Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.umgehen, tröstete sie sich. Dieselbe Gesellschaft sollte "Hätt' ich doch im Leben nicht geglaubt, daß es Klärchen lächelte. So hatte sie doch wenigstens umgehen, tröſtete ſie ſich. Dieſelbe Geſellſchaft ſollte „Hätt' ich doch im Leben nicht geglaubt, daß es Klärchen lächelte. So hatte ſie doch wenigſtens <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0099" n="93"/> umgehen, tröſtete ſie ſich. Dieſelbe Geſellſchaft ſollte<lb/> heut Morgen ein Chokoladenfrühſtück nehmen. Klär¬<lb/> chen hatte Alles auf's Schönſte vorbereitet, die feinen<lb/> Taſſen ſtanden bereit, auf gemalten Tellern war Ku¬<lb/> chen und Torte ſervirt, und ſie ſelbſt ruhte jetzt wie<lb/> eine vornehme Dame im Sopha und erwartete ihre<lb/> Gäſte. Die Mutter war die erſte, die kam; ſie ſah<lb/> ſchmunzelnd auf Kuchen und Chokolade, ſetzte ſich<lb/> wohlgefällig in die andere Sophaecke und ſagte:</p><lb/> <p>„Hätt' ich doch im Leben nicht geglaubt, daß es<lb/> Dir noch ſo glücken würde, Du kleiner Brauſekopf.<lb/> Immer wenn ich dachte, es war ſo weit, dann ging<lb/> Dein heißes Blut wieder durch. Gott ſei Dank, daß<lb/> wir nun eingelaufen ſind in den Hafen!</p><lb/> <p>Klärchen lächelte. So hatte ſie doch wenigſtens<lb/> die Mutter, die ihrem Schickſal Weihrauch ſtreute, da<lb/> ſelbſt das eigne Herz ſich nicht recht dazu bequemen<lb/> wollte. Günther trat etwas bleicher als gewöhnlich,<lb/> aber guter Laune ein. Die Gäſte folgten bald, es<lb/> ward Chokolade getrunken, Frau Krauter ließ es ſich<lb/> von Allen am beſten ſchmecken; dagegen verſchmähte<lb/> der Schwiegerſohn ganz und gar dies ſüße Getränk.<lb/> Mir iſt heut mehr wie Weintrinken, ſagte er ſcherzend,<lb/> verließ das Zimmer und kam bald mit einem Arm<lb/> voll Flaſchen wieder. Die Herren ſchmunzelten, die<lb/> Frauen neckten auf nicht ſehr feine Weiſe, und Klär¬<lb/> chen ſah ängſtlich auf ihren Mann. Jedenfalls war<lb/> er ſchon im angeregten Zuſtande herüber gekommen,<lb/> denn ſie ſah, daß beim Einſchenken der Chokolade ihm<lb/> die Hände zitterten. Sie hätte gern Einſpruch gethan<lb/> gegen das neue Trinkgelage, aber erſtens ſcheute ſie<lb/></p> </body> </text> </TEI> [93/0099]
umgehen, tröſtete ſie ſich. Dieſelbe Geſellſchaft ſollte
heut Morgen ein Chokoladenfrühſtück nehmen. Klär¬
chen hatte Alles auf's Schönſte vorbereitet, die feinen
Taſſen ſtanden bereit, auf gemalten Tellern war Ku¬
chen und Torte ſervirt, und ſie ſelbſt ruhte jetzt wie
eine vornehme Dame im Sopha und erwartete ihre
Gäſte. Die Mutter war die erſte, die kam; ſie ſah
ſchmunzelnd auf Kuchen und Chokolade, ſetzte ſich
wohlgefällig in die andere Sophaecke und ſagte:
„Hätt' ich doch im Leben nicht geglaubt, daß es
Dir noch ſo glücken würde, Du kleiner Brauſekopf.
Immer wenn ich dachte, es war ſo weit, dann ging
Dein heißes Blut wieder durch. Gott ſei Dank, daß
wir nun eingelaufen ſind in den Hafen!
Klärchen lächelte. So hatte ſie doch wenigſtens
die Mutter, die ihrem Schickſal Weihrauch ſtreute, da
ſelbſt das eigne Herz ſich nicht recht dazu bequemen
wollte. Günther trat etwas bleicher als gewöhnlich,
aber guter Laune ein. Die Gäſte folgten bald, es
ward Chokolade getrunken, Frau Krauter ließ es ſich
von Allen am beſten ſchmecken; dagegen verſchmähte
der Schwiegerſohn ganz und gar dies ſüße Getränk.
Mir iſt heut mehr wie Weintrinken, ſagte er ſcherzend,
verließ das Zimmer und kam bald mit einem Arm
voll Flaſchen wieder. Die Herren ſchmunzelten, die
Frauen neckten auf nicht ſehr feine Weiſe, und Klär¬
chen ſah ängſtlich auf ihren Mann. Jedenfalls war
er ſchon im angeregten Zuſtande herüber gekommen,
denn ſie ſah, daß beim Einſchenken der Chokolade ihm
die Hände zitterten. Sie hätte gern Einſpruch gethan
gegen das neue Trinkgelage, aber erſtens ſcheute ſie
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