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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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III. Theil von Bibliothequen.
und Laurentius Cremones, auf Ordre gemeldeten Pabsts und auf Anhalten
des Cardinals Zarleti, diese Wunder-Bibliotheque der Abyssinier (welche
sie in ihrer Sprache Assabraria nennen,) besuchet, und einen Indicem davon
wieder zurück gebracht, aus welchem zu sehen, daß diese für eine der schönsten
Bibliothequen in der gantzen Welt passiren mag. Ja sie machen auch sel-
ber davon grossen Estim. Wenn ein Kayser bey ihnen stirbet, so werden
die Schlüssel zu dieser Bibliotheque, mit allen übrigen Pretiosis und woran
ein grosses gelegen, am allerersten in gute Bewahrung gebracht. Deßglei-
chen ist auch die Ubergebung derselben an einen neuen Kayser wiederum ei-
nes mit unter denen vornehmsten Actibus: Eben als wenn sie im gantzen
Reich nichts höher achteten, als die Bücher; zumal die Mohren selber be-
kennen, daß sie nichts mehr verlangen, als daß ihre Fürsten die Majestät
und Kunst zu herrschen aus den Büchern erlernen solten. Auf der Kayser-
lichen Residentz siehet man in einem besondern Gemach viele Bücher, dar-
unter eine ziemliche Anzahl solcher, welche voller Figuren von allerhand
Thieren, welche in Egypten und andern umliegenden Ländern zu finden,
mit lebendiger Farbe gemahlet. Auf dem festen Berge

Amara

Soll eine Bibliotheque seyn, wozu die Königin von Saba den Grund
geleget. Hier werden auch verwahret die Bücher, welche Salomon die-
fer Königin bey ihrer Rückreise verehret, und hernach alle Jahr zugeschickt
hat; deßgleichen die Bücher, welche Enoch von den Elementen und andern
philosophischen Sachen; ingleichen das Buch, welches Noa von der
Mathematica und heiligen Ceremonien geschrieben; ferner Abrahams
Bücher, als er im Thal Mamre öffentlich Philosophiam gelehret; item
die Bücher von Hiob, Esdra, denen Propheten, Hohenpriestern und Si-
byllen, theils in gebundener, theils in ungebundener Rede geschrieben. Ja
man will gar hier noch zeigen die, welche die Königin von Saba und ihr
Sohn Melilech selber geschrieben etc. Zwar wollen viele diesem Berichte
der Abyssinier wegen solcher uralten Bücher keinen völligen Glauben geben:
Dem sey aber wie ihm wolle, so ist doch gewiß, daß in dieser Mohrischen
Bibliotheque überaus rare Bücher, und allein, wie Spitzelius aus Urreta
schreibet, über 1000000000. MScta zu finden seyn, welche alle auf weiß
Pergament geschrieben seyn, und in seidenen Futteralen verwahret liegen.
Der wohlbelesene Dapperus gedencket in seiner Beschreibung von Africa
auch einer Abyssinischen Bibliotheque in dem Königreich

Aba-

III. Theil von Bibliothequen.
und Laurentius Cremones, auf Ordre gemeldeten Pabſts und auf Anhalten
des Cardinals Zarleti, dieſe Wunder-Bibliotheque der Abyſſinier (welche
ſie in ihrer Sprache Aſſabraria nennen,) beſuchet, und einen Indicem davon
wieder zuruͤck gebracht, aus welchem zu ſehen, daß dieſe fuͤr eine der ſchoͤnſten
Bibliothequen in der gantzen Welt paſſiren mag. Ja ſie machen auch ſel-
ber davon groſſen Eſtim. Wenn ein Kayſer bey ihnen ſtirbet, ſo werden
die Schluͤſſel zu dieſer Bibliotheque, mit allen uͤbrigen Pretioſis und woran
ein groſſes gelegen, am allererſten in gute Bewahrung gebracht. Deßglei-
chen iſt auch die Ubergebung derſelben an einen neuen Kayſer wiederum ei-
nes mit unter denen vornehmſten Actibus: Eben als wenn ſie im gantzen
Reich nichts hoͤher achteten, als die Buͤcher; zumal die Mohren ſelber be-
kennen, daß ſie nichts mehr verlangen, als daß ihre Fuͤrſten die Majeſtaͤt
und Kunſt zu herrſchen aus den Buͤchern erlernen ſolten. Auf der Kayſer-
lichen Reſidentz ſiehet man in einem beſondern Gemach viele Buͤcher, dar-
unter eine ziemliche Anzahl ſolcher, welche voller Figuren von allerhand
Thieren, welche in Egypten und andern umliegenden Laͤndern zu finden,
mit lebendiger Farbe gemahlet. Auf dem feſten Berge

