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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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IV. Theil Anmerckungen
O! ja der edle Mensch, die schöne Creatur,
Erkennet seinen GOtt im Buche der Natur.
So preißt ein Heide selbst den unbekandten GOtt,
Der ihm verborgen zwar nach seinem Wort und Wesen:
Er hat auch kein Gesetz, ihm mangelt das Gebot,
Doch weiß er, daß ein GOtt, aus der Natur zu lesen.

Wann Adams gröste Vollkommenheit im Stande seiner Heiligung
vornemlich auch in einem vollkommenen Begriff der Natur, oder aller na-
türlichen von GOt erschaffenen Dinge bestanden, so ist ja wohl ohnschwer
zu ermessen, warum wir, als seine Nachfolger, den Schein des durch den
schändlichen Fall verlohrnen hohen Lichtes der vormaligen Erkänntniß der-
selbigen wiederum in unserer Finsterniß mit grossem Fleiß und Mühe nachsu-
chen. Denn daß sich zu ieder Zeit hoch- verständige und gelehrte Menschen
in der Welt gefunden, welche die Erkänntniß und Wissenschafft der Natur
für ihre süsseste Reitzung gehalten, bezeuget unter den Welt-weisen Heiden
Plato, als welcher das höchste Fürstenthum des Gemüths hierinnen gesuchet.
Democritus erwählte die Einsamkeit, um desto ämfiger in der Natur forschen
zu können. Was haben Aristoteles, Hippocrates, Galenus und andere nicht
für Fleiß in der Natur-Forschung erwiesen? Plinius büsset über dieselbige,
und zwar über die Forschung der Natur des Berges Vesuvii, sein Leben ein.
Cartesius verachtet alle scholastische Verfolgungen mit generösem Gemüth.
Archimedes läst sich lieber in seinen Circkeln ermorden. Der fleißige Aldrovan-
dus
wird fast zuletzt zum Bettler, nur daß er aus unersättlicher Begierde zu
den wundersamsten Creaturen allerhand Cörper aus allen Enden der Welt
zusammen bringen mag. Und was haben nicht einige Natur-Kündiger für
Fleiß und Mühe in Erforschung der Kräuter angewandt? wie sind sie nicht
über Berg und Thal, ja bis zu den höchsten Gipffeln fast unersteiglicher
Berge gestiegen, um nur ihr Vergnügen dadurch zu sättigen? Der berühm-
te Pater A. Kircherus war ein solcher unersättlicher Liebhaber aller Göttli-
chen Wunder, daß sein davon gesammeltes Museum sowol hierinn, als in
andern curiösen Dingen, wenig seines gleichen gehabt. Kayser, Pabst,
Könige und Fürsten haben seine Begierde darzu gebilliget, und ihm mit Mit-
teln darzu unter die Arm gegriffen. Ja laßt uns zur heil. Schrifft gehen,
so lesen wir von dem mit Weisheit von GOtt selbst in reichem Maß begabten
Könige Salomon, daß seine Wissenschafft in der Natur so groß gewesen,
daß er auch von dem Ceder an zu Libanon bis auf den Jsop, der aus der
Wand wächset, imgleichen von allem Vieh, Vögeln, Gewürm und Fi-
schen disputiren, und ihre Eigenschafften oder Natur erklären können.

1. Reg.
IV. Theil Anmerckungen
O! ja der edle Menſch, die ſchoͤne Creatur,
Erkennet ſeinen GOtt im Buche der Natur.
So preißt ein Heide ſelbſt den unbekandten GOtt,
Der ihm verborgen zwar nach ſeinem Wort und Weſen:
Er hat auch kein Geſetz, ihm mangelt das Gebot,
Doch weiß er, daß ein GOtt, aus der Natur zu leſen.

Wann Adams groͤſte Vollkommenheit im Stande ſeiner Heiligung
vornemlich auch in einem vollkommenen Begriff der Natur, oder aller na-
tuͤrlichen von GOt erſchaffenen Dinge beſtanden, ſo iſt ja wohl ohnſchwer
zu ermeſſen, warum wir, als ſeine Nachfolger, den Schein des durch den
ſchaͤndlichen Fall verlohrnen hohen Lichtes der vormaligen Erkaͤnntniß der-
ſelbigen wiederum in unſerer Finſterniß mit groſſem Fleiß und Muͤhe nachſu-
chen. Denn daß ſich zu ieder Zeit hoch- verſtaͤndige und gelehrte Menſchen
in der Welt gefunden, welche die Erkaͤnntniß und Wiſſenſchafft der Natur
fuͤr ihre ſuͤſſeſte Reitzung gehalten, bezeuget unter den Welt-weiſen Heiden
Plato, als welcher das hoͤchſte Fuͤrſtenthum des Gemuͤths hierinnen geſuchet.
Democritus erwaͤhlte die Einſamkeit, um deſto aͤmfiger in der Natur forſchen
zu koͤnnen. Was haben Ariſtoteles, Hippocrates, Galenus und andere nicht
fuͤr Fleiß in der Natur-Forſchung erwieſen? Plinius buͤſſet uͤber dieſelbige,
und zwar uͤber die Forſchung der Natur des Berges Veſuvii, ſein Leben ein.
Carteſius verachtet alle ſcholaſtiſche Verfolgungen mit generöſem Gemuͤth.
Archimedes laͤſt ſich lieber in ſeinen Circkeln ermorden. Der fleißige Aldrovan-
dus
wird faſt zuletzt zum Bettler, nur daß er aus unerſaͤttlicher Begierde zu
den wunderſamſten Creaturen allerhand Coͤrper aus allen Enden der Welt
zuſammen bringen mag. Und was haben nicht einige Natur-Kuͤndiger fuͤr
Fleiß und Muͤhe in Erforſchung der Kraͤuter angewandt? wie ſind ſie nicht
uͤber Berg und Thal, ja bis zu den hoͤchſten Gipffeln faſt unerſteiglicher
Berge geſtiegen, um nur ihr Vergnuͤgen dadurch zu ſaͤttigen? Der beruͤhm-
te Pater A. Kircherus war ein ſolcher unerſaͤttlicher Liebhaber aller Goͤttli-
chen Wunder, daß ſein davon geſammeltes Muſeum ſowol hierinn, als in
andern curiöſen Dingen, wenig ſeines gleichen gehabt. Kayſer, Pabſt,
Koͤnige und Fuͤrſten haben ſeine Begierde darzu gebilliget, und ihm mit Mit-
teln darzu unter die Arm gegriffen. Ja laßt uns zur heil. Schrifft gehen,
ſo leſen wir von dem mit Weisheit von GOtt ſelbſt in reichem Maß begabten
Koͤnige Salomon, daß ſeine Wiſſenſchafft in der Natur ſo groß geweſen,
daß er auch von dem Ceder an zu Libanon bis auf den Jſop, der aus der
Wand waͤchſet, imgleichen von allem Vieh, Voͤgeln, Gewuͤrm und Fi-
ſchen diſputiren, und ihre Eigenſchafften oder Natur erklaͤren koͤnnen.

