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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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IV. Theil Anmerckungen
ja das immerwährende Vergnügen aller deiner Nachkommen gelegen war?
Lieber Adam, du warest ja ein Bild, ja ein solches Bild, das dem Bilde
GOttes selber gleich war. Kontest du dich denn damit nicht genugsam be-
gnügen lassen, oder hast du etwan über GOtt seyn wollen? Ach ja, diese dir
vom Teufel eingegebene Gedancken, ja diese aus dem Reich der Höllen selbst
entspringende Hoffart machte dich lüstern, daß du um der vermeynten Süs-
sigkeit eines blossen verbotenen Apffels "die allerunschätzbareste fernere
"Vollkommenheit deiner selbst, und in derselben die täglich mehr und mehr
"anwachsende Erkänntniß des Apffel-runden Creises der gantzen Welt, mit
"ihren Behältnissen, nebst der Wohlfahrt so vieler tausend von dir fortge-
"pflantzten Seelen, auf eine schnöde Art hindan gesetzet hast."
Ja du hast
uns deine Nachkommen durch deinen verdammlichen Ungehorsam nicht al-
lein des ersten Göttlichen Ebenbildes verlustig gemacht, also daß unser
vormaliger schöner Verstand und kluges Erkänntniß nunmehro mit lauter
Finsterniß und Dunckelheit umgeben, und unsere hertzliche Lust zu allen
GOtt-gefälligen Tugenden anitzo zu einem immerwährenden Tichten und
Trachten zum Bösen verkehret worden ist, sondern dein Fall gehet auch dem,
der dich in einer solchen unverbesserlichen Vollkommenheit mit Freuden er-
schaffen, so zu Hertzen, daß er über dich als den Ursprung und deine Nach-
kommen, in welchen deine sündliche Natur fortgepflantzet worden, in diese
Wehmuth heraus bricht: Es reuet mich, daß ich sie gemacht habe. Gen.
cap.
6. 7. Nach der Reue folgte endlich die Straffe selber; denn die Göttli-
che Gerechtigkeit wolte keine Vergebung leiden, sondern Adams Fall und
Schuld muste gebüsset und bezahlet seyn. Was war nun hier für Rath?
die Sünde war vollbracht, und Adam solte mit dem gantzen menschlichen
Geschlechte seinen Ungehorsam in einer ewigen Verdammniß beklagen.
Allein der Sohn des beleidigten Vaters, die andere Person in der Gottheit,
JEsus Christus, trat ins Mittel, und wolte nicht, daß das edle Bild, so der
Göttlichen Majestät war gleich gemacht worden, so jämmerlich solte ver-
flucht werden, und verlohren gehen; derohalben ist dieser vor dem Gerichte
der erzürnten Göttlichen Majestät getreten, und hat sich erkläret der Gerech-
tigkeit GOttes ein vollkommen Genügen zu leisten: Jn Summa, er hat
bezahlet, was Adam und seine Nachkommen verschuldet. Den Fluch, damit
uns GOtt dräuet zu straffen, nimmt er willig auf sich, und bezahlte die Hand-
schrifft, die wider uns war. Diese Schuld aber konte mit keinem grossen Ge-
schencke und Gaben abgethan werden, sondern der Apostel Petrus spricht:
Wisset, daß ihr nicht mit vergänglichem Gold oder Silber erlöset
seyd von eurem eitelen Wandel nach väterlicher Weise, sondern

mit

IV. Theil Anmerckungen
ja das immerwaͤhrende Vergnuͤgen aller deiner Nachkommen gelegen war?
Lieber Adam, du wareſt ja ein Bild, ja ein ſolches Bild, das dem Bilde
GOttes ſelber gleich war. Konteſt du dich denn damit nicht genugſam be-
gnuͤgen laſſen, oder haſt du etwan uͤber GOtt ſeyn wollen? Ach ja, dieſe dir
vom Teufel eingegebene Gedancken, ja dieſe aus dem Reich der Hoͤllen ſelbſt
entſpringende Hoffart machte dich luͤſtern, daß du um der vermeynten Suͤſ-
ſigkeit eines bloſſen verbotenen Apffels „die allerunſchaͤtzbareſte fernere
„Vollkommenheit deiner ſelbſt, und in derſelben die taͤglich mehr und mehr
„anwachſende Erkaͤnntniß des Apffel-runden Creiſes der gantzen Welt, mit
„ihren Behaͤltniſſen, nebſt der Wohlfahrt ſo vieler tauſend von dir fortge-
„pflantzten Seelen, auf eine ſchnoͤde Art hindan geſetzet haſt.‟
Ja du haſt
uns deine Nachkommen durch deinen verdammlichen Ungehorſam nicht al-
lein des erſten Goͤttlichen Ebenbildes verluſtig gemacht, alſo daß unſer
vormaliger ſchoͤner Verſtand und kluges Erkaͤnntniß nunmehro mit lauter
Finſterniß und Dunckelheit umgeben, und unſere hertzliche Luſt zu allen
GOtt-gefaͤlligen Tugenden anitzo zu einem immerwaͤhrenden Tichten und
Trachten zum Boͤſen verkehret worden iſt, ſondern dein Fall gehet auch dem,
der dich in einer ſolchen unverbeſſerlichen Vollkommenheit mit Freuden er-
ſchaffen, ſo zu Hertzen, daß er uͤber dich als den Urſprung und deine Nach-
kommen, in welchen deine ſuͤndliche Natur fortgepflantzet worden, in dieſe
Wehmuth heraus bricht: Es reuet mich, daß ich ſie gemacht habe. Gen.
cap.
6. 7. Nach der Reue folgte endlich die Straffe ſelber; denn die Goͤttli-
che Gerechtigkeit wolte keine Vergebung leiden, ſondern Adams Fall und
Schuld muſte gebuͤſſet und bezahlet ſeyn. Was war nun hier fuͤr Rath?
die Suͤnde war vollbracht, und Adam ſolte mit dem gantzen menſchlichen
Geſchlechte ſeinen Ungehorſam in einer ewigen Verdammniß beklagen.
Allein der Sohn des beleidigten Vaters, die andere Perſon in der Gottheit,
JEſus Chriſtus, trat ins Mittel, und wolte nicht, daß das edle Bild, ſo der
Goͤttlichen Majeſtaͤt war gleich gemacht worden, ſo jaͤmmerlich ſolte ver-
flucht werden, und verlohren gehen; derohalben iſt dieſer vor dem Gerichte
der erzuͤrnten Goͤttlichen Majeſtaͤt getreten, und hat ſich erklaͤret der Gerech-
tigkeit GOttes ein vollkommen Genuͤgen zu leiſten: Jn Summa, er hat
bezahlet, was Adam und ſeine Nachkommen verſchuldet. Den Fluch, damit
uns GOtt draͤuet zu ſtraffen, nimmt er willig auf ſich, und bezahlte die Hand-
ſchrifft, die wider uns war. Dieſe Schuld aber konte mit keinem groſſen Ge-
ſchencke und Gaben abgethan werden, ſondern der Apoſtel Petrus ſpricht:
Wiſſet, daß ihr nicht mit vergaͤnglichem Gold oder Silber erloͤſet
ſeyd von eurem eitelen Wandel nach vaͤterlicher Weiſe, ſondern

