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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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Das V. Capitel.
Bayern an den Pabst zu Rom in dieses Vaticanum verehrt. Am aller-
meisten aber sind hier zu betrachten die vortreffliche MScta in Griechischer,
Hebräischer und Lateinischer Sprache; insonderheit eine Hebräische Bibel
auf Pergament geschrieben, an welcher die majestätischen Büchstaben und
Alter der Schrifft, wie auch die gantze Gestalt überaus herrlich zu sehen ist.
Als der Churfürst Fridericus III. dieses Buch einst etlichen Juden zeigte, ha-
ben sie es angesehen, als wenns vom Himmel gesandt wäre, sie sind auf ihre
Knie niedergefallen, und habens gantz demüthig geküßt, ja fast angebetet,
und dem Churfürsten eine grosse Summe Geldes dafür, aber vergebens, ge-
boten: Junius und Tremellius haben sich dieser Bibel in ihrer Version mit son-
derbarem Nutzen bedienet; Schade, daß die vordersten Blätter dran etwas
zerstümmelt sind. Das Reiß- oder Zeichen-Buch gedachten Churfürstens
Friderici zeiget man hier unter diesen Büchern auch noch. Jn dem grossen
Saal dieser Bibliothec ist eine eiserne Thüre, wodurch man zu dem Gemach
gehet, worinn die Register der Kirchen zu Rom verwahret werden. End-
lich siehet man noch in dieser Vaticanischen Bibliothec unterschiedliche
Briefe von hohen Personen mit eignen Händen geschrieben: Als Caroli Bor-
romaei
an Cardinal Sirletto: Von der Königin Maria in Engeland,
Königs Philippi II. in Spanien Eh-Gemahlin: Von Francisco I. in
Franckreich:
Von Margaretha de Parma, welche Flandern regieret hat:
Von dem Praesidenten Vargos, einem Spanier und grossen Staats-Mann
in Flandern, so aber kein guter Lateiner gewesen, wie leicht aus seiner Ant-
wort an die Doctores zu Löwen, (die ihn um ihre Privilegia Lateinisch
angeredet hatten,) zu ersehen, wenn er sagt: Non curamus vestros Privile-
gios. Mali fraxerunt templa, boni nihil faxerunt contra: Ergo debent
omnes patibulari.
Die Termini und Worte seynd solche rauhe Don-
nerschläge in den Ohren der beredten Oratorum, daß etliche sich hätten lie-
ber hängen lassen, als solch bös Latein verdauen können. Ehe ich aber noch aus
der Bibliothec gehe, will ich nicht vergessen das Bild Hyppoliti, Bischoffs von
Portia, der 1400. Jahr vorher gelebt, und nächst der Thür auf einem schönen
Stein allhier sitzet, worauf in Griechischen Buchstaben geschrieben stehet,
der alte Canon Paschalis, worüber Scaliger und andre ihre Meynung ge-
schrieben. Jst ein curieuses Stück einer gelehrten Antiquität, und wohl
werth, daß mans besehe. Vor einigen Jahren hat der hochgelahrte Holste-
nius
,
ein gebohrner Hamburger, dieser Welt-berühmten Vaticanischen Bi-
bliothec
mit Ruhm vorgestanden: Wobey Rom erkennen mag, daß aus-
ser den Jtalienern und andern sich klugdünckenden Nationen auch unser
Teutschland, und Hamburg insonderheit, eben wol noch kluge und Grund-

ge-
M

Das V. Capitel.
Bayern an den Pabſt zu Rom in dieſes Vaticanum verehrt. Am aller-
meiſten aber ſind hier zu betrachten die vortreffliche MScta in Griechiſcher,
Hebraͤiſcher und Lateiniſcher Sprache; inſonderheit eine Hebraͤiſche Bibel
auf Pergament geſchrieben, an welcher die majeſtaͤtiſchen Buͤchſtaben und
Alter der Schrifft, wie auch die gantze Geſtalt uͤberaus herrlich zu ſehen iſt.
Als der Churfuͤrſt Fridericus III. dieſes Buch einſt etlichen Juden zeigte, ha-
ben ſie es angeſehen, als wenns vom Himmel geſandt waͤre, ſie ſind auf ihre
Knie niedergefallen, und habens gantz demuͤthig gekuͤßt, ja faſt angebetet,
und dem Churfuͤrſten eine groſſe Summe Geldes dafuͤr, aber vergebens, ge-
boten: Junius und Tremellius haben ſich dieſer Bibel in ihrer Verſion mit ſon-
derbarem Nutzen bedienet; Schade, daß die vorderſten Blaͤtter dran etwas
zerſtuͤmmelt ſind. Das Reiß- oder Zeichen-Buch gedachten Churfuͤrſtens
Friderici zeiget man hier unter dieſen Buͤchern auch noch. Jn dem groſſen
Saal dieſer Bibliothec iſt eine eiſerne Thuͤre, wodurch man zu dem Gemach
gehet, worinn die Regiſter der Kirchen zu Rom verwahret werden. End-
lich ſiehet man noch in dieſer Vaticaniſchen Bibliothec unterſchiedliche
Briefe von hohen Perſonen mit eignen Haͤnden geſchrieben: Als Caroli Bor-
romæi
an Cardinal Sirletto: Von der Koͤnigin Maria in Engeland,
Koͤnigs Philippi II. in Spanien Eh-Gemahlin: Von Franciſco I. in
Franckreich:
Von Margaretha de Parma, welche Flandern regieret hat:
Von dem Præſidenten Vargos, einem Spanier und groſſen Staats-Mann
in Flandern, ſo aber kein guter Lateiner geweſen, wie leicht aus ſeiner Ant-
wort an die Doctores zu Loͤwen, (die ihn um ihre Privilegia Lateiniſch
angeredet hatten,) zu erſehen, wenn er ſagt: Non curamus veſtros Privile-
gios. Mali fraxerunt templa, boni nihil faxerunt contra: Ergo debent
omnes patibulari.
Die Termini und Worte ſeynd ſolche rauhe Don-
nerſchlaͤge in den Ohren der beredten Oratorum, daß etliche ſich haͤtten lie-
ber haͤngen laſſen, als ſolch boͤs Latein verdauen koͤnnen. Ehe ich aber noch aus
der Bibliothec gehe, will ich nicht vergeſſen das Bild Hyppoliti, Biſchoffs von
Portia, der 1400. Jahr vorher gelebt, und naͤchſt der Thuͤr auf einem ſchoͤnen
Stein allhier ſitzet, worauf in Griechiſchen Buchſtaben geſchrieben ſtehet,
der alte Canon Paſchalis, woruͤber Scaliger und andre ihre Meynung ge-
ſchrieben. Jſt ein curieuſes Stuͤck einer gelehrten Antiquität, und wohl
werth, daß mans beſehe. Vor einigen Jahren hat der hochgelahrte Holſte-
nius
,
ein gebohrner Hamburger, dieſer Welt-beruͤhmten Vaticaniſchen Bi-
bliothec
mit Ruhm vorgeſtanden: Wobey Rom erkennen mag, daß auſ-
ſer den Jtalienern und andern ſich klugduͤnckenden Nationen auch unſer
Teutſchland, und Hamburg inſonderheit, eben wol noch kluge und Grund-

