Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.zurück, sie hatte ihn ja nicht von neuem beunruhigen Fritz aber, als sie an der Wohnstubenthür vor¬ Daß Fritz in den letzten Tagen besonders unru¬ zurück, ſie hatte ihn ja nicht von neuem beunruhigen Fritz aber, als ſie an der Wohnſtubenthür vor¬ Daß Fritz in den letzten Tagen beſonders unru¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0068" n="62"/> zurück, ſie hatte ihn ja nicht von neuem beunruhigen<lb/> wollen. In dieſem Gefühle ließ ſie auch ein Bierglas<lb/> dicht an der Tiſchkante ſtehen, obgleich es ihr in<lb/> den Fingern zuckte, es ſicherer zu ſtellen. Der geringſte<lb/> Anſtoß mußte es hinunter ſtoßen.</p><lb/> <p>Fritz aber, als ſie an der Wohnſtubenthür vor¬<lb/> bei kamen, nöthigte Gretchen, den Vater zu begrüßen.<lb/> Er machte die Thür auf, der Alte lag im Lehnſtuhl<lb/> mit geſchloſſenen Augen. Heller Sonnenſchein lag<lb/> auf dem friedlichen Geſichte, er ſchlug die Augen auf,<lb/> und als er Gretchen und Fritz vor ſich ſtehen ſah,<lb/> meinte er, ſein Lieblingstraum ſei Wirklichkeit gewor¬<lb/> den; ſein Geſicht verklärte ſich. Ach Gretchen! rief<lb/> er aus und ſtreckte ihr beide Hände entgegen. Fritz<lb/> aber wandte ſich zum Fenſter. Sein Vater hätte ja<lb/> ſchon ſo glücklich ſein können, wer weiß denn, wie<lb/> viele Tage er noch zu zählen hat! Aber er ſoll glück¬<lb/> lich ſein, Gretchens Hand ſoll ſeines Lebensabends<lb/> pflegen. Ja, ja! ſprach ſein Herz, und ſein Auge<lb/> folgte dem Sonnenſtrahle hinan zum blauen Himmel,<lb/> und alle Qual und Unruhe war aus ſeinem Herzen<lb/> verſchwunden.</p><lb/> <p>Daß Fritz in den letzten Tagen beſonders unru¬<lb/> hig, zerſtreut und traurig geweſen war, hatte ſeinen<lb/> Grund. Eines Nachmittags hatte er in einer der<lb/> Hauptſtraßen neue Meubel abzuliefern. In demſelben<lb/> Hauſe war unten ein Buchladen, und als Fritz oben<lb/> ſein Geſchäft beendet, trat er unten in den Laden.<lb/> Die Herren darin kannten den jungen Tiſchlermeiſter<lb/> wohl, und ſahen es gern, wenn er ſich hin und wie¬<lb/> ter hübſche Bücher anſah, denn nicht ſelten kaufte er<lb/></p> </body> </text> </TEI> [62/0068]
zurück, ſie hatte ihn ja nicht von neuem beunruhigen
wollen. In dieſem Gefühle ließ ſie auch ein Bierglas
dicht an der Tiſchkante ſtehen, obgleich es ihr in
den Fingern zuckte, es ſicherer zu ſtellen. Der geringſte
Anſtoß mußte es hinunter ſtoßen.
Fritz aber, als ſie an der Wohnſtubenthür vor¬
bei kamen, nöthigte Gretchen, den Vater zu begrüßen.
Er machte die Thür auf, der Alte lag im Lehnſtuhl
mit geſchloſſenen Augen. Heller Sonnenſchein lag
auf dem friedlichen Geſichte, er ſchlug die Augen auf,
und als er Gretchen und Fritz vor ſich ſtehen ſah,
meinte er, ſein Lieblingstraum ſei Wirklichkeit gewor¬
den; ſein Geſicht verklärte ſich. Ach Gretchen! rief
er aus und ſtreckte ihr beide Hände entgegen. Fritz
aber wandte ſich zum Fenſter. Sein Vater hätte ja
ſchon ſo glücklich ſein können, wer weiß denn, wie
viele Tage er noch zu zählen hat! Aber er ſoll glück¬
lich ſein, Gretchens Hand ſoll ſeines Lebensabends
pflegen. Ja, ja! ſprach ſein Herz, und ſein Auge
folgte dem Sonnenſtrahle hinan zum blauen Himmel,
und alle Qual und Unruhe war aus ſeinem Herzen
verſchwunden.
Daß Fritz in den letzten Tagen beſonders unru¬
hig, zerſtreut und traurig geweſen war, hatte ſeinen
Grund. Eines Nachmittags hatte er in einer der
Hauptſtraßen neue Meubel abzuliefern. In demſelben
Hauſe war unten ein Buchladen, und als Fritz oben
ſein Geſchäft beendet, trat er unten in den Laden.
Die Herren darin kannten den jungen Tiſchlermeiſter
wohl, und ſahen es gern, wenn er ſich hin und wie¬
ter hübſche Bücher anſah, denn nicht ſelten kaufte er
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