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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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Von Museis I. Theil
in dieser Kirche häuffig findet: Und so betrachtet man erstlich das auf dem
hohen Chor befindliche Begräbniß des allhier im Exilio gestorbenen Pab-
stes, Benedicti V. die auf diesem in etwas erhabenen Leichen-Stein stehen-
de Inscription soll also lauten: (doch gelesen hab ich sie selber nicht:)
Benedictus Papa, qui de Sede Apostolica per violentiam amotus, ex
postfacto, cum revocaretur, obiit Hamburgi, Anno Domini 1341.
quinto nonas Julii, & sepultus est hic.
Gegen dem Chor über, am er-
sten Pfeiler, siehet man des vortrefflichen Alberti Cranzii Bildniß und Epi-
taphium.
Gegen der Cantzel über siehet man das Begräbniß des Grafen
Johann von Schaunburg, 3. Fuß hoch von der Erden, oben mit einer
meßingenen Platten, worein sein Bildniß gestochen, bedeckt. Weiter sie-
het man an der Süder-Seite eingemauret den so beruffenen alten Sinn-
bilderischen Leichen-Stein des auf der Sack-Pfeiffe spielenden Esels:
An den 4 Ecken siehet man die 4. Evangelisten unter dem Bilde eines
Engels, Ochsen, Löwen und Adlers, oben an dem Leichen-Stein stehen
folgende Worte:

Ik for du na. f. n. v. t. Um den spielenden Esel lieset man gebogener
Weise folgende Worte:
De Welt heft zik ume kert darum zo hebbe ik arme Ezel pipen ghe-
lert
Naket bin ik gebahren hier is mehr gewunnen as velahren
O min Heer und God wes barmhartig mi armen Sünder.

Am Rande stehet:

Des Dinxeldages vor Micheli starf zelige Geske van der Holte.

Diese Worte sind alle auf die Art der uralten Mönchen-Schrifft in den
Stein gehauen: Unter des Esels Füssen aber siehet man 2. Schilde, so ver-
muthlich 2. Wapens seyn sollen. Auf dem zur rechten Hand befindet sich ein
Vogel-Hals mit dem Kopff zwischen zwey halben Sternen: Auf dem zur
lincken aber ein Mann, so einen Hüner-Korb auf den Schultern hangen hat,
und sitzet mit dem lincken Fuß auf dem Knie, den rechten Arm aber hat er
aus dem Korb heraus gesteckt. Von diesem Leichen-Stein, der 7. Fuß
lang und 4 1/6 . breit ist, machet man so viel Werck, daß, wann ein Fremder
sich nicht rühmen kan, er habe diesen Stein, und den Störzebecher auf der
Schiffer-Gesellschafft befindlich, gesehen, so wird man schwerlich glau-
ben, daß er in Hamburg gewesen. Die alt-fränckische, doch wohl klingen-
de, Orgel, nebst übrigen noch sehr vielen Merckwürdigkeiten dieser Kirche,
übergehe ich mit Stillschweigen, und wende mich zu den noch übrigen Ne-
ben-Kirchen,
als da sind; 1) Die St. Johannis-Kirche, worinnen man

unter-

Von Muſeis I. Theil
in dieſer Kirche haͤuffig findet: Und ſo betrachtet man erſtlich das auf dem
hohen Chor befindliche Begraͤbniß des allhier im Exilio geſtorbenen Pab-
ſtes, Benedicti V. die auf dieſem in etwas erhabenen Leichen-Stein ſtehen-
de Inſcription ſoll alſo lauten: (doch geleſen hab ich ſie ſelber nicht:)
Benedictus Papa, qui de Sede Apoſtolica per violentiam amotus, ex
poſtfacto, cum revocaretur, obiit Hamburgi, Anno Domini 1341.
quinto nonas Julii, & ſepultus eſt hic.
Gegen dem Chor uͤber, am er-
ſten Pfeiler, ſiehet man des vortrefflichen Alberti Cranzii Bildniß und Epi-
taphium.
Gegen der Cantzel uͤber ſiehet man das Begraͤbniß des Grafen
Johann von Schaunburg, 3. Fuß hoch von der Erden, oben mit einer
meßingenen Platten, worein ſein Bildniß geſtochen, bedeckt. Weiter ſie-
het man an der Suͤder-Seite eingemauret den ſo beruffenen alten Sinn-
bilderiſchen Leichen-Stein des auf der Sack-Pfeiffe ſpielenden Eſels:
An den 4 Ecken ſiehet man die 4. Evangeliſten unter dem Bilde eines
Engels, Ochſen, Loͤwen und Adlers, oben an dem Leichen-Stein ſtehen
folgende Worte:

Ik for du na. f. n. v. t. Um den ſpielenden Eſel lieſet man gebogener
Weiſe folgende Worte:
De Welt heft zik ume kert darum zo hebbe ik arme Ezel pipen ghe-
lert
Naket bin ik gebahren hier is mehr gewunnen as velahren
O min Heer und God wes barmhartig mi armen Sünder.