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[430/0458] IV. Theil Anmerckungen ja das immerwaͤhrende Vergnuͤgen aller deiner Nachkommen gelegen war? Lieber Adam, du wareſt ja ein Bild, ja ein ſolches Bild, das dem Bilde GOttes ſelber gleich war. Konteſt du dich denn damit nicht genugſam be- gnuͤgen laſſen, oder haſt du etwan uͤber GOtt ſeyn wollen? Ach ja, dieſe dir vom Teufel eingegebene Gedancken, ja dieſe aus dem Reich der Hoͤllen ſelbſt entſpringende Hoffart machte dich luͤſtern, daß du um der vermeynten Suͤſ- ſigkeit eines bloſſen verbotenen Apffels „die allerunſchaͤtzbareſte fernere „Vollkommenheit deiner ſelbſt, und in derſelben die taͤglich mehr und mehr „anwachſende Erkaͤnntniß des Apffel-runden Creiſes der gantzen Welt, mit „ihren Behaͤltniſſen, nebſt der Wohlfahrt ſo vieler tauſend von dir fortge- „pflantzten Seelen, auf eine ſchnoͤde Art hindan geſetzet haſt.‟ Ja du haſt uns deine Nachkommen durch deinen verdammlichen Ungehorſam nicht al- lein des erſten Goͤttlichen Ebenbildes verluſtig gemacht, alſo daß unſer vormaliger ſchoͤner Verſtand und kluges Erkaͤnntniß nunmehro mit lauter Finſterniß und Dunckelheit umgeben, und unſere hertzliche Luſt zu allen GOtt-gefaͤlligen Tugenden anitzo zu einem immerwaͤhrenden Tichten und Trachten zum Boͤſen verkehret worden iſt, ſondern dein Fall gehet auch dem, der dich in einer ſolchen unverbeſſerlichen Vollkommenheit mit Freuden er- ſchaffen, ſo zu Hertzen, daß er uͤber dich als den Urſprung und deine Nach- kommen, in welchen deine ſuͤndliche Natur fortgepflantzet worden, in dieſe Wehmuth heraus bricht: Es reuet mich, daß ich ſie gemacht habe. Gen. cap. 6. 7. Nach der Reue folgte endlich die Straffe ſelber; denn die Goͤttli- che Gerechtigkeit wolte keine Vergebung leiden, ſondern Adams Fall und Schuld muſte gebuͤſſet und bezahlet ſeyn. Was war nun hier fuͤr Rath? die Suͤnde war vollbracht, und Adam ſolte mit dem gantzen menſchlichen Geſchlechte ſeinen Ungehorſam in einer ewigen Verdammniß beklagen. Allein der Sohn des beleidigten Vaters, die andere Perſon in der Gottheit, JEſus Chriſtus, trat ins Mittel, und wolte nicht, daß das edle Bild, ſo der Goͤttlichen Majeſtaͤt war gleich gemacht worden, ſo jaͤmmerlich ſolte ver- flucht werden, und verlohren gehen; derohalben iſt dieſer vor dem Gerichte der erzuͤrnten Goͤttlichen Majeſtaͤt getreten, und hat ſich erklaͤret der Gerech- tigkeit GOttes ein vollkommen Genuͤgen zu leiſten: Jn Summa, er hat bezahlet, was Adam und ſeine Nachkommen verſchuldet. Den Fluch, damit uns GOtt draͤuet zu ſtraffen, nimmt er willig auf ſich, und bezahlte die Hand- ſchrifft, die wider uns war. Dieſe Schuld aber konte mit keinem groſſen Ge- ſchencke und Gaben abgethan werden, ſondern der Apoſtel Petrus ſpricht: Wiſſet, daß ihr nicht mit vergaͤnglichem Gold oder Silber erloͤſet ſeyd von eurem eitelen Wandel nach vaͤterlicher Weiſe, ſondern mit

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/458>, abgerufen am 22.11.2024.