Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.III. Theil von Bibliothequen. Bibliothequen nicht wehren, sondern die Besuchung derselben hertzlich gernverstatten; so erforderlich ist auch an Seiten derer, die solche besuchen, eine glei- che Dienstfertigkeit und Höflichkeit, und sonderlich, daß sie weder mit besu- delten, noch vielweniger klebenden Händen versehen find. Ubrigens macher eine grosse Bücher-Menge nicht allemal eine schöne Bibliothec, sondern eine auserlesene Anzahl, die auch nur klein, übertrifft offt eine ungeheure Menge und weitläufftigen Raum: Philippus Melanchtbon, Renatus Cartesius und ande- re mehr waren gelehrte Männer, obwol dieses letztern Bibliothec nur in dem einigen Euclide, und des erstern in der Bibel, dem Plinio, Aristotele, Plutarcho und Ptolemaeo bestanden haben soll. Allein weil zur Ausarbeitung wichtiger und grosser Wercke, wie nicht weniger zur Gemüths-ergötzlichen Verände- rung, mehr als ein oder fünff Bücher vonnöthen sind, also ist die Sammlung eines Bücher-Schatzes so nöthig als nützlich. Dieses hat nun grosse Her- ren und Fürsten von langer Zeit her bewogen, sowol zu Erhaltung der Ge- lehrsamkeit, als zum gemeinen Nutz ihrer Städte und Länder Bibliothe- quen, nicht sowol zur schönen Zierde eines Landes oder Stadt, als auch vor- nemlich zum gemeinen Besten und Nutzen der Einwohner aufzurichten. Anitzo ist mein Vorhaben, die vornehmsten Bibliothequen der gantzen Welt mit wenigem und kürtzlich anzuführen. Der Leser darff sich keine weitläuff- tige Beschreibung davon vorstellen, zumaln dieses weder die Enge des Raums zulassen, noch gegenwärtige Feder zu leisten sich getrauen würde; derowegen solches der Gelehrsamkeit weit-gelehrter Männer überlassen wird. Gegenwärtiges soll nur bloß die Namen derjenigen Oerter, wo Bi- bliothequen, desgleichen was hauptsächlich in einigen zu remarquiren, an- zeigen, und wie ich bey Anführung der Kunst-und Natur-Kammern mich einer Alphabetischen Ordnung bedienet, also werde ich auch allhier die Bi- bliothequen gleicher Gestalt darstellen, um eines weitläufftigen Nachsin- nens überhoben zu seyn. Wir schliessen hiemit diese kurtze Einleitung, nach- dem wir über den Eingang unsrer Bibliothequen nachfolgende Invitation gelesen: Die Königreiche selbst kanst du, mein Freund, hier sehen, Was in dem grossen Rund der gantzen Welt geschehen. Hier ist der Sinnen Sitz, die Ruhe wohnet hier, Ja aus der gantzen Welt die Pallas, glaube mir, Erwählt dis zum Pallast! Wer Freyheit sonst will kennen, Und was man wahre Luft mit rechtem Fug mag nennen, Der trete nur herein! Die Todten sind beseelt, Und reden allezeit, und die so nicht mehr quält Des
III. Theil von Bibliothequen. Bibliothequen nicht wehren, ſondern die Beſuchung derſelben hertzlich gernverſtatten; ſo erforderlich iſt auch an Seiten derer, die ſolche beſuchen, eine glei- che Dienſtfertigkeit und Hoͤflichkeit, und ſonderlich, daß ſie weder mit beſu- delten, noch vielweniger klebenden Haͤnden verſehen find. Ubrigens macher eine groſſe Buͤcher-Menge nicht allemal eine ſchoͤne Bibliothec, ſondern eine auserleſene Anzahl, die auch nur klein, uͤbertrifft offt eine ungeheure Menge und weitlaͤufftigen Raum: Philippus Melanchtbon, Renatus Carteſius und ande- re mehr waren gelehrte Maͤnner, obwol dieſes letztern Bibliothec nur in dem einigen Euclide, und des erſtern in der Bibel, dem Plinio, Ariſtotele, Plutarcho und Ptolemæo beſtanden haben ſoll. Allein weil zur Ausarbeitung wichtiger und groſſer Wercke, wie nicht weniger zur Gemuͤths-ergoͤtzlichen Veraͤnde- rung, mehr als ein oder fuͤnff Buͤcher vonnoͤthen ſind, alſo iſt die Sammlung eines Buͤcher-Schatzes ſo noͤthig als nuͤtzlich. Dieſes hat nun groſſe Her- ren und Fuͤrſten von langer Zeit her bewogen, ſowol zu Erhaltung der Ge- lehrſamkeit, als zum gemeinen Nutz ihrer Staͤdte und Laͤnder Bibliothe- quen, nicht ſowol zur ſchoͤnen Zierde eines Landes oder Stadt, als auch vor- nemlich zum gemeinen Beſten und Nutzen der Einwohner aufzurichten. Anitzo iſt mein Vorhaben, die vornehmſten Bibliothequen der gantzen Welt mit wenigem und kuͤrtzlich anzufuͤhren. Der Leſer darff ſich keine weitlaͤuff- tige Beſchreibung davon vorſtellen, zumaln dieſes weder die Enge des Raums zulaſſen, noch gegenwaͤrtige Feder zu leiſten ſich getrauen wuͤrde; derowegen ſolches der Gelehrſamkeit weit-gelehrter Maͤnner uͤberlaſſen wird. Gegenwaͤrtiges ſoll nur bloß die Namen derjenigen Oerter, wo Bi- bliothequen, desgleichen was hauptſaͤchlich in einigen zu remarquiren, an- zeigen, und wie ich bey Anfuͤhrung der Kunſt-und Natur-Kammern mich einer Alphabetiſchen Ordnung bedienet, alſo werde ich auch allhier die Bi- bliothequen gleicher Geſtalt darſtellen, um eines weitlaͤufftigen Nachſin- nens uͤberhoben zu ſeyn. Wir ſchlieſſen hiemit dieſe kurtze Einleitung, nach- dem wir uͤber den Eingang unſrer Bibliothequen nachfolgende Invitation geleſen: Die Koͤnigreiche ſelbſt kanſt du, mein Freund, hier ſehen, Was in dem groſſen Rund der gantzen Welt geſchehen. Hier iſt der Sinnen Sitz, die Ruhe wohnet hier, Ja aus der gantzen Welt die Pallas, glaube mir, Erwaͤhlt dis zum Pallaſt! Wer Freyheit ſonſt will kennen, Und was man wahre Luft mit rechtem Fug mag nennen, Der trete nur herein! Die Todten ſind beſeelt, Und reden allezeit, und die ſo nicht mehr quaͤlt Des
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III. Theil von Bibliothequen.