Amara

Soll eine Bibliotheque ſeyn, wozu die Koͤnigin von Saba den Grund
geleget. Hier werden auch verwahret die Buͤcher, welche Salomon die-
fer Koͤnigin bey ihrer Ruͤckreiſe verehret, und hernach alle Jahr zugeſchickt
hat; deßgleichen die Buͤcher, welche Enoch von den Elementen und andern
philoſophiſchen Sachen; ingleichen das Buch, welches Noa von der
Mathematica und heiligen Ceremonien geſchrieben; ferner Abrahams
Buͤcher, als er im Thal Mamre oͤffentlich Philoſophiam gelehret; item
die Buͤcher von Hiob, Esdra, denen Propheten, Hohenprieſtern und Si-
byllen, theils in gebundener, theils in ungebundener Rede geſchrieben. Ja
man will gar hier noch zeigen die, welche die Koͤnigin von Saba und ihr
Sohn Melilech ſelber geſchrieben ꝛc. Zwar wollen viele dieſem Berichte
der Abyſſinier wegen ſolcher uralten Buͤcher keinen voͤlligen Glauben geben:
Dem ſey aber wie ihm wolle, ſo iſt doch gewiß, daß in dieſer Mohriſchen
Bibliotheque uͤberaus rare Buͤcher, und allein, wie Spitzelius aus Urreta
ſchreibet, uͤber 1000000000. MScta zu finden ſeyn, welche alle auf weiß
Pergament geſchrieben ſeyn, und in ſeidenen Futteralen verwahret liegen.
Der wohlbeleſene Dapperus gedencket in ſeiner Beſchreibung von Africa
auch einer Abyſſiniſchen Bibliotheque in dem Koͤnigreich

Aba-
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[242/0270] III. Theil von Bibliothequen. und Laurentius Cremones, auf Ordre gemeldeten Pabſts und auf Anhalten des Cardinals Zarleti, dieſe Wunder-Bibliotheque der Abyſſinier (welche ſie in ihrer Sprache Aſſabraria nennen,) beſuchet, und einen Indicem davon wieder zuruͤck gebracht, aus welchem zu ſehen, daß dieſe fuͤr eine der ſchoͤnſten Bibliothequen in der gantzen Welt paſſiren mag. Ja ſie machen auch ſel- ber davon groſſen Eſtim. Wenn ein Kayſer bey ihnen ſtirbet, ſo werden die Schluͤſſel zu dieſer Bibliotheque, mit allen uͤbrigen Pretioſis und woran ein groſſes gelegen, am allererſten in gute Bewahrung gebracht. Deßglei- chen iſt auch die Ubergebung derſelben an einen neuen Kayſer wiederum ei- nes mit unter denen vornehmſten Actibus: Eben als wenn ſie im gantzen Reich nichts hoͤher achteten, als die Buͤcher; zumal die Mohren ſelber be- kennen, daß ſie nichts mehr verlangen, als daß ihre Fuͤrſten die Majeſtaͤt und Kunſt zu herrſchen aus den Buͤchern erlernen ſolten. Auf der Kayſer- lichen Reſidentz ſiehet man in einem beſondern Gemach viele Buͤcher, dar- unter eine ziemliche Anzahl ſolcher, welche voller Figuren von allerhand Thieren, welche in Egypten und andern umliegenden Laͤndern zu finden, mit lebendiger Farbe gemahlet. Auf dem feſten Berge Amara Soll eine Bibliotheque ſeyn, wozu die Koͤnigin von Saba den Grund geleget. Hier werden auch verwahret die Buͤcher, welche Salomon die- fer Koͤnigin bey ihrer Ruͤckreiſe verehret, und hernach alle Jahr zugeſchickt hat; deßgleichen die Buͤcher, welche Enoch von den Elementen und andern philoſophiſchen Sachen; ingleichen das Buch, welches Noa von der Mathematica und heiligen Ceremonien geſchrieben; ferner Abrahams Buͤcher, als er im Thal Mamre oͤffentlich Philoſophiam gelehret; item die Buͤcher von Hiob, Esdra, denen Propheten, Hohenprieſtern und Si- byllen, theils in gebundener, theils in ungebundener Rede geſchrieben. Ja man will gar hier noch zeigen die, welche die Koͤnigin von Saba und ihr Sohn Melilech ſelber geſchrieben ꝛc. Zwar wollen viele dieſem Berichte der Abyſſinier wegen ſolcher uralten Buͤcher keinen voͤlligen Glauben geben: Dem ſey aber wie ihm wolle, ſo iſt doch gewiß, daß in dieſer Mohriſchen Bibliotheque uͤberaus rare Buͤcher, und allein, wie Spitzelius aus Urreta ſchreibet, uͤber 1000000000. MScta zu finden ſeyn, welche alle auf weiß Pergament geſchrieben ſeyn, und in ſeidenen Futteralen verwahret liegen. Der wohlbeleſene Dapperus gedencket in ſeiner Beſchreibung von Africa auch einer Abyſſiniſchen Bibliotheque in dem Koͤnigreich Aba-

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/270>, abgerufen am 20.05.2024.