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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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sehlen |lassen) abnehmen können, daß diese
den Dummbart oft dem Glücke weiter in den
Schooß führen, als ein Andrer mit seinen
weisesten Ueberlegungen auszureichen vermag.
Doch will ich damit nicht gesagt haben, daß
man den Letztern mit Vorbedacht aus dem
Wege gehen solle. Muß man in der Aus-
führung ja doch immer noch dem lieben Gott
die größere Halbschied überlassen. --

Kurz, ich verkaufte meinen kleinen und
glücklichen Postreiter; setzte mir's in den
Kopf, ein funkelnagelneues Schiff von etwa
80 Lasten auf den Königsberger Stapel zu
setzen, und war den größten Theil des Jah-
res 1763 mit dem Ausbau desselben beschäf-
tigt, ohne den Ort zu verlassen. Jn das
nemliche Jahr traf auch der unglückliche
große Brand in Königsberg, wobei der Lö-
benicht, Sackheim und ein Theil vom Roß-
garten in Feuer aufgiengen. Als der erstge-
nannte Stadttheil so plötzlich und an allen
Orten zugleich in Flammen stand, befand ich
mich, mit wohl noch tausend andern Men-
schen, auf der Holzwiese, dicht am Pregel,
dem Löbenich gegenüber. Hier bemerkten wir
auf der Ladebrücke, hinter dem Hospital,
arme gebrechliche Bewohner desselben, welche
darauf ihre letzte kümmerliche Zuflucht gesucht
hatten. Denn hinter ihnen standen ihre Zel-
len, sammt der Hospital-Kirche, in lichtem

ſehlen |laſſen) abnehmen koͤnnen, daß dieſe
den Dummbart oft dem Gluͤcke weiter in den
Schooß fuͤhren, als ein Andrer mit ſeinen
weiſeſten Ueberlegungen auszureichen vermag.
Doch will ich damit nicht geſagt haben, daß
man den Letztern mit Vorbedacht aus dem
Wege gehen ſolle. Muß man in der Aus-
fuͤhrung ja doch immer noch dem lieben Gott
die groͤßere Halbſchied uͤberlaſſen. —

Kurz, ich verkaufte meinen kleinen und
gluͤcklichen Poſtreiter; ſetzte mir’s in den
Kopf, ein funkelnagelneues Schiff von etwa
80 Laſten auf den Koͤnigsberger Stapel zu
ſetzen, und war den groͤßten Theil des Jah-
res 1763 mit dem Ausbau deſſelben beſchaͤf-
tigt, ohne den Ort zu verlaſſen. Jn das
nemliche Jahr traf auch der ungluͤckliche
große Brand in Koͤnigsberg, wobei der Loͤ-
benicht, Sackheim und ein Theil vom Roß-
garten in Feuer aufgiengen. Als der erſtge-
nannte Stadttheil ſo ploͤtzlich und an allen
Orten zugleich in Flammen ſtand, befand ich
mich, mit wohl noch tauſend andern Men-
ſchen, auf der Holzwieſe, dicht am Pregel,
dem Loͤbenich gegenuͤber. Hier bemerkten wir
auf der Ladebruͤcke, hinter dem Hoſpital,
arme gebrechliche Bewohner deſſelben, welche
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hatten. Denn hinter ihnen ſtanden ihre Zel-
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[171/0187] ſehlen |laſſen) abnehmen koͤnnen, daß dieſe den Dummbart oft dem Gluͤcke weiter in den Schooß fuͤhren, als ein Andrer mit ſeinen weiſeſten Ueberlegungen auszureichen vermag. Doch will ich damit nicht geſagt haben, daß man den Letztern mit Vorbedacht aus dem Wege gehen ſolle. Muß man in der Aus- fuͤhrung ja doch immer noch dem lieben Gott die groͤßere Halbſchied uͤberlaſſen. — Kurz, ich verkaufte meinen kleinen und gluͤcklichen Poſtreiter; ſetzte mir’s in den Kopf, ein funkelnagelneues Schiff von etwa 80 Laſten auf den Koͤnigsberger Stapel zu ſetzen, und war den groͤßten Theil des Jah- res 1763 mit dem Ausbau deſſelben beſchaͤf- tigt, ohne den Ort zu verlaſſen. Jn das nemliche Jahr traf auch der ungluͤckliche große Brand in Koͤnigsberg, wobei der Loͤ- benicht, Sackheim und ein Theil vom Roß- garten in Feuer aufgiengen. Als der erſtge- nannte Stadttheil ſo ploͤtzlich und an allen Orten zugleich in Flammen ſtand, befand ich mich, mit wohl noch tauſend andern Men- ſchen, auf der Holzwieſe, dicht am Pregel, dem Loͤbenich gegenuͤber. Hier bemerkten wir auf der Ladebruͤcke, hinter dem Hoſpital, arme gebrechliche Bewohner deſſelben, welche darauf ihre letzte kuͤmmerliche Zuflucht geſucht hatten. Denn hinter ihnen ſtanden ihre Zel- len, ſammt der Hoſpital-Kirche, in lichtem

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/187>, abgerufen am 16.05.2024.