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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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Von Museis I. Theil
che, dessen Gewölbe mit viereckten Seulen unterstützt ist. An der Wand
zur rechten Hand sind die allgemeinen Concilia in Fresco gemahlet. Zur
lincken aber siehet man die Contrefaits der Erfinder und Beförderer der Ge-
lehrsamkeit. Jn der Mitte derselben findet man die Bibel auf einem herr-
lichen Thron liegen, und mit der Praecedenz obserirt, wie in den Kirchen-
Historien, wo etwas merckliches geschehen. Die vornehmsten unter den
Büchern sind etwan diese: Eine grosse Hebräische Bibel, die ein Mann al-
lein aufzuheben nicht wohl vermag: Eine alte Copey von den 70. Uberse-
tzern, in Griechisch, nach welcher beydes zu Rom und Londen gedruckt
worden: Die Apostel-Geschichte in Griechisch, mit güldenen Buchstaben:
Das Evangelium, welches Chrysostomus mit eigner Hand geschrieben:
Eine Hebräische Bibel auf pergamentene Blätter geschrieben, da sich eins
auf das andre schickt, aufgewickelt: (daher kommt das Wort Volumen für
ein Buch.) Ein klein Buch von Baum-Rinden, daher kommt das Wort
Folium für ein Blat: Ein alt Römisch Tafel-Buch von Holtz, darauf die
Römer mit einem spitzigen Griffel geschrieben: Ein Chinesisch Buch, alles
hieroglyphice geschrieben, und in Falten gelegt: Ein alter Virgilius, mehr
breit als lang, in Quarto, mit grossen Buchstaben, ohne einige Distinction
und Puncta; dieses soll Virgilius mit eigner Hand geschrieben haben: Allein
die Characteres gleichen bey nahe den Gothischen, welches voriges Alter-
thum zweifelhafft macht. Vid Misson Voyage d' Italie p. 2. 27. Ein andrer
Virgilius: Ein alt Buch, worin einige Predigten stehen, auf dessen Rand
Thom. von Acquin mit eigner Hand einige Anmerckungen geschrieben: Ein
alter Terentius, vor 1200. Jahren geschrieben; Politianus hat inwendig auf
den Deckel geschrieben, daß dieses der älteste, den er sein Lebtag gesehen: Ba-
ronii Annales
mit eigner Hand geschrieben: Die rare Quotationes aus den
Alt-Vätern mit grossem Fleiß und Mühe zusammen getragen durch den Car-
dinal Sirleto
zur Zeit des Tridentinischen Concilii. Diese Quotationes
bestehen in 6. Voluminibus in fol. Weiter siehet man apart des Her-
tzogs von
Urbin Bibliothec, welche er in diese Vaticanische verehret hat,
darinnen viele rare MSS. auf Pergament und mit Miniatur-Gemählden ge-
zieret, sonderlich ein gewisses Buch, auf dessen Rande alle Insecta Naturae
durch sonderbaren Fleiß mit ihren lebendigen Farben gemahlet sind. Ge-
gen dieser über stehet auch in demselben Gemach die berühmte Heidelbergi-
sche
Bibliothec, welche Rudolphus Agricola mit Hülffe und Vorschub des Bi-
schofs zu Worms in dieser Stadt zwar angelegt, doch aber leider! in dem
dieser guten Stadt, ja der gantzen Pfaltz und Teutschland, fatalen Jahr
1622. mit mehr denn 100. beladenen Maulthieren der Hertzog von

