Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.mes, fleißiges, ordentliches Märchen wie Gretchen Wieder einige Monate waren vergangen, der Auch Klärchens Thränen waren wieder getrocknet, mes, fleißiges, ordentliches Märchen wie Gretchen Wieder einige Monate waren vergangen, der Auch Klärchens Thränen waren wieder getrocknet, <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0083" n="77"/> mes, fleißiges, ordentliches Märchen wie Gretchen<lb/> ſein, flüſterte eine Stimme in ihrem Innern, und ihr<lb/> Gewiſſen regte ſich, Thränen liefen ihr über die blaſ¬<lb/> ſen Wangen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Wieder einige Monate waren vergangen, der<lb/> Sommer war herrlich. Gretchen freute ſich erſt an<lb/> den Blüthenbäumen, dann an den duftenden Roſen.<lb/> Fritz hatte auch in ſeinem Garten Blumen gepflanzt<lb/> und geſäet, daß Alles luſtig durch einander blühte.<lb/> Benjamin hatte ſeine Freude an dem Paar, er neckte<lb/> ſie aber auch und war kühn in ſeinen Neckereien, denn<lb/> nach einem ſchönen, warmen Sommerregen brach plötz¬<lb/> lick ein F. und G. aus der braunen Erde heraus und<lb/> war bald in krauſer grüner Kreſſe ſehr deutlich zu<lb/> leſen. Seinen Staarmatz lehrte er heimlich eine neue<lb/> Rede, und ſein Dompfaff ſang lieblicher als je: Lobe<lb/> den Herrn o meine Seele.</p><lb/> <p>Auch Klärchens Thränen waren wieder getrocknet,<lb/> ihre Wangen wieder aufgeblüht. Das Gaſthofsleben<lb/> gefiel ihr wohl. Sie ward von den Fremden bewun¬<lb/> dert, man war galant gegen ſie, man ſchmeichelte ihr.<lb/> Daß dies keinen weiteren Einfluß auf ihr künftiges<lb/> Leben haben würde, wußte ſie, es waren Fremde, die<lb/> nach ein oder zwei Tagen abreiſten, und ſich nur amü¬<lb/> ſiren wollten. Sie war daher ſehr zurückhaltend und<lb/> wollte überhaupt mit vornehmen Leuten nichts zu thun<lb/> haben. Ihre Phantaſien waren aus dem Hochroman¬<lb/> tiſchen zur Idylle hinabgeſtiegen. Nur ein fühlendes<lb/> Herz und Bildung mußte der Mann haben, mit dem<lb/></p> </body> </text> </TEI> [77/0083]
mes, fleißiges, ordentliches Märchen wie Gretchen
ſein, flüſterte eine Stimme in ihrem Innern, und ihr
Gewiſſen regte ſich, Thränen liefen ihr über die blaſ¬
ſen Wangen.
Wieder einige Monate waren vergangen, der
Sommer war herrlich. Gretchen freute ſich erſt an
den Blüthenbäumen, dann an den duftenden Roſen.
Fritz hatte auch in ſeinem Garten Blumen gepflanzt
und geſäet, daß Alles luſtig durch einander blühte.
Benjamin hatte ſeine Freude an dem Paar, er neckte
ſie aber auch und war kühn in ſeinen Neckereien, denn
nach einem ſchönen, warmen Sommerregen brach plötz¬
lick ein F. und G. aus der braunen Erde heraus und
war bald in krauſer grüner Kreſſe ſehr deutlich zu
leſen. Seinen Staarmatz lehrte er heimlich eine neue
Rede, und ſein Dompfaff ſang lieblicher als je: Lobe
den Herrn o meine Seele.
Auch Klärchens Thränen waren wieder getrocknet,
ihre Wangen wieder aufgeblüht. Das Gaſthofsleben
gefiel ihr wohl. Sie ward von den Fremden bewun¬
dert, man war galant gegen ſie, man ſchmeichelte ihr.
Daß dies keinen weiteren Einfluß auf ihr künftiges
Leben haben würde, wußte ſie, es waren Fremde, die
nach ein oder zwei Tagen abreiſten, und ſich nur amü¬
ſiren wollten. Sie war daher ſehr zurückhaltend und
wollte überhaupt mit vornehmen Leuten nichts zu thun
haben. Ihre Phantaſien waren aus dem Hochroman¬
tiſchen zur Idylle hinabgeſtiegen. Nur ein fühlendes
Herz und Bildung mußte der Mann haben, mit dem
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