der Tugend, die echte Mannhaftigkeit, die in wenngleich zärterer Mischung auch dem heranwachsenden Mädchen nicht fehlen darf, die man ihm nur mehr einprägen und in ihrer strengen Schönheit lieb machen sollte, als es in unserer Erziehung noch im ganzen geschieht.
So wird es zunächst für den Einzelnen jetzt erstes Gebot: Sei selbständig! -- welche Regel sich aber sofort durch die andre ergänzt: Hast du dein Selbst gewonnen, so verliere es fröhlich wieder, d. h. setze es ohne zu viel Besinnen ein für das erkannte Gute. Dies Moment der Lebensverneinung ist als Nerv einer echten Tugend nicht zu entbehren. Man will gewiss das Leben, aber will nicht propter vitam vitae perdere causas, um des Lebens willen das preisgeben, was allein ein Grund zu leben ist; wer sein Leben verliert, der gerade behält es. Das ist auch der edle Sinn der Ehrliebe, auf die Plato, sonst allem bloss Triebartigen so feindlich gesinnt, die Tugend der Tapferkeit ganz zu stützen gewagt hat. Dafür gerade ist das heranwachsende Alter so empfänglich, dass der Erziehung fast nichts zu thun übrig bleibt als diese Empfänglichkeit da- durch wach zu erhalten und zu üben, dass sie sie voraussetzt und in Anspruch zu nehmen wagt. Dies giebt eigentlich den Grundton dieser Entwicklungsstufe; die tiefe Ernsthaftigkeit besonders des reiferen Knabenalters beruht ganz hierauf. Was nicht dem neuen hohen Ideal der Mannheit entspricht, sinkt jetzt zum verachteten kindlichen Spiel herab, das doch auf der vorigen Stufe so wichtig, ja die eigentliche Welt des Kindes war. Das beweist sich auch in allen besonderen Rich- tungen der Entwicklung. Die leibliche Ausbildung wird Selbst- werk; besonders strebt man im Kampf und Wetteifer sie gegensätzlich zu erproben, an den Gleichaltrigen und, wenn es sein kann, den wenig Älteren sich zu messen, nicht mehr in der Weichheit des zarteren Alters sich ihnen anzuschmiegen. Die Regelung der Affekte wird jetzt bewusste, leicht etwas zu tyrannische Beherrschung. Man strebt instinktiv darin, wie in der vielseitigen Sinnes- und Muskelübung durch planmässige Steigerung der Kräfte sich zum ernsten Kampf des Lebens zu rüsten. Im Intellektuellen tritt an die Stelle des blossen
der Tugend, die echte Mannhaftigkeit, die in wenngleich zärterer Mischung auch dem heranwachsenden Mädchen nicht fehlen darf, die man ihm nur mehr einprägen und in ihrer strengen Schönheit lieb machen sollte, als es in unserer Erziehung noch im ganzen geschieht.
So wird es zunächst für den Einzelnen jetzt erstes Gebot: Sei selbständig! — welche Regel sich aber sofort durch die andre ergänzt: Hast du dein Selbst gewonnen, so verliere es fröhlich wieder, d. h. setze es ohne zu viel Besinnen ein für das erkannte Gute. Dies Moment der Lebensverneinung ist als Nerv einer echten Tugend nicht zu entbehren. Man will gewiss das Leben, aber will nicht propter vitam vitae perdere causas, um des Lebens willen das preisgeben, was allein ein Grund zu leben ist; wer sein Leben verliert, der gerade behält es. Das ist auch der edle Sinn der Ehrliebe, auf die Plato, sonst allem bloss Triebartigen so feindlich gesinnt, die Tugend der Tapferkeit ganz zu stützen gewagt hat. Dafür gerade ist das heranwachsende Alter so empfänglich, dass der Erziehung fast nichts zu thun übrig bleibt als diese Empfänglichkeit da- durch wach zu erhalten und zu üben, dass sie sie voraussetzt und in Anspruch zu nehmen wagt. Dies giebt eigentlich den Grundton dieser Entwicklungsstufe; die tiefe Ernsthaftigkeit besonders des reiferen Knabenalters beruht ganz hierauf. Was nicht dem neuen hohen Ideal der Mannheit entspricht, sinkt jetzt zum verachteten kindlichen Spiel herab, das doch auf der vorigen Stufe so wichtig, ja die eigentliche Welt des Kindes war. Das beweist sich auch in allen besonderen Rich- tungen der Entwicklung. Die leibliche Ausbildung wird Selbst- werk; besonders strebt man im Kampf und Wetteifer sie gegensätzlich zu erproben, an den Gleichaltrigen und, wenn es sein kann, den wenig Älteren sich zu messen, nicht mehr in der Weichheit des zarteren Alters sich ihnen anzuschmiegen. Die Regelung der Affekte wird jetzt bewusste, leicht etwas zu tyrannische Beherrschung. Man strebt instinktiv darin, wie in der vielseitigen Sinnes- und Muskelübung durch planmässige Steigerung der Kräfte sich zum ernsten Kampf des Lebens zu rüsten. Im Intellektuellen tritt an die Stelle des blossen
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der Tugend, die echte Mannhaftigkeit, die in wenngleich zärterer
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Schönheit lieb machen sollte, als es in unserer Erziehung noch
im ganzen geschieht.
So wird es zunächst für den Einzelnen jetzt erstes Gebot:
Sei selbständig! — welche Regel sich aber sofort durch die
andre ergänzt: Hast du dein Selbst gewonnen, so verliere es
fröhlich wieder, d. h. setze es ohne zu viel Besinnen ein für
das erkannte Gute. Dies Moment der Lebensverneinung ist
als Nerv einer echten Tugend nicht zu entbehren. Man will
gewiss das Leben, aber will nicht propter vitam vitae perdere
causas, um des Lebens willen das preisgeben, was allein ein
Grund zu leben ist; wer sein Leben verliert, der gerade behält
es. Das ist auch der edle Sinn der Ehrliebe, auf die Plato,
sonst allem bloss Triebartigen so feindlich gesinnt, die Tugend
der Tapferkeit ganz zu stützen gewagt hat. Dafür gerade ist
das heranwachsende Alter so empfänglich, dass der Erziehung
fast nichts zu thun übrig bleibt als diese Empfänglichkeit da-
durch wach zu erhalten und zu üben, dass sie sie voraussetzt
und in Anspruch zu nehmen wagt. Dies giebt eigentlich den
Grundton dieser Entwicklungsstufe; die tiefe Ernsthaftigkeit
besonders des reiferen Knabenalters beruht ganz hierauf. Was
nicht dem neuen hohen Ideal der Mannheit entspricht, sinkt
jetzt zum verachteten kindlichen Spiel herab, das doch auf
der vorigen Stufe so wichtig, ja die eigentliche Welt des
Kindes war. Das beweist sich auch in allen besonderen Rich-
tungen der Entwicklung. Die leibliche Ausbildung wird Selbst-
werk; besonders strebt man im Kampf und Wetteifer sie
gegensätzlich zu erproben, an den Gleichaltrigen und, wenn
es sein kann, den wenig Älteren sich zu messen, nicht mehr
in der Weichheit des zarteren Alters sich ihnen anzuschmiegen.
Die Regelung der Affekte wird jetzt bewusste, leicht etwas zu
tyrannische Beherrschung. Man strebt instinktiv darin, wie
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/271>, abgerufen am 22.11.2024.
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