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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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wurde. Wie oft, aber auch wie schmerzlich
bitter, hab' ich's Gott geklagt und darüber
im Stillen meine Thränen geweint!

Die nächste Wirkung dieses unseligen Ver-
dachtes war, daß, nachdem das Schiff ausge-
laden worden, ich, anstatt die Führung dessel-
ben zu erhalten (wie sonst wohl geschehen wäre)
es an den Schiffer Christian Kummerow über-
geben mußte. Ja, meine ganze Lebenslage
schien hierüber eine andre Richtung nehmen
zu wollen. Als verlobter Bräutigam einer
Tochter des Segelmachers Johann Meller in
Königsberg, und mit großen Aussichten und
Plänen, war ich vormals ausgefahren: jetzt
kam diese Heirath zwar wirklich zu Stande;
aber ich ließ die Flügel mächtig hängen und
beschränkte meinen in die weite Welt streben-
den Sinn nunmehr auf das enge Verkehr ei-
nes kleinen Bordings-Rheeders, und meine
weitesten Reisen begrenzten sich in dem span-
nenlangen Raume zwischen Königsberg, Pillau
und Elbing. Es war der leidige Gang ei-
nes Langohrs in der Mühle!

Wäre aber mein freier, immer ins Weite
gestellte Sinn eines solchen Austernlebens
nicht schon an sich selbst frühzeitig müde ge-
worden, so waren doch Zeit und Umstände
eben so wenig dazu gemacht, mir diese Unlust
durch anderweitige Vortheile zu vergüten.
Mein Bordingskahn war ein altes Fahrzeug,

wurde. Wie oft, aber auch wie ſchmerzlich
bitter, hab’ ich’s Gott geklagt und daruͤber
im Stillen meine Thraͤnen geweint!

Die naͤchſte Wirkung dieſes unſeligen Ver-
dachtes war, daß, nachdem das Schiff ausge-
laden worden, ich, anſtatt die Fuͤhrung deſſel-
ben zu erhalten (wie ſonſt wohl geſchehen waͤre)
es an den Schiffer Chriſtian Kummerow uͤber-
geben mußte. Ja, meine ganze Lebenslage
ſchien hieruͤber eine andre Richtung nehmen
zu wollen. Als verlobter Braͤutigam einer
Tochter des Segelmachers Johann Meller in
Koͤnigsberg, und mit großen Ausſichten und
Plaͤnen, war ich vormals ausgefahren: jetzt
kam dieſe Heirath zwar wirklich zu Stande;
aber ich ließ die Fluͤgel maͤchtig haͤngen und
beſchraͤnkte meinen in die weite Welt ſtreben-
den Sinn nunmehr auf das enge Verkehr ei-
nes kleinen Bordings-Rheeders, und meine
weiteſten Reiſen begrenzten ſich in dem ſpan-
nenlangen Raume zwiſchen Koͤnigsberg, Pillau
und Elbing. Es war der leidige Gang ei-
nes Langohrs in der Muͤhle!

Waͤre aber mein freier, immer ins Weite
geſtellte Sinn eines ſolchen Auſternlebens
nicht ſchon an ſich ſelbſt fruͤhzeitig muͤde ge-
worden, ſo waren doch Zeit und Umſtaͤnde
eben ſo wenig dazu gemacht, mir dieſe Unluſt
durch anderweitige Vortheile zu verguͤten.
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[130/0146] wurde. Wie oft, aber auch wie ſchmerzlich bitter, hab’ ich’s Gott geklagt und daruͤber im Stillen meine Thraͤnen geweint! Die naͤchſte Wirkung dieſes unſeligen Ver- dachtes war, daß, nachdem das Schiff ausge- laden worden, ich, anſtatt die Fuͤhrung deſſel- ben zu erhalten (wie ſonſt wohl geſchehen waͤre) es an den Schiffer Chriſtian Kummerow uͤber- geben mußte. Ja, meine ganze Lebenslage ſchien hieruͤber eine andre Richtung nehmen zu wollen. Als verlobter Braͤutigam einer Tochter des Segelmachers Johann Meller in Koͤnigsberg, und mit großen Ausſichten und Plaͤnen, war ich vormals ausgefahren: jetzt kam dieſe Heirath zwar wirklich zu Stande; aber ich ließ die Fluͤgel maͤchtig haͤngen und beſchraͤnkte meinen in die weite Welt ſtreben- den Sinn nunmehr auf das enge Verkehr ei- nes kleinen Bordings-Rheeders, und meine weiteſten Reiſen begrenzten ſich in dem ſpan- nenlangen Raume zwiſchen Koͤnigsberg, Pillau und Elbing. Es war der leidige Gang ei- nes Langohrs in der Muͤhle! Waͤre aber mein freier, immer ins Weite geſtellte Sinn eines ſolchen Auſternlebens nicht ſchon an ſich ſelbſt fruͤhzeitig muͤde ge- worden, ſo waren doch Zeit und Umſtaͤnde eben ſo wenig dazu gemacht, mir dieſe Unluſt durch anderweitige Vortheile zu verguͤten. Mein Bordingskahn war ein altes Fahrzeug,

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/146>, abgerufen am 21.11.2024.