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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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Das III. Capitel.
wir aber von Gold, Silber, Edelgesteinen und dergleichen Schätzen genug
gehöret haben; so will ich mich um destoweniger hierbey aufhalten, und nur
bloß derer dabey befindlichen kostbaren Königlichen Lust-Gärte gedencken,
worinnen man eine so köstliche und grosse Orangerie findet, daß bloß die
Zahl der Pomerantz-Bäume sich auf 15000. erstrecken soll: Die übrigen
Bäume sind unzählig, und allein der Oel-Bäume 30000. Woraus leicht-
lich zu ermessen, daß dieser Königliche Garten mehr einem ungeheuren Wal-
de, als Garten müsse verglichen werden. Doch ist darinnen alles so wohl
und herrlich angerichtet, daß die Reise-Beschreibungen sehr viel Rühmens
davon machen. Happelius im II. Theil seiner Relat. giebet von diesem köst-
lichen Pallast einige Nachricht. Petrus de la Valle meldet von der grossen
Stadt Fez, daß darinnen eine Bibliothec befindlich, in welcher man über
2000. geschriebene Bücher siehet. Von der Barbarischen Raub-Stadt
Algier schreibt der Cardinal Ximenes: Wenn sich die Christen bemüheten Al-
gier
zu erobern, würden sie so viel Reichthum darinnen finden, daß sie genug
hätten, dadurch gantz Africam zu bezwingen. Wir würden noch viele 100.
curiöse Sachen finden, wenn wir die künstlichen und fast unbegreifflichen
Pyramiden oder Mumien-Gräber u. d. g. Seltsamkeiten betrachten wolten.
Allein da diese und dergleichen eben nicht zu unserer Materie gehören, so ver-
weise ich den geneigten Leser zu denen Reise-Beschreibungen; z. E. des de la
Valle, Dappers
und anderer, die in ziemlicher Anzahl die Africanische Denck-
würdigkeiten beschrieben. Ehe und bevor ich aber aus diesem III. Theile der
Welt nach Europam gehe, muß ich noch etwas gedencken von des Mr. Imber
in Tunis Raritäten-Cabinet. Ein gewisser gelehrter Jesuit, welcher unge-
fähr um das 1700. Jahr diese Barbarische Oerter, worinnen gleichwol hin
und wieder sich viele Christliche Nationen aufhalten, besuchet, beschreibet
dieses Cabinet also: Den 17. Jun. lude uns Mr. Imber zum Essen, (kurtz
vorher gedencket er, daß dieser ein Kauffmann von Marseille bürtig gewesen,)
und wiese uns hernach aus gutem Vertrauen seine Raritäten, so er an unter-
schiedenen Orten im Morgenlande sammlet, und vornemlich in curiösen Me-
daill
en bestand: Vor allen wunderte ich mich über eine Diane von Ertzt, ei-
nes Fusses hoch, in der Mitten der Schienbeine gestümmelt, in der Hand
eine Lampe haltend, welche zur Zeit der ihr gebrachten Opffer angezündet
wurde: Er versicherte uns, es sey die rechte, so in dem Tempel zu Epbeso ge-
standen, mit fernerem Zusatz, daß er zu Conflantinopel 1500. Pfund dafür
ausgeschlagen. Nachdem er unsere Curiosität vergnüget, wolte er auch
seine Großmuth sehen lassen, erbot uns alles Gezeigte zum Geschencke, so wir
iedoch anzunehmen geweigert: Doch nöthigte er uns einige Schau-Pfennige