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[89/0117] Das V. Capitel. Bayern an den Pabſt zu Rom in dieſes Vaticanum verehrt. Am aller- meiſten aber ſind hier zu betrachten die vortreffliche MScta in Griechiſcher, Hebraͤiſcher und Lateiniſcher Sprache; inſonderheit eine Hebraͤiſche Bibel auf Pergament geſchrieben, an welcher die majeſtaͤtiſchen Buͤchſtaben und Alter der Schrifft, wie auch die gantze Geſtalt uͤberaus herrlich zu ſehen iſt. Als der Churfuͤrſt Fridericus III. dieſes Buch einſt etlichen Juden zeigte, ha- ben ſie es angeſehen, als wenns vom Himmel geſandt waͤre, ſie ſind auf ihre Knie niedergefallen, und habens gantz demuͤthig gekuͤßt, ja faſt angebetet, und dem Churfuͤrſten eine groſſe Summe Geldes dafuͤr, aber vergebens, ge- boten: Junius und Tremellius haben ſich dieſer Bibel in ihrer Verſion mit ſon- derbarem Nutzen bedienet; Schade, daß die vorderſten Blaͤtter dran etwas zerſtuͤmmelt ſind. Das Reiß- oder Zeichen-Buch gedachten Churfuͤrſtens Friderici zeiget man hier unter dieſen Buͤchern auch noch. Jn dem groſſen Saal dieſer Bibliothec iſt eine eiſerne Thuͤre, wodurch man zu dem Gemach gehet, worinn die Regiſter der Kirchen zu Rom verwahret werden. End- lich ſiehet man noch in dieſer Vaticaniſchen Bibliothec unterſchiedliche Briefe von hohen Perſonen mit eignen Haͤnden geſchrieben: Als Caroli Bor- romæi an Cardinal Sirletto: Von der Koͤnigin Maria in Engeland, Koͤnigs Philippi II. in Spanien Eh-Gemahlin: Von Franciſco I. in Franckreich: Von Margaretha de Parma, welche Flandern regieret hat: Von dem Præſidenten Vargos, einem Spanier und groſſen Staats-Mann in Flandern, ſo aber kein guter Lateiner geweſen, wie leicht aus ſeiner Ant- wort an die Doctores zu Loͤwen, (die ihn um ihre Privilegia Lateiniſch angeredet hatten,) zu erſehen, wenn er ſagt: Non curamus veſtros Privile- gios. Mali fraxerunt templa, boni nihil faxerunt contra: Ergo debent omnes patibulari. Die Termini und Worte ſeynd ſolche rauhe Don- nerſchlaͤge in den Ohren der beredten Oratorum, daß etliche ſich haͤtten lie- ber haͤngen laſſen, als ſolch boͤs Latein verdauen koͤnnen. Ehe ich aber noch aus der Bibliothec gehe, will ich nicht vergeſſen das Bild Hyppoliti, Biſchoffs von Portia, der 1400. Jahr vorher gelebt, und naͤchſt der Thuͤr auf einem ſchoͤnen Stein allhier ſitzet, worauf in Griechiſchen Buchſtaben geſchrieben ſtehet, der alte Canon Paſchalis, woruͤber Scaliger und andre ihre Meynung ge- ſchrieben. Jſt ein curieuſes Stuͤck einer gelehrten Antiquität, und wohl werth, daß mans beſehe. Vor einigen Jahren hat der hochgelahrte Holſte- nius, ein gebohrner Hamburger, dieſer Welt-beruͤhmten Vaticaniſchen Bi- bliothec mit Ruhm vorgeſtanden: Wobey Rom erkennen mag, daß auſ- ſer den Jtalienern und andern ſich klugduͤnckenden Nationen auch unſer Teutſchland, und Hamburg inſonderheit, eben wol noch kluge und Grund- ge- M

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/117>, abgerufen am 24.11.2024.