Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.von Museis insgemein. mutter ausgelegter Becher stehet, denn siehet man einen Fuß hohes Glas miteinem ausländischen Thier oder Vogel in Sp. vini, bey demselbigen liegt ein Stück Minera oder Berg-Art, endlich kommt wieder ein von rothem Corall gedrehter Löwe, und so fort an. Oben über solchen hängen unterschiedliche Schnecken-Häuser, Crystallene Kugeln etc. dis läst artig bunt, aber es reimt sich eines bey dem andern eben so gut als Dinte in Milch. Andere machens nach ihrem Bedüncken ordentlich genug, wenn sie al- Jch muß aber auch noch eine inventieuse Raritäten-Kam- Erde. H h h
von Muſeis insgemein. mutter ausgelegter Becher ſtehet, denn ſiehet man einen Fuß hohes Glas miteinem auslaͤndiſchen Thier oder Vogel in Sp. vini, bey demſelbigen liegt ein Stuͤck Minera oder Berg-Art, endlich kommt wieder ein von rothem Corall gedrehter Loͤwe, und ſo fort an. Oben uͤber ſolchen haͤngen unterſchiedliche Schnecken-Haͤuſer, Cryſtallene Kugeln ꝛc. dis laͤſt artig bunt, aber es reimt ſich eines bey dem andern eben ſo gut als Dinte in Milch. Andere machens nach ihrem Beduͤncken ordentlich genug, wenn ſie al- Jch muß aber auch noch eine inventieuſe Raritaͤten-Kam- Erde. H h h
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von Muſeis insgemein.
mutter ausgelegter Becher ſtehet, denn ſiehet man einen Fuß hohes Glas mit
einem auslaͤndiſchen Thier oder Vogel in Sp. vini, bey demſelbigen liegt ein
Stuͤck Minera oder Berg-Art, endlich kommt wieder ein von rothem Corall
gedrehter Loͤwe, und ſo fort an. Oben uͤber ſolchen haͤngen unterſchiedliche
Schnecken-Haͤuſer, Cryſtallene Kugeln ꝛc. dis laͤſt artig bunt, aber es reimt
ſich eines bey dem andern eben ſo gut als Dinte in Milch.
Andere machens nach ihrem Beduͤncken ordentlich genug, wenn ſie al-
les in ihren Cabinettern Staffel-weis oder nach Orgel-Pfeiffen-Manier le-
gen, uñ ſetzen; vor ſolchen machen ſie glaͤſerne Fenſter, davon das Bley verguͤl-
det, das gantze Cabinet aber iſt von Nußbaum-Holtz, inwendig roth ange-
mahlet, oben drauf ſtehen an beyden Enden zwey Strauß-Eyer, in der Mitte
etwa ein See-Gewaͤchs, rund umher aber etliche Mineræ oder Schnecken;
und Wunder, was iſt dieſes denn nicht fuͤr ein koͤſtliches und ſchoͤn angeord-
netes Cabinet?
Jch muß aber auch noch eine inventieuſe Raritaͤten-Kam-
mer beſchreiben, welche allhier ein gewiſſer Haus-Wirth hat, den ich
eben bey Namen nicht nennen will, aber doch bekandt genug ſeyn wird, wenn
ich ſage, daß er zwiſchen dem Damm-und Muͤller-Thore wohnhafft.
Dieſer Mann wohnet im Labyrinth, und ſeine Raritaͤten-Kammer ſtellet
auch ein vollkommnes Labyrinth dar. Er hatte nemlich ein Gemach vor
einiger Zeit in ſeinem Hauſe, rund umher war in demſelben ein Bord, wie
wirs nennen, darauf ſtund ungefaͤhr eine Otter, ein Adler, ein Rabe, ein
Engliſcher Han, eine Groͤnlaͤndiſche Taube, kleine Papagoyen ꝛc. alle aus-
geſtopfft. Zwiſchen ſolchen ſtunden hin und wieder, ein Glas mit Schlan-
gen, mit Schild-Kroͤten-Eyer, Scorpionen und anderen Inſectis; an ſol-
chem Bord hingen umher ein kleiner Schwert-Fiſch, andre Arten kleine auf-
getrucknete Fiſche, item etliche Schild-Kroͤten-Gehaͤuſe ꝛc. unten auf der Er-
de ſtand auf einem Block ein Crocodill, und ein hoͤltzern Pferd mit ſeinem
Reuter, oben hingen vom Boden an langen Faden herunter zwey Strauß-
Eyer, ein Paradis-Vogel, einige Fiſche ꝛc. in der Mitte des Gemachs aber
ſtand ein hoͤltzernes Huͤner-Bauer mit einem lebendigen Vogel, der Koͤnig
von Wauwau heiſſen ſolte. Dabey waren auch noch auf einem Stock zu
ſehen zwey lebendige Jndianiſche Raben. Und dieſes iſt der ſummariſche
Jnnhalt und Ordnung ohngefaͤhr dieſer ſeltſamen Raritaͤten-Kammer. Aber
ſie wird noch viel ſeltſamer lauten, wenn ich ſie in ihrem itzigen Zuſtand be-
ſchreibe. Es hat nemlich der Beſitzer derſelbigen in ſeinem Hofe einen
Stall aufbauen laſſen, von rauhen Dielen, die weder behobelt noch ange-
mahlet ſind. Auf dem Boden ſiehet man kein Pflaſter, ſondern die Garten-
Erde.
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