Bibliothequen nicht wehren, ſondern die Beſuchung derſelben hertzlich gern
verſtatten; ſo erforderlich iſt auch an Seiten derer, die ſolche beſuchen, eine glei-
che Dienſtfertigkeit und Hoͤflichkeit, und ſonderlich, daß ſie weder mit beſu-
delten, noch vielweniger klebenden Haͤnden verſehen find. Ubrigens macher
eine groſſe Buͤcher-Menge nicht allemal eine ſchoͤne Bibliothec, ſondern eine
auserleſene Anzahl, die auch nur klein, uͤbertrifft offt eine ungeheure Menge
und weitlaͤufftigen Raum: Philippus Melanchtbon, Renatus Carteſius und ande-
re mehr waren gelehrte Maͤnner, obwol dieſes letztern Bibliothec nur in dem
einigen Euclide, und des erſtern in der Bibel, dem Plinio, Ariſtotele, Plutarcho
und Ptolemæo beſtanden haben ſoll. Allein weil zur Ausarbeitung wichtiger
und groſſer Wercke, wie nicht weniger zur Gemuͤths-ergoͤtzlichen Veraͤnde-
rung, mehr als ein oder fuͤnff Buͤcher vonnoͤthen ſind, alſo iſt die Sammlung
eines Buͤcher-Schatzes ſo noͤthig als nuͤtzlich. Dieſes hat nun groſſe Her-
ren und Fuͤrſten von langer Zeit her bewogen, ſowol zu Erhaltung der Ge-
lehrſamkeit, als zum gemeinen Nutz ihrer Staͤdte und Laͤnder Bibliothe-
quen, nicht ſowol zur ſchoͤnen Zierde eines Landes oder Stadt, als auch vor-
nemlich zum gemeinen Beſten und Nutzen der Einwohner aufzurichten.
Anitzo iſt mein Vorhaben, die vornehmſten Bibliothequen der gantzen Welt
mit wenigem und kuͤrtzlich anzufuͤhren. Der Leſer darff ſich keine weitlaͤuff-
tige Beſchreibung davon vorſtellen, zumaln dieſes weder die Enge des
Raums zulaſſen, noch gegenwaͤrtige Feder zu leiſten ſich getrauen wuͤrde;
derowegen ſolches der Gelehrſamkeit weit-gelehrter Maͤnner uͤberlaſſen
wird. Gegenwaͤrtiges ſoll nur bloß die Namen derjenigen Oerter, wo Bi-
bliothequen, desgleichen was hauptſaͤchlich in einigen zu remarquiren, an-
zeigen, und wie ich bey Anfuͤhrung der Kunſt-und Natur-Kammern mich
einer Alphabetiſchen Ordnung bedienet, alſo werde ich auch allhier die Bi-
bliothequen gleicher Geſtalt darſtellen, um eines weitlaͤufftigen Nachſin-
nens uͤberhoben zu ſeyn. Wir ſchlieſſen hiemit dieſe kurtze Einleitung, nach-
dem wir uͤber den Eingang unſrer Bibliothequen nachfolgende Invitation
geleſen:
Die Koͤnigreiche ſelbſt kanſt du, mein Freund, hier ſehen,
Was in dem groſſen Rund der gantzen Welt geſchehen.
Hier iſt der Sinnen Sitz, die Ruhe wohnet hier,
Ja aus der gantzen Welt die Pallas, glaube mir,
Erwaͤhlt dis zum Pallaſt! Wer Freyheit ſonſt will kennen,
Und was man wahre Luft mit rechtem Fug mag nennen,
Der trete nur herein! Die Todten ſind beſeelt,
Und reden allezeit, und die ſo nicht mehr quaͤlt
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