Bayern

Von Muſeis I. Theil
che, deſſen Gewoͤlbe mit viereckten Seulen unterſtuͤtzt iſt. An der Wand
zur rechten Hand ſind die allgemeinen Concilia in Freſco gemahlet. Zur
lincken aber ſiehet man die Contrefaits der Erfinder und Befoͤrderer der Ge-
lehrſamkeit. Jn der Mitte derſelben findet man die Bibel auf einem herr-
lichen Thron liegen, und mit der Præcedenz obſerirt, wie in den Kirchen-
Hiſtorien, wo etwas merckliches geſchehen. Die vornehmſten unter den
Buͤchern ſind etwan dieſe: Eine groſſe Hebraͤiſche Bibel, die ein Mann al-
lein aufzuheben nicht wohl vermag: Eine alte Copey von den 70. Uberſe-
tzern, in Griechiſch, nach welcher beydes zu Rom und Londen gedruckt
worden: Die Apoſtel-Geſchichte in Griechiſch, mit guͤldenen Buchſtaben:
Das Evangelium, welches Chryſoſtomus mit eigner Hand geſchrieben:
Eine Hebraͤiſche Bibel auf pergamentene Blaͤtter geſchrieben, da ſich eins
auf das andre ſchickt, aufgewickelt: (daher kommt das Wort Volumen fuͤr
ein Buch.) Ein klein Buch von Baum-Rinden, daher kommt das Wort
Folium fuͤr ein Blat: Ein alt Roͤmiſch Tafel-Buch von Holtz, darauf die
Roͤmer mit einem ſpitzigen Griffel geſchrieben: Ein Chineſiſch Buch, alles
hieroglyphice geſchrieben, und in Falten gelegt: Ein alter Virgilius, mehr
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und Puncta; dieſes ſoll Virgilius mit eigner Hand geſchrieben haben: Allein
die Characteres gleichen bey nahe den Gothiſchen, welches voriges Alter-
thum zweifelhafft macht. Vid Miſſon Voyage d’ Italie p. 2. 27. Ein andrer
Virgilius: Ein alt Buch, worin einige Predigten ſtehen, auf deſſen Rand
Thom. von Acquin mit eigner Hand einige Anmerckungen geſchrieben: Ein
alter Terentius, vor 1200. Jahren geſchrieben; Politianus hat inwendig auf
den Deckel geſchrieben, daß dieſes der aͤlteſte, den er ſein Lebtag geſehen: Ba-
ronii Annales
mit eigner Hand geſchrieben: Die rare Quotationes aus den
Alt-Vaͤtern mit groſſem Fleiß und Muͤhe zuſammen getragen durch den Car-
dinal Sirleto
zur Zeit des Tridentiniſchen Concilii. Dieſe Quotationes
beſtehen in 6. Voluminibus in fol. Weiter ſiehet man apart des Her-
tzogs von
Urbin Bibliothec, welche er in dieſe Vaticaniſche verehret hat,
darinnen viele rare MSS. auf Pergament und mit Miniatur-Gemaͤhlden ge-
zieret, ſonderlich ein gewiſſes Buch, auf deſſen Rande alle Inſecta Naturæ
durch ſonderbaren Fleiß mit ihren lebendigen Farben gemahlet ſind. Ge-
gen dieſer uͤber ſtehet auch in demſelben Gemach die beruͤhmte Heidelbergi-
ſche
Bibliothec, welche Rudolphus Agricola mit Huͤlffe und Vorſchub des Bi-
ſchofs zu Worms in dieſer Stadt zwar angelegt, doch aber leider! in dem
dieſer guten Stadt, ja der gantzen Pfaltz und Teutſchland, fatalen Jahr
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[88/0116] Von Muſeis I. Theil che, deſſen Gewoͤlbe mit viereckten Seulen unterſtuͤtzt iſt. An der Wand zur rechten Hand ſind die allgemeinen Concilia in Freſco gemahlet. Zur lincken aber ſiehet man die Contrefaits der Erfinder und Befoͤrderer der Ge- lehrſamkeit. Jn der Mitte derſelben findet man die Bibel auf einem herr- lichen Thron liegen, und mit der Præcedenz obſerirt, wie in den Kirchen- Hiſtorien, wo etwas merckliches geſchehen. Die vornehmſten unter den Buͤchern ſind etwan dieſe: Eine groſſe Hebraͤiſche Bibel, die ein Mann al- lein aufzuheben nicht wohl vermag: Eine alte Copey von den 70. Uberſe- tzern, in Griechiſch, nach welcher beydes zu Rom und Londen gedruckt worden: Die Apoſtel-Geſchichte in Griechiſch, mit guͤldenen Buchſtaben: Das Evangelium, welches Chryſoſtomus mit eigner Hand geſchrieben: Eine Hebraͤiſche Bibel auf pergamentene Blaͤtter geſchrieben, da ſich eins auf das andre ſchickt, aufgewickelt: (daher kommt das Wort Volumen fuͤr ein Buch.) Ein klein Buch von Baum-Rinden, daher kommt das Wort Folium fuͤr ein Blat: Ein alt Roͤmiſch Tafel-Buch von Holtz, darauf die Roͤmer mit einem ſpitzigen Griffel geſchrieben: Ein Chineſiſch Buch, alles hieroglyphice geſchrieben, und in Falten gelegt: Ein alter Virgilius, mehr breit als lang, in Quarto, mit groſſen Buchſtaben, ohne einige Diſtinction und Puncta; dieſes ſoll Virgilius mit eigner Hand geſchrieben haben: Allein die Characteres gleichen bey nahe den Gothiſchen, welches voriges Alter- thum zweifelhafft macht. Vid Miſſon Voyage d’ Italie p. 2. 27. Ein andrer Virgilius: Ein alt Buch, worin einige Predigten ſtehen, auf deſſen Rand Thom. von Acquin mit eigner Hand einige Anmerckungen geſchrieben: Ein alter Terentius, vor 1200. Jahren geſchrieben; Politianus hat inwendig auf den Deckel geſchrieben, daß dieſes der aͤlteſte, den er ſein Lebtag geſehen: Ba- ronii Annales mit eigner Hand geſchrieben: Die rare Quotationes aus den Alt-Vaͤtern mit groſſem Fleiß und Muͤhe zuſammen getragen durch den Car- dinal Sirleto zur Zeit des Tridentiniſchen Concilii. Dieſe Quotationes beſtehen in 6. Voluminibus in fol. Weiter ſiehet man apart des Her- tzogs von Urbin Bibliothec, welche er in dieſe Vaticaniſche verehret hat, darinnen viele rare MSS. auf Pergament und mit Miniatur-Gemaͤhlden ge- zieret, ſonderlich ein gewiſſes Buch, auf deſſen Rande alle Inſecta Naturæ durch ſonderbaren Fleiß mit ihren lebendigen Farben gemahlet ſind. Ge- gen dieſer uͤber ſtehet auch in demſelben Gemach die beruͤhmte Heidelbergi- ſche Bibliothec, welche Rudolphus Agricola mit Huͤlffe und Vorſchub des Bi- ſchofs zu Worms in dieſer Stadt zwar angelegt, doch aber leider! in dem dieſer guten Stadt, ja der gantzen Pfaltz und Teutſchland, fatalen Jahr 1622. mit mehr denn 100. beladenen Maulthieren der Hertzog von Bayern

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/116>, abgerufen am 21.11.2024.