Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.Siebenjährige Welt-Beschauung. daß es schimmert und gläntzet. Jn demselben grauen Marmelsiehet man ein Bildniß eines alten Münchs mit seiner Kutte und Caput/ mit einem langen Bahrt/ Gesicht und allen Glied- massen deß Leibes so natürlich und eigentlich/ als wenns drauf gemahlt wäre und ist doch von Natur also gewachsen/ welches ein groß Wunder der Natur ist/ daß ichs nicht gnung an- sehen können. Mann hat mir gesagt/ es solle das Bildniß deß alten heiligen Kirchenlehrers Hieronymi seyn. Derselbe schlug um diese Gegend in seinem hohen Alter/ da er nicht mehr fort konte/ im Lehr- und Predigampte/ seine Wohnung auf und war von dem Kripplein seines JEsu nicht hinweg zu bringen/ biß in den Tod/ ob er gleich zu einem vornehmen Bischoff-Am- pte beruffen ward. Er sagte: Nein/ man bringt mich vom Krip- lein Christi nicht hinweg/ denn nirgends ist mein Seele ruhiger und frölicher/ als hier. Darum eben an dem Orte/ da mir Gott aus Liebe seinen Sohn vom Himmel gegeben/ will ich ihm bil- lig auch meine Seele gen Himmel schicken. Kurtz aber vor seinem Ende hat er gesagt und geschrie- Jch spreche weiter: Liebes Jesulein! Jch muß dir gleich- nicht. S s 2
Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. daß es ſchimmert und glaͤntzet. Jn demſelben grauen Marmelſiehet man ein Bildniß eines alten Muͤnchs mit ſeiner Kutte und Caput/ mit einem langen Bahrt/ Geſicht und allen Glied- maſſen deß Leibes ſo natuͤrlich und eigentlich/ als wenns drauf gemahlt waͤre und iſt doch von Natur alſo gewachſen/ welches ein groß Wunder der Natur iſt/ daß ichs nicht gnung an- ſehen koͤnnen. Mann hat mir geſagt/ es ſolle das Bildniß deß alten heiligen Kirchenlehrers Hieronymi ſeyn. Derſelbe ſchlug um dieſe Gegend in ſeinem hohen Alter/ da er nicht mehr fort konte/ im Lehr- und Predigampte/ ſeine Wohnung auf und war von dem Kripplein ſeines JEſu nicht hinweg zu bringen/ biß in den Tod/ ob er gleich zu einem vornehmen Biſchoff-Am- pte beruffen ward. Er ſagte: Nein/ man bringt mich vom Krip- lein Chriſti nicht hinweg/ denn nirgends iſt mein Seele ruhiger und froͤlicher/ als hier. Darum eben an dem Orte/ da mir Gott aus Liebe ſeinen Sohn vom Himmel gegeben/ will ich ihm bil- lig auch meine Seele gen Himmel ſchicken. Kurtz aber vor ſeinem Ende hat er geſagt und geſchrie- Jch ſpreche weiter: Liebes Jeſulein! Jch muß dir gleich- nicht. S ſ 2
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Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
daß es ſchimmert und glaͤntzet. Jn demſelben grauen Marmel
ſiehet man ein Bildniß eines alten Muͤnchs mit ſeiner Kutte
und Caput/ mit einem langen Bahrt/ Geſicht und allen Glied-
maſſen deß Leibes ſo natuͤrlich und eigentlich/ als wenns drauf
gemahlt waͤre und iſt doch von Natur alſo gewachſen/ welches
ein groß Wunder der Natur iſt/ daß ichs nicht gnung an-
ſehen koͤnnen. Mann hat mir geſagt/ es ſolle das Bildniß deß
alten heiligen Kirchenlehrers Hieronymi ſeyn. Derſelbe ſchlug
um dieſe Gegend in ſeinem hohen Alter/ da er nicht mehr fort
konte/ im Lehr- und Predigampte/ ſeine Wohnung auf und
war von dem Kripplein ſeines JEſu nicht hinweg zu bringen/
biß in den Tod/ ob er gleich zu einem vornehmen Biſchoff-Am-
pte beruffen ward. Er ſagte: Nein/ man bringt mich vom Krip-
lein Chriſti nicht hinweg/ denn nirgends iſt mein Seele ruhiger
und froͤlicher/ als hier. Darum eben an dem Orte/ da mir Gott
aus Liebe ſeinen Sohn vom Himmel gegeben/ will ich ihm bil-
lig auch meine Seele gen Himmel ſchicken.
Kurtz aber vor ſeinem Ende hat er geſagt und geſchrie-
ben: So offt ich dieſen Ort anſchaue/ ſo haͤlt mein Hertz ſein
Seelen-Geſpraͤche mit dem Kindlein Jeſu. Jch ſpreche: Ach
HErr JEſu/ wie zitterſtu/ wie hart liegſtu um meiner Seelig-
keit willen! Wie ſoll ich dirs im̃ermehr verdancken? Da duͤnckt
mich/ als wenn mir das Kindlein antwortete: Nichts begehre
ich lieber Hieronyme, als ſinge von Hertzen: Ehre ſey Gott in
der Hoͤhe! Laß dirs nur lieb und deinen Troſt ſeyn/ ich wil um
deinetwillen noch viel geringer werden am Oelberge und am
Stamme deß Creutzes.
Jch ſpreche weiter: Liebes Jeſulein! Jch muß dir gleich-
wol auch was geben. Jch will dir mein Geld und mein gantzes
Vermoͤgen geben/ da antwortet mir das liebe Jeſulein: Jſt
doch vorhin Himmel und Erden mein/ drum bedarf ichs
nicht.
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Zitationshilfe: | Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/327>, abgerufen am 16.07.2024. |