1. Reg.
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[436/0464] IV. Theil Anmerckungen O! ja der edle Menſch, die ſchoͤne Creatur, Erkennet ſeinen GOtt im Buche der Natur. So preißt ein Heide ſelbſt den unbekandten GOtt, Der ihm verborgen zwar nach ſeinem Wort und Weſen: Er hat auch kein Geſetz, ihm mangelt das Gebot, Doch weiß er, daß ein GOtt, aus der Natur zu leſen. Wann Adams groͤſte Vollkommenheit im Stande ſeiner Heiligung vornemlich auch in einem vollkommenen Begriff der Natur, oder aller na- tuͤrlichen von GOt erſchaffenen Dinge beſtanden, ſo iſt ja wohl ohnſchwer zu ermeſſen, warum wir, als ſeine Nachfolger, den Schein des durch den ſchaͤndlichen Fall verlohrnen hohen Lichtes der vormaligen Erkaͤnntniß der- ſelbigen wiederum in unſerer Finſterniß mit groſſem Fleiß und Muͤhe nachſu- chen. Denn daß ſich zu ieder Zeit hoch- verſtaͤndige und gelehrte Menſchen in der Welt gefunden, welche die Erkaͤnntniß und Wiſſenſchafft der Natur fuͤr ihre ſuͤſſeſte Reitzung gehalten, bezeuget unter den Welt-weiſen Heiden Plato, als welcher das hoͤchſte Fuͤrſtenthum des Gemuͤths hierinnen geſuchet. Democritus erwaͤhlte die Einſamkeit, um deſto aͤmfiger in der Natur forſchen zu koͤnnen. Was haben Ariſtoteles, Hippocrates, Galenus und andere nicht fuͤr Fleiß in der Natur-Forſchung erwieſen? Plinius buͤſſet uͤber dieſelbige, und zwar uͤber die Forſchung der Natur des Berges Veſuvii, ſein Leben ein. Carteſius verachtet alle ſcholaſtiſche Verfolgungen mit generöſem Gemuͤth. Archimedes laͤſt ſich lieber in ſeinen Circkeln ermorden. Der fleißige Aldrovan- dus wird faſt zuletzt zum Bettler, nur daß er aus unerſaͤttlicher Begierde zu den wunderſamſten Creaturen allerhand Coͤrper aus allen Enden der Welt zuſammen bringen mag. Und was haben nicht einige Natur-Kuͤndiger fuͤr Fleiß und Muͤhe in Erforſchung der Kraͤuter angewandt? wie ſind ſie nicht uͤber Berg und Thal, ja bis zu den hoͤchſten Gipffeln faſt unerſteiglicher Berge geſtiegen, um nur ihr Vergnuͤgen dadurch zu ſaͤttigen? Der beruͤhm- te Pater A. Kircherus war ein ſolcher unerſaͤttlicher Liebhaber aller Goͤttli- chen Wunder, daß ſein davon geſammeltes Muſeum ſowol hierinn, als in andern curiöſen Dingen, wenig ſeines gleichen gehabt. Kayſer, Pabſt, Koͤnige und Fuͤrſten haben ſeine Begierde darzu gebilliget, und ihm mit Mit- teln darzu unter die Arm gegriffen. Ja laßt uns zur heil. Schrifft gehen, ſo leſen wir von dem mit Weisheit von GOtt ſelbſt in reichem Maß begabten Koͤnige Salomon, daß ſeine Wiſſenſchafft in der Natur ſo groß geweſen, daß er auch von dem Ceder an zu Libanon bis auf den Jſop, der aus der Wand waͤchſet, imgleichen von allem Vieh, Voͤgeln, Gewuͤrm und Fi- ſchen diſputiren, und ihre Eigenſchafften oder Natur erklaͤren koͤnnen. 1. Reg.

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/464>, abgerufen am 22.11.2024.