nicht
C

Das III. Capitel.
wir aber von Gold, Silber, Edelgeſteinen und dergleichen Schaͤtzen genug
gehoͤret haben; ſo will ich mich um deſtoweniger hierbey aufhalten, und nur
bloß derer dabey befindlichen koſtbaren Koͤniglichen Luſt-Gaͤrte gedencken,
worinnen man eine ſo koͤſtliche und groſſe Orangerie findet, daß bloß die
Zahl der Pomerantz-Baͤume ſich auf 15000. erſtrecken ſoll: Die uͤbrigen
Baͤume ſind unzaͤhlig, und allein der Oel-Baͤume 30000. Woraus leicht-
lich zu ermeſſen, daß dieſer Koͤnigliche Garten mehr einem ungeheuren Wal-
de, als Garten muͤſſe verglichen werden. Doch iſt darinnen alles ſo wohl
und herrlich angerichtet, daß die Reiſe-Beſchreibungen ſehr viel Ruͤhmens
davon machen. Happelius im II. Theil ſeiner Relat. giebet von dieſem koͤſt-
lichen Pallaſt einige Nachricht. Petrus de la Valle meldet von der groſſen
Stadt Fez, daß darinnen eine Bibliothec befindlich, in welcher man uͤber
2000. geſchriebene Buͤcher ſiehet. Von der Barbariſchen Raub-Stadt
Algier ſchreibt der Cardinal Ximenes: Wenn ſich die Chriſten bemuͤheten Al-
gier
zu erobern, wuͤrden ſie ſo viel Reichthum darinnen finden, daß ſie genug
haͤtten, dadurch gantz Africam zu bezwingen. Wir wuͤrden noch viele 100.
curiöſe Sachen finden, wenn wir die kuͤnſtlichen und faſt unbegreifflichen
Pyramiden oder Mumien-Graͤber u. d. g. Seltſamkeiten betrachten wolten.
Allein da dieſe und dergleichen eben nicht zu unſerer Materie gehoͤren, ſo ver-
weiſe ich den geneigten Leſer zu denen Reiſe-Beſchreibungen; z. E. des de la
Valle, Dappers
und anderer, die in ziemlicher Anzahl die Africaniſche Denck-
wuͤrdigkeiten beſchrieben. Ehe und bevor ich aber aus dieſem III. Theile der
Welt nach Europam gehe, muß ich noch etwas gedencken von des Mr. Imber
in Tunis Raritaͤten-Cabinet. Ein gewiſſer gelehrter Jeſuit, welcher unge-
faͤhr um das 1700. Jahr dieſe Barbariſche Oerter, worinnen gleichwol hin
und wieder ſich viele Chriſtliche Nationen aufhalten, beſuchet, beſchreibet
dieſes Cabinet alſo: Den 17. Jun. lude uns Mr. Imber zum Eſſen, (kurtz
vorher gedencket er, daß dieſer ein Kauffmann von Marſeille buͤrtig geweſen,)
und wieſe uns hernach aus gutem Vertrauen ſeine Raritaͤten, ſo er an unter-
ſchiedenen Orten im Morgenlande ſammlet, und vornemlich in curiöſen Me-
daill
en beſtand: Vor allen wunderte ich mich uͤber eine Diane von Ertzt, ei-
nes Fuſſes hoch, in der Mitten der Schienbeine geſtuͤmmelt, in der Hand
eine Lampe haltend, welche zur Zeit der ihr gebrachten Opffer angezuͤndet
wurde: Er verſicherte uns, es ſey die rechte, ſo in dem Tempel zu Epbeſo ge-
ſtanden, mit fernerem Zuſatz, daß er zu Conflantinopel 1500. Pfund dafuͤr
ausgeſchlagen. Nachdem er unſere Curioſität vergnuͤget, wolte er auch
ſeine Großmuth ſehen laſſen, erbot uns alles Gezeigte zum Geſchencke, ſo wir
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[17/0045] Das III. Capitel. wir aber von Gold, Silber, Edelgeſteinen und dergleichen Schaͤtzen genug gehoͤret haben; ſo will ich mich um deſtoweniger hierbey aufhalten, und nur bloß derer dabey befindlichen koſtbaren Koͤniglichen Luſt-Gaͤrte gedencken, worinnen man eine ſo koͤſtliche und groſſe Orangerie findet, daß bloß die Zahl der Pomerantz-Baͤume ſich auf 15000. erſtrecken ſoll: Die uͤbrigen Baͤume ſind unzaͤhlig, und allein der Oel-Baͤume 30000. Woraus leicht- lich zu ermeſſen, daß dieſer Koͤnigliche Garten mehr einem ungeheuren Wal- de, als Garten muͤſſe verglichen werden. Doch iſt darinnen alles ſo wohl und herrlich angerichtet, daß die Reiſe-Beſchreibungen ſehr viel Ruͤhmens davon machen. Happelius im II. Theil ſeiner Relat. giebet von dieſem koͤſt- lichen Pallaſt einige Nachricht. Petrus de la Valle meldet von der groſſen Stadt Fez, daß darinnen eine Bibliothec befindlich, in welcher man uͤber 2000. geſchriebene Buͤcher ſiehet. Von der Barbariſchen Raub-Stadt Algier ſchreibt der Cardinal Ximenes: Wenn ſich die Chriſten bemuͤheten Al- gier zu erobern, wuͤrden ſie ſo viel Reichthum darinnen finden, daß ſie genug haͤtten, dadurch gantz Africam zu bezwingen. Wir wuͤrden noch viele 100. curiöſe Sachen finden, wenn wir die kuͤnſtlichen und faſt unbegreifflichen Pyramiden oder Mumien-Graͤber u. d. g. Seltſamkeiten betrachten wolten. Allein da dieſe und dergleichen eben nicht zu unſerer Materie gehoͤren, ſo ver- weiſe ich den geneigten Leſer zu denen Reiſe-Beſchreibungen; z. E. des de la Valle, Dappers und anderer, die in ziemlicher Anzahl die Africaniſche Denck- wuͤrdigkeiten beſchrieben. Ehe und bevor ich aber aus dieſem III. Theile der Welt nach Europam gehe, muß ich noch etwas gedencken von des Mr. Imber in Tunis Raritaͤten-Cabinet. Ein gewiſſer gelehrter Jeſuit, welcher unge- faͤhr um das 1700. Jahr dieſe Barbariſche Oerter, worinnen gleichwol hin und wieder ſich viele Chriſtliche Nationen aufhalten, beſuchet, beſchreibet dieſes Cabinet alſo: Den 17. Jun. lude uns Mr. Imber zum Eſſen, (kurtz vorher gedencket er, daß dieſer ein Kauffmann von Marſeille buͤrtig geweſen,) und wieſe uns hernach aus gutem Vertrauen ſeine Raritaͤten, ſo er an unter- ſchiedenen Orten im Morgenlande ſammlet, und vornemlich in curiöſen Me- daillen beſtand: Vor allen wunderte ich mich uͤber eine Diane von Ertzt, ei- nes Fuſſes hoch, in der Mitten der Schienbeine geſtuͤmmelt, in der Hand eine Lampe haltend, welche zur Zeit der ihr gebrachten Opffer angezuͤndet wurde: Er verſicherte uns, es ſey die rechte, ſo in dem Tempel zu Epbeſo ge- ſtanden, mit fernerem Zuſatz, daß er zu Conflantinopel 1500. Pfund dafuͤr ausgeſchlagen. Nachdem er unſere Curioſität vergnuͤget, wolte er auch ſeine Großmuth ſehen laſſen, erbot uns alles Gezeigte zum Geſchencke, ſo wir iedoch anzunehmen geweigert: Doch noͤthigte er uns einige Schau-Pfennige nicht C

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/45>, abgerufen am 21.11.2024.