Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.IV. Theil Anmerckungen Erde. Fenster sind darinnen nicht, sondern der Tag, der durch die Ritzen unddurch das kleine Fenster, welches über der Thür ist, hinein fällt, gibt mit ge- nauer Noth zu erkennen, daß keine Pferde oder Ochsen, sondern kleine Thiere darinn zu sehen. Die Disposition dieses Raritäten-Stalles ist ungefähr der obigen gleich, doch ist dieses dabey noch zu observiren, daß oben noch ein Loch, worinnen ein lebendiger Affe sitzet. Wenn diesem Affen nun etwan diese Raritäten, welche ehedem an sich eben nicht zu verachten waren, gehör- ten, und er dieselbige Disposition darinn gemacht hätte, so wäre es demsel- ben eben so groß nicht zu verdencken, weil er ein Affe, und daher seine Dispo- sition auch nur äffisch wäre. Aber kürtzlich hievon zu reden, die Raritäten in diesem Stalle sind innerhalb Jahres-Frist in einen solchen elenden Zu- stand gerathen, daß die Vögel so berupfft anzusehen, als wenn sie sich mit einander herum gebissen, die ausgestopfften Thiere sind fast mehren theils alle verrottet, und in Summa die leicht begreiffliche Feuchte der Erden hat alle Sachen mit solchem Dunst und Schimmel überzogen, daß diese Rari- täten nicht anders aussehen, als wenn sie über Jahr und Tag unterm Mist vergraben gewesen wären. Man glaube mir aber sicherlich, daß es mehr dergleichen seltsame Ra- V. Welche Personen Raritäten-Behältnisse im Besitz haben können? Darauf wird geantwortet: Uberhaupt alle Philosophische Gemü- mene
IV. Theil Anmerckungen Erde. Fenſter ſind darinnen nicht, ſondern der Tag, der durch die Ritzen unddurch das kleine Fenſter, welches uͤber der Thuͤr iſt, hinein faͤllt, gibt mit ge- nauer Noth zu erkennen, daß keine Pferde oder Ochſen, ſondern kleine Thiere darinn zu ſehen. Die Diſpoſition dieſes Raritaͤten-Stalles iſt ungefaͤhr der obigen gleich, doch iſt dieſes dabey noch zu obſerviren, daß oben noch ein Loch, worinnen ein lebendiger Affe ſitzet. Wenn dieſem Affen nun etwan dieſe Raritaͤten, welche ehedem an ſich eben nicht zu verachten waren, gehoͤr- ten, und er dieſelbige Diſpoſition darinn gemacht haͤtte, ſo waͤre es demſel- ben eben ſo groß nicht zu verdencken, weil er ein Affe, und daher ſeine Diſpo- ſition auch nur aͤffiſch waͤre. Aber kuͤrtzlich hievon zu reden, die Raritaͤten in dieſem Stalle ſind innerhalb Jahres-Friſt in einen ſolchen elenden Zu- ſtand gerathen, daß die Voͤgel ſo berupfft anzuſehen, als wenn ſie ſich mit einander herum gebiſſen, die ausgeſtopfften Thiere ſind faſt mehren theils alle verrottet, und in Summa die leicht begreiffliche Feuchte der Erden hat alle Sachen mit ſolchem Dunſt und Schimmel uͤberzogen, daß dieſe Rari- taͤten nicht anders ausſehen, als wenn ſie uͤber Jahr und Tag unterm Miſt vergraben geweſen waͤren. Man glaube mir aber ſicherlich, daß es mehr dergleichen ſeltſame Ra- V. Welche Perſonen Raritaͤten-Behaͤltniſſe im Beſitz haben koͤnnen? Darauf wird geantwortet: Uberhaupt alle Philoſophiſche Gemuͤ- mene
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IV. Theil Anmerckungen
Erde. Fenſter ſind darinnen nicht, ſondern der Tag, der durch die Ritzen und
durch das kleine Fenſter, welches uͤber der Thuͤr iſt, hinein faͤllt, gibt mit ge-
nauer Noth zu erkennen, daß keine Pferde oder Ochſen, ſondern kleine Thiere
darinn zu ſehen. Die Diſpoſition dieſes Raritaͤten-Stalles iſt ungefaͤhr
der obigen gleich, doch iſt dieſes dabey noch zu obſerviren, daß oben noch ein
Loch, worinnen ein lebendiger Affe ſitzet. Wenn dieſem Affen nun etwan
dieſe Raritaͤten, welche ehedem an ſich eben nicht zu verachten waren, gehoͤr-
ten, und er dieſelbige Diſpoſition darinn gemacht haͤtte, ſo waͤre es demſel-
ben eben ſo groß nicht zu verdencken, weil er ein Affe, und daher ſeine Diſpo-
ſition auch nur aͤffiſch waͤre. Aber kuͤrtzlich hievon zu reden, die Raritaͤten
in dieſem Stalle ſind innerhalb Jahres-Friſt in einen ſolchen elenden Zu-
ſtand gerathen, daß die Voͤgel ſo berupfft anzuſehen, als wenn ſie ſich mit
einander herum gebiſſen, die ausgeſtopfften Thiere ſind faſt mehren theils
alle verrottet, und in Summa die leicht begreiffliche Feuchte der Erden hat
alle Sachen mit ſolchem Dunſt und Schimmel uͤberzogen, daß dieſe Rari-
taͤten nicht anders ausſehen, als wenn ſie uͤber Jahr und Tag unterm Miſt
vergraben geweſen waͤren.
Man glaube mir aber ſicherlich, daß es mehr dergleichen ſeltſame Ra-
ritaͤten-Behaͤltniſſe gebe, und deßwegen wohl noͤthig ſey, daß dergleichen
Buͤcher zu deſto beſſerem Unterricht in Teutſcher Sprache ans Licht gegeben
werden. Man hat nun ſchon anitzo davon des Hrn Majors ſeinen Vor-
ſchlag, ingleichen die dem geoͤffneten Ritter-Platz III. Theil einverleibte
Rarit. & Natur. Kammer von dem ungenannten Autore L. C. S. der gleich-
fals dazu gute Anleitung giebet, und man kan zum dritten auch die leichte Art
meiner Angebung erwaͤhlen; wer aber auch der Lateiniſchen Sprache kun-
dig, der uͤberlege des Hrn. Olai Wormii Muſeum, deſſen Einrichtung ihm auch
vortrefflich wohl gefallen wird, wie nicht weniger des fleißigen Aldrovandi
Muſeum, darinn ihm vielleicht wohl gefallen moͤchte die Beyſetzung des Na-
mens zu einem ieglichen Stuͤck der Raritaͤt, und mehr dergleichen Buͤcher,
welche in vorbeſagtem Catalogo angefuͤhret worden, daraus ein ieder ſich
wenigſtens etwas zu Nutze machen, und folglich ſein eigenes Muſeum deſto
beſſer oder vollkommner darnach einrichten kan. Wir haben noch eine Fra-
ge zu eroͤrtern vor uns, nemlich:
V. Welche Perſonen Raritaͤten-Behaͤltniſſe im Beſitz
haben koͤnnen?
Darauf wird geantwortet: Uberhaupt alle Philoſophiſche Gemuͤ-
ther, oder welche zu ſolcher Sammlung Luſt haben. Koͤnige und Fuͤr-
ſten haben zwar in Anſehung des Vermoͤgens die beſte Gelegenheit vollkom-
mene
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