Am Rande ſtehet:

Des Dinxeldages vor Micheli ſtarf zelige Geske van der Holte.

Dieſe Worte ſind alle auf die Art der uralten Moͤnchen-Schrifft in den
Stein gehauen: Unter des Eſels Fuͤſſen aber ſiehet man 2. Schilde, ſo ver-
muthlich 2. Wapens ſeyn ſollen. Auf dem zur rechten Hand befindet ſich ein
Vogel-Hals mit dem Kopff zwiſchen zwey halben Sternen: Auf dem zur
lincken aber ein Mann, ſo einen Huͤner-Korb auf den Schultern hangen hat,
und ſitzet mit dem lincken Fuß auf dem Knie, den rechten Arm aber hat er
aus dem Korb heraus geſteckt. Von dieſem Leichen-Stein, der 7. Fuß
lang und 4⅙. breit iſt, machet man ſo viel Werck, daß, wann ein Fremder
ſich nicht ruͤhmen kan, er habe dieſen Stein, und den Stoͤrzebecher auf der
Schiffer-Geſellſchafft befindlich, geſehen, ſo wird man ſchwerlich glau-
ben, daß er in Hamburg geweſen. Die alt-fraͤnckiſche, doch wohl klingen-
de, Orgel, nebſt uͤbrigen noch ſehr vielen Merckwuͤrdigkeiten dieſer Kirche,
uͤbergehe ich mit Stillſchweigen, und wende mich zu den noch uͤbrigen Ne-
ben-Kirchen,
als da ſind; 1) Die St. Johannis-Kirche, worinnen man

unter-
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[50/0078] Von Muſeis I. Theil in dieſer Kirche haͤuffig findet: Und ſo betrachtet man erſtlich das auf dem hohen Chor befindliche Begraͤbniß des allhier im Exilio geſtorbenen Pab- ſtes, Benedicti V. die auf dieſem in etwas erhabenen Leichen-Stein ſtehen- de Inſcription ſoll alſo lauten: (doch geleſen hab ich ſie ſelber nicht:) Benedictus Papa, qui de Sede Apoſtolica per violentiam amotus, ex poſtfacto, cum revocaretur, obiit Hamburgi, Anno Domini 1341. quinto nonas Julii, & ſepultus eſt hic. Gegen dem Chor uͤber, am er- ſten Pfeiler, ſiehet man des vortrefflichen Alberti Cranzii Bildniß und Epi- taphium. Gegen der Cantzel uͤber ſiehet man das Begraͤbniß des Grafen Johann von Schaunburg, 3. Fuß hoch von der Erden, oben mit einer meßingenen Platten, worein ſein Bildniß geſtochen, bedeckt. Weiter ſie- het man an der Suͤder-Seite eingemauret den ſo beruffenen alten Sinn- bilderiſchen Leichen-Stein des auf der Sack-Pfeiffe ſpielenden Eſels: An den 4 Ecken ſiehet man die 4. Evangeliſten unter dem Bilde eines Engels, Ochſen, Loͤwen und Adlers, oben an dem Leichen-Stein ſtehen folgende Worte: Ik for du na. f. n. v. t. Um den ſpielenden Eſel lieſet man gebogener Weiſe folgende Worte: De Welt heft zik ume kert darum zo hebbe ik arme Ezel pipen ghe- lert Naket bin ik gebahren hier is mehr gewunnen as velahren O min Heer und God wes barmhartig mi armen Sünder. Am Rande ſtehet: Des Dinxeldages vor Micheli ſtarf zelige Geske van der Holte. Dieſe Worte ſind alle auf die Art der uralten Moͤnchen-Schrifft in den Stein gehauen: Unter des Eſels Fuͤſſen aber ſiehet man 2. Schilde, ſo ver- muthlich 2. Wapens ſeyn ſollen. Auf dem zur rechten Hand befindet ſich ein Vogel-Hals mit dem Kopff zwiſchen zwey halben Sternen: Auf dem zur lincken aber ein Mann, ſo einen Huͤner-Korb auf den Schultern hangen hat, und ſitzet mit dem lincken Fuß auf dem Knie, den rechten Arm aber hat er aus dem Korb heraus geſteckt. Von dieſem Leichen-Stein, der 7. Fuß lang und 4⅙. breit iſt, machet man ſo viel Werck, daß, wann ein Fremder ſich nicht ruͤhmen kan, er habe dieſen Stein, und den Stoͤrzebecher auf der Schiffer-Geſellſchafft befindlich, geſehen, ſo wird man ſchwerlich glau- ben, daß er in Hamburg geweſen. Die alt-fraͤnckiſche, doch wohl klingen- de, Orgel, nebſt uͤbrigen noch ſehr vielen Merckwuͤrdigkeiten dieſer Kirche, uͤbergehe ich mit Stillſchweigen, und wende mich zu den noch uͤbrigen Ne- ben-Kirchen, als da ſind; 1) Die St. Johannis-Kirche, worinnen man unter-

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/78>, abgerufen am 10.05.2024.