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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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Verbergung übrig blieb. Doch wollte ich
nicht gerne von der Münde weichen, weil
nächstens die Schiffahrt wieder aufgehen
konnte, und ich dann hier bei der Hand
war, um mit irgend einem absegelnden Schiffe
zu entkommen. Mit einem ähnlichen Plane
trugen sich noch Mehrere meiner jungen Ka-
meraden: allein eben darum waren wir auch
um so gewisser bereits nach einigen Tagen
verrathen; und eine neue Nachjagd ward
auf uns begonnen. Mitten in der Nacht
erweckte mich ein leises Klopfen an den Fen-
sterladen des Kämmerchens, wo ich schlief,
und die bekannte Stimme einer getreuen
Frauensperson rief mir zu: "Joachim,
auf! auf aus den Federn! die Soldaten
sind wieder auf der Münde! Den, und den,
und den (die sie mir bei Namen nannte) ha-
ben sie schon beim Flügel gekriegt. Mach,
daß du davon kömmst!"

Man glaubt mir's wohl, daß ich flugs
und mit gleichen Füßen aus dem Bette
sprang. Jn der Bestürzung griff ich nach
den ersten, den besten Kleidern, die auf den
Stühlen umher lagen, und die ich für die
meinigen hielt. So stahl ich mich alsobald
und im Hemde auf die Straße hinaus;
schüttelte meinen Fund auseinander, um mir
davon etwas üben den Leib zu werfen, und

Verbergung uͤbrig blieb. Doch wollte ich
nicht gerne von der Muͤnde weichen, weil
naͤchſtens die Schiffahrt wieder aufgehen
konnte, und ich dann hier bei der Hand
war, um mit irgend einem abſegelnden Schiffe
zu entkommen. Mit einem aͤhnlichen Plane
trugen ſich noch Mehrere meiner jungen Ka-
meraden: allein eben darum waren wir auch
um ſo gewiſſer bereits nach einigen Tagen
verrathen; und eine neue Nachjagd ward
auf uns begonnen. Mitten in der Nacht
erweckte mich ein leiſes Klopfen an den Fen-
ſterladen des Kaͤmmerchens, wo ich ſchlief,
und die bekannte Stimme einer getreuen
Frauensperſon rief mir zu: „Joachim,
auf! auf aus den Federn! die Soldaten
ſind wieder auf der Muͤnde! Den, und den,
und den (die ſie mir bei Namen nannte) ha-
ben ſie ſchon beim Fluͤgel gekriegt. Mach,
daß du davon koͤmmſt!‟

Man glaubt mir’s wohl, daß ich flugs
und mit gleichen Fuͤßen aus dem Bette
ſprang. Jn der Beſtuͤrzung griff ich nach
den erſten, den beſten Kleidern, die auf den
Stuͤhlen umher lagen, und die ich fuͤr die
meinigen hielt. So ſtahl ich mich alſobald
und im Hemde auf die Straße hinaus;
ſchuͤttelte meinen Fund auseinander, um mir
davon etwas uͤben den Leib zu werfen, und

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[88/0104] Verbergung uͤbrig blieb. Doch wollte ich nicht gerne von der Muͤnde weichen, weil naͤchſtens die Schiffahrt wieder aufgehen konnte, und ich dann hier bei der Hand war, um mit irgend einem abſegelnden Schiffe zu entkommen. Mit einem aͤhnlichen Plane trugen ſich noch Mehrere meiner jungen Ka- meraden: allein eben darum waren wir auch um ſo gewiſſer bereits nach einigen Tagen verrathen; und eine neue Nachjagd ward auf uns begonnen. Mitten in der Nacht erweckte mich ein leiſes Klopfen an den Fen- ſterladen des Kaͤmmerchens, wo ich ſchlief, und die bekannte Stimme einer getreuen Frauensperſon rief mir zu: „Joachim, auf! auf aus den Federn! die Soldaten ſind wieder auf der Muͤnde! Den, und den, und den (die ſie mir bei Namen nannte) ha- ben ſie ſchon beim Fluͤgel gekriegt. Mach, daß du davon koͤmmſt!‟ Man glaubt mir’s wohl, daß ich flugs und mit gleichen Fuͤßen aus dem Bette ſprang. Jn der Beſtuͤrzung griff ich nach den erſten, den beſten Kleidern, die auf den Stuͤhlen umher lagen, und die ich fuͤr die meinigen hielt. So ſtahl ich mich alſobald und im Hemde auf die Straße hinaus; ſchuͤttelte meinen Fund auseinander, um mir davon etwas uͤben den Leib zu werfen, und

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/104>, abgerufen am 24.11.2024.