scheu zu gehen, denn ihr Weg führte durch die
Werkstatt. Während dem sie eine warme Suppe
kochte, schaute sie wohl zehnmal auf die Straße, ob
sie nicht Jemand vom Nachbarhause sähe; und wirklich
es glückte, die alte Magd kam daher und Gretchen
konnte ihre Erkundigungen einziehen.

Benjamin sei wirklich krank, berichtete die mür¬
rische Magd, er verlange aber gar nichts, er wolle
die Sache ausschwitzen. Das hielt Gretchen nicht ab,
sich zu rüsten. Das Näpfchen mit der warmen Suppe
unter dem Mantel ging sie hinüber zu dem alten
Freunde. Die Sonne schien so hell in die Werkstatt,
die Blumen von den Fenstern waren etwas abgethaut,
Fritz in weißen Hemdsärmeln und schwarzer Tuchweste
stand mit Gesellen und Lehrburschen rüstig bei der
Arbeit. Als die Thür sich öffnete und Gretchen mit
dem frischen Gesicht und der schwarzen Sammetmütze
hineinschaute, erschrak er fast, aber er trat ihr entge¬
gen und reichte ihr freundlich die Hand.

Ich will zum kranken Benjamin, sagte Gretchen
etwas scheu.

Zum kranken Benjamin? wiederholte Fritz und
seufzte: ja er ist krank, und es ist recht schlecht von
mir, ich habe ihn ganz vergessen. Soll ich das Näpf¬
chen tragen? setzte er mit weicher Stimme hinzu.

Gretchen ließ es sich gefallen und folgte ihm nun
die Treppe hinan. Aus der warmen Werkstatt traten
sie in eine eiskalte Stube; Benjamin steckte tief in den
Federn, der Staarmatz stand auf dem Tisch vor dem

ihm machen. Sie that es ſo gern, und doch hatte
ſie Scheu zu gehen, denn ihr Weg führte durch die
Werkſtatt. Während dem ſie eine warme Suppe
kochte, ſchaute ſie wohl zehnmal auf die Straße, ob
ſie nicht Jemand vom Nachbarhauſe ſähe; und wirklich
es glückte, die alte Magd kam daher und Gretchen
konnte ihre Erkundigungen einziehen.

Benjamin ſei wirklich krank, berichtete die mür¬
riſche Magd, er verlange aber gar nichts, er wolle
die Sache ausſchwitzen. Das hielt Gretchen nicht ab,
ſich zu rüſten. Das Näpfchen mit der warmen Suppe
unter dem Mantel ging ſie hinüber zu dem alten
Freunde. Die Sonne ſchien ſo hell in die Werkſtatt,
die Blumen von den Fenſtern waren etwas abgethaut,
Fritz in weißen Hemdsärmeln und ſchwarzer Tuchweſte
ſtand mit Geſellen und Lehrburſchen rüſtig bei der
Arbeit. Als die Thür ſich öffnete und Gretchen mit
dem friſchen Geſicht und der ſchwarzen Sammetmütze
hineinſchaute, erſchrak er faſt, aber er trat ihr entge¬
gen und reichte ihr freundlich die Hand.

Ich will zum kranken Benjamin, ſagte Gretchen
etwas ſcheu.

Zum kranken Benjamin? wiederholte Fritz und
ſeufzte: ja er iſt krank, und es iſt recht ſchlecht von
mir, ich habe ihn ganz vergeſſen. Soll ich das Näpf¬
chen tragen? ſetzte er mit weicher Stimme hinzu.

Gretchen ließ es ſich gefallen und folgte ihm nun
die Treppe hinan. Aus der warmen Werkſtatt traten
ſie in eine eiskalte Stube; Benjamin ſteckte tief in den
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[59/0065] ihm machen. Sie that es ſo gern, und doch hatte ſie Scheu zu gehen, denn ihr Weg führte durch die Werkſtatt. Während dem ſie eine warme Suppe kochte, ſchaute ſie wohl zehnmal auf die Straße, ob ſie nicht Jemand vom Nachbarhauſe ſähe; und wirklich es glückte, die alte Magd kam daher und Gretchen konnte ihre Erkundigungen einziehen. Benjamin ſei wirklich krank, berichtete die mür¬ riſche Magd, er verlange aber gar nichts, er wolle die Sache ausſchwitzen. Das hielt Gretchen nicht ab, ſich zu rüſten. Das Näpfchen mit der warmen Suppe unter dem Mantel ging ſie hinüber zu dem alten Freunde. Die Sonne ſchien ſo hell in die Werkſtatt, die Blumen von den Fenſtern waren etwas abgethaut, Fritz in weißen Hemdsärmeln und ſchwarzer Tuchweſte ſtand mit Geſellen und Lehrburſchen rüſtig bei der Arbeit. Als die Thür ſich öffnete und Gretchen mit dem friſchen Geſicht und der ſchwarzen Sammetmütze hineinſchaute, erſchrak er faſt, aber er trat ihr entge¬ gen und reichte ihr freundlich die Hand. Ich will zum kranken Benjamin, ſagte Gretchen etwas ſcheu. Zum kranken Benjamin? wiederholte Fritz und ſeufzte: ja er iſt krank, und es iſt recht ſchlecht von mir, ich habe ihn ganz vergeſſen. Soll ich das Näpf¬ chen tragen? ſetzte er mit weicher Stimme hinzu. Gretchen ließ es ſich gefallen und folgte ihm nun die Treppe hinan. Aus der warmen Werkſtatt traten ſie in eine eiskalte Stube; Benjamin ſteckte tief in den Federn, der Staarmatz ſtand auf dem Tiſch vor dem

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Zitationshilfe: Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_kammerjungfer_1851/65>, abgerufen am 21.11.2024.