welche unabweisliche logische Rücksicht auch die der Eignung des gewählten Terminus allenfalls zurückstehen durfte. Seiner Definition nach aber soll unter Wirtschaft verstanden werden: menschliches Zusammenwirken zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse. Das berührt sich nahe mit dem oben aufgestellten Begriff der Triebform des sozialen Lebens; immerhin bleiben Unterschiede, die eine Rechtfertigung der Abweichung not- wendig machen. Unsere Erklärung betont erstens, statt der Bedürfnisbefriedigung, die Hervorbringung eines Werks, als unmittelbares Objekt wie des Triebes überhaupt, so auch des Triebes, sofern er sozialer Regelung untersteht. Gewiss ist jedes hervorzubringende Werk auch bestimmt ein (wirk- liches oder vermeintes) Bedürfnis zu befriedigen. Aber weder könnten wir diese Befriedigung als den wesentlichen Zweck der Thätigkeit anerkennen; noch käme dieser subjektive Zweck in sozialer Hinsicht eigentlich in Frage. Dagegen gehört der Begriff der Arbeit, d. i. Bethätigung in Richtung auf irgend eine Hervorbringung, Verwirklichung einer Idee oder Gestaltung eines Stoffs nach einer solchen, hier wesentlich zur Sache. Man kann also den ganzen Zusatz "zur Befriedigung mensch- licher Bedürfnisse" aus der gegebenen Definition ohne Verlust -- und wie ich glaube, mit wahrem Gewinn, weil dadurch eine vom Wege abführende Nebenvorstellung erweckt wird -- weg- lassen; so bleibt das "Zusammenwirken". Versteht man hierbei das "Wirken" prägnant, so kann das, was soeben betont wurde: die Beziehung der Thätigkeit auf ein zu vollbringendes Werk, d. i. der Begriff der Arbeit, darin ganz wohl gefunden werden. Das "Zusammen" weist dann genügend auf die Gemeinschaft- lichkeit der zu vollbringenden Arbeit, die in der That die Materie des menschlichen Thuns überhaupt erst zur Materie sozialen Thuns, und damit des sozialen Lebens macht.
Was nun zweitens dies betrifft, so möchte ich nur ver- schärfend oder ausdrücklicher hervorhebend hinzusetzen, dass nicht die (etwa auch ohnedies) zusammenwirkende, sondern die zusammenwirken sollende Thätigkeit die reine Materie sei. Denn das thatsächliche Zusammenwirken schlösse eine gemeinsam befolgte Regel, d. h. eben das, was doch die Form
welche unabweisliche logische Rücksicht auch die der Eignung des gewählten Terminus allenfalls zurückstehen durfte. Seiner Definition nach aber soll unter Wirtschaft verstanden werden: menschliches Zusammenwirken zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse. Das berührt sich nahe mit dem oben aufgestellten Begriff der Triebform des sozialen Lebens; immerhin bleiben Unterschiede, die eine Rechtfertigung der Abweichung not- wendig machen. Unsere Erklärung betont erstens, statt der Bedürfnisbefriedigung, die Hervorbringung eines Werks, als unmittelbares Objekt wie des Triebes überhaupt, so auch des Triebes, sofern er sozialer Regelung untersteht. Gewiss ist jedes hervorzubringende Werk auch bestimmt ein (wirk- liches oder vermeintes) Bedürfnis zu befriedigen. Aber weder könnten wir diese Befriedigung als den wesentlichen Zweck der Thätigkeit anerkennen; noch käme dieser subjektive Zweck in sozialer Hinsicht eigentlich in Frage. Dagegen gehört der Begriff der Arbeit, d. i. Bethätigung in Richtung auf irgend eine Hervorbringung, Verwirklichung einer Idee oder Gestaltung eines Stoffs nach einer solchen, hier wesentlich zur Sache. Man kann also den ganzen Zusatz „zur Befriedigung mensch- licher Bedürfnisse“ aus der gegebenen Definition ohne Verlust — und wie ich glaube, mit wahrem Gewinn, weil dadurch eine vom Wege abführende Nebenvorstellung erweckt wird — weg- lassen; so bleibt das „Zusammenwirken“. Versteht man hierbei das „Wirken“ prägnant, so kann das, was soeben betont wurde: die Beziehung der Thätigkeit auf ein zu vollbringendes Werk, d. i. der Begriff der Arbeit, darin ganz wohl gefunden werden. Das „Zusammen“ weist dann genügend auf die Gemeinschaft- lichkeit der zu vollbringenden Arbeit, die in der That die Materie des menschlichen Thuns überhaupt erst zur Materie sozialen Thuns, und damit des sozialen Lebens macht.
Was nun zweitens dies betrifft, so möchte ich nur ver- schärfend oder ausdrücklicher hervorhebend hinzusetzen, dass nicht die (etwa auch ohnedies) zusammenwirkende, sondern die zusammenwirken sollende Thätigkeit die reine Materie sei. Denn das thatsächliche Zusammenwirken schlösse eine gemeinsam befolgte Regel, d. h. eben das, was doch die Form
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welche unabweisliche logische Rücksicht auch die der Eignung
des gewählten Terminus allenfalls zurückstehen durfte. Seiner
Definition nach aber soll unter Wirtschaft verstanden werden:
menschliches Zusammenwirken zur Befriedigung menschlicher
Bedürfnisse. Das berührt sich nahe mit dem oben aufgestellten
Begriff der Triebform des sozialen Lebens; immerhin bleiben
Unterschiede, die eine Rechtfertigung der Abweichung not-
wendig machen. Unsere Erklärung betont erstens, statt
der Bedürfnisbefriedigung, die Hervorbringung eines Werks,
als unmittelbares Objekt wie des Triebes überhaupt, so auch
des Triebes, sofern er sozialer Regelung untersteht. Gewiss
ist jedes hervorzubringende Werk auch bestimmt ein (wirk-
liches oder vermeintes) Bedürfnis zu befriedigen. Aber weder
könnten wir diese Befriedigung als den wesentlichen Zweck
der Thätigkeit anerkennen; noch käme dieser subjektive Zweck
in sozialer Hinsicht eigentlich in Frage. Dagegen gehört der
Begriff der Arbeit, d. i. Bethätigung in Richtung auf irgend
eine Hervorbringung, Verwirklichung einer Idee oder Gestaltung
eines Stoffs nach einer solchen, hier wesentlich zur Sache.
Man kann also den ganzen Zusatz „zur Befriedigung mensch-
licher Bedürfnisse“ aus der gegebenen Definition ohne Verlust
— und wie ich glaube, mit wahrem Gewinn, weil dadurch eine
vom Wege abführende Nebenvorstellung erweckt wird — weg-
lassen; so bleibt das „Zusammenwirken“. Versteht man hierbei
das „Wirken“ prägnant, so kann das, was soeben betont wurde:
die Beziehung der Thätigkeit auf ein zu vollbringendes Werk,
d. i. der Begriff der Arbeit, darin ganz wohl gefunden werden.
Das „Zusammen“ weist dann genügend auf die Gemeinschaft-
lichkeit der zu vollbringenden Arbeit, die in der That die
Materie des menschlichen Thuns überhaupt erst zur Materie
sozialen Thuns, und damit des sozialen Lebens macht.
Was nun zweitens dies betrifft, so möchte ich nur ver-
schärfend oder ausdrücklicher hervorhebend hinzusetzen, dass
nicht die (etwa auch ohnedies) zusammenwirkende, sondern
die zusammenwirken sollende Thätigkeit die reine Materie
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/151>, abgerufen am 27.11.2024.
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