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Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.

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bei der Arbeit zu. Daß Klärchen dabei war, zog ihn
wohl auch hinaus, aber es machte ihn nicht mehr
verlegen, nein, der Herr hatte seine Gebete erhört und
seinem Herzen Ruhe gegeben; nur eine Theilnahme
für das arme unglückliche Mädchen fühlte er noch.
Er wußte ihr Schicksal mit dem Grafen ziemlich ge¬
nau. Wenn sie doch jetzt noch umkehrte! dachte er,
ihre Blässe und ihr Stillsein waren ihm eine Beru¬
higung.

Doch Gretchen ließ ihn nicht lange bei diesen
Gedanken, sie war so frisch und fröhlich, sein Herz
freuete sich über sie. Als Benjamin sie neckte wegen
der schiefen Reihen auf dem Erbsenbeete, schwang sich
Fritz am alten Fliederbaume über das Staket und
übernahm selbst das Amt des Reihenziehens. Frau
Bendler stand glücklich dabei, und der alte Buchstein,
der am Stock gestützt, sich von der Frühlingssonne
wärmen ließ, schien sich noch mehr zu erwärmen am
Anblick seines glücklichen Sohnes und des braven Gret¬
chens.

Klärchen konnte es nicht aushalten zwischen diesen
glücklichen Menschen. Fritz Buchstein liebt die Grete,
das ist richtig. Gretchen kam ihr heut ordentlich hübsch
vor. Und Fritz? den hatte sie längst zu gut für die
Grete gefunden. In dieser Stimmung wandelte sie
fast etwas wie Reue an, den Fritz so schnöde behan¬
delt zu haben. Daß er sie erst geliebt, fühlte sie zu
bestimmt, und jetzt, wo ihr Glück in der vornehmen
Welt gescheitert, konnte sie sich das Leben in einem
stattlichen Bürgerhaus an der Seite eines Fritz schon
möglich denken. Freilich müßte sie ja dann ein from¬

bei der Arbeit zu. Daß Klärchen dabei war, zog ihn
wohl auch hinaus, aber es machte ihn nicht mehr
verlegen, nein, der Herr hatte ſeine Gebete erhört und
ſeinem Herzen Ruhe gegeben; nur eine Theilnahme
für das arme unglückliche Mädchen fühlte er noch.
Er wußte ihr Schickſal mit dem Grafen ziemlich ge¬
nau. Wenn ſie doch jetzt noch umkehrte! dachte er,
ihre Bläſſe und ihr Stillſein waren ihm eine Beru¬
higung.

Doch Gretchen ließ ihn nicht lange bei dieſen
Gedanken, ſie war ſo friſch und fröhlich, ſein Herz
freuete ſich über ſie. Als Benjamin ſie neckte wegen
der ſchiefen Reihen auf dem Erbſenbeete, ſchwang ſich
Fritz am alten Fliederbaume über das Staket und
übernahm ſelbſt das Amt des Reihenziehens. Frau
Bendler ſtand glücklich dabei, und der alte Buchſtein,
der am Stock geſtützt, ſich von der Frühlingsſonne
wärmen ließ, ſchien ſich noch mehr zu erwärmen am
Anblick ſeines glücklichen Sohnes und des braven Gret¬
chens.

Klärchen konnte es nicht aushalten zwiſchen dieſen
glücklichen Menſchen. Fritz Buchſtein liebt die Grete,
das iſt richtig. Gretchen kam ihr heut ordentlich hübſch
vor. Und Fritz? den hatte ſie längſt zu gut für die
Grete gefunden. In dieſer Stimmung wandelte ſie
faſt etwas wie Reue an, den Fritz ſo ſchnöde behan¬
delt zu haben. Daß er ſie erſt geliebt, fühlte ſie zu
beſtimmt, und jetzt, wo ihr Glück in der vornehmen
Welt geſcheitert, konnte ſie ſich das Leben in einem
ſtattlichen Bürgerhaus an der Seite eines Fritz ſchon
möglich denken. Freilich müßte ſie ja dann ein from¬

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[76/0082] bei der Arbeit zu. Daß Klärchen dabei war, zog ihn wohl auch hinaus, aber es machte ihn nicht mehr verlegen, nein, der Herr hatte ſeine Gebete erhört und ſeinem Herzen Ruhe gegeben; nur eine Theilnahme für das arme unglückliche Mädchen fühlte er noch. Er wußte ihr Schickſal mit dem Grafen ziemlich ge¬ nau. Wenn ſie doch jetzt noch umkehrte! dachte er, ihre Bläſſe und ihr Stillſein waren ihm eine Beru¬ higung. Doch Gretchen ließ ihn nicht lange bei dieſen Gedanken, ſie war ſo friſch und fröhlich, ſein Herz freuete ſich über ſie. Als Benjamin ſie neckte wegen der ſchiefen Reihen auf dem Erbſenbeete, ſchwang ſich Fritz am alten Fliederbaume über das Staket und übernahm ſelbſt das Amt des Reihenziehens. Frau Bendler ſtand glücklich dabei, und der alte Buchſtein, der am Stock geſtützt, ſich von der Frühlingsſonne wärmen ließ, ſchien ſich noch mehr zu erwärmen am Anblick ſeines glücklichen Sohnes und des braven Gret¬ chens. Klärchen konnte es nicht aushalten zwiſchen dieſen glücklichen Menſchen. Fritz Buchſtein liebt die Grete, das iſt richtig. Gretchen kam ihr heut ordentlich hübſch vor. Und Fritz? den hatte ſie längſt zu gut für die Grete gefunden. In dieſer Stimmung wandelte ſie faſt etwas wie Reue an, den Fritz ſo ſchnöde behan¬ delt zu haben. Daß er ſie erſt geliebt, fühlte ſie zu beſtimmt, und jetzt, wo ihr Glück in der vornehmen Welt geſcheitert, konnte ſie ſich das Leben in einem ſtattlichen Bürgerhaus an der Seite eines Fritz ſchon möglich denken. Freilich müßte ſie ja dann ein from¬

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Zitationshilfe: Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_kammerjungfer_1851/82>, abgerufen am 21.11.2024.