Brande; zur Einen Seite nicht minder der Mönchhof, und zur Andern, neben der Brücke, ein großer Stapel Brennholz; so daß den Unglücklichen nur übrig blieb, sich in den Pregel zu stürzen, oder ihr Schicksal auf jener Ladebrücke abzuwarten.
Schon aber schien die Flamme sie auch in diesem letzten Bergewinkel ereilen zu wollen! Wir sahen deutlich von jener Seite, wie bereits Einigen Lahmen und Krüppeln die Kleider auf dem Leibe angeglommen wa- ren; während Andre, die noch etwas berüh- riger waren, Wasser schöpften und damit ihre Unglücksgefährten wiederholt übergossen, um sie vor dem Verbrennen zu retten. Sie konnten dies auch um so füglicher, da zu- gleich ein starker Orkan aus Norden wüthete, (der eben den Brand so unaufhaltsam ver- breitet hatte) und wodurch auch das Strom- wasser so aufgestauet wurde, daß es fast die Höhe der Brücken erreichte.
Hier sollte und mußte nun, in so drin- gender Gefahr, den armen Leuten unverzüg- lich geholfen werden! Fahrzeuge waren in der ganzen Gegend nirgends abzusehen. Jch lief indeß über die Kuttelbrücke nach dem Hunde-Gat; sprang in ein Boot, das zu einem dort liegenden Schiffe gehörte; und da zum Glück ein Ruder drinne lag, so war ich, mit Hülfe des starken Windes, binnen
Brande; zur Einen Seite nicht minder der Moͤnchhof, und zur Andern, neben der Bruͤcke, ein großer Stapel Brennholz; ſo daß den Ungluͤcklichen nur uͤbrig blieb, ſich in den Pregel zu ſtuͤrzen, oder ihr Schickſal auf jener Ladebruͤcke abzuwarten.
Schon aber ſchien die Flamme ſie auch in dieſem letzten Bergewinkel ereilen zu wollen! Wir ſahen deutlich von jener Seite, wie bereits Einigen Lahmen und Kruͤppeln die Kleider auf dem Leibe angeglommen wa- ren; waͤhrend Andre, die noch etwas beruͤh- riger waren, Waſſer ſchoͤpften und damit ihre Ungluͤcksgefaͤhrten wiederholt uͤbergoſſen, um ſie vor dem Verbrennen zu retten. Sie konnten dies auch um ſo fuͤglicher, da zu- gleich ein ſtarker Orkan aus Norden wuͤthete, (der eben den Brand ſo unaufhaltſam ver- breitet hatte) und wodurch auch das Strom- waſſer ſo aufgeſtauet wurde, daß es faſt die Hoͤhe der Bruͤcken erreichte.
Hier ſollte und mußte nun, in ſo drin- gender Gefahr, den armen Leuten unverzuͤg- lich geholfen werden! Fahrzeuge waren in der ganzen Gegend nirgends abzuſehen. Jch lief indeß uͤber die Kuttelbruͤcke nach dem Hunde-Gat; ſprang in ein Boot, das zu einem dort liegenden Schiffe gehoͤrte; und da zum Gluͤck ein Ruder drinne lag, ſo war ich, mit Huͤlfe des ſtarken Windes, binnen
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Brande; zur Einen Seite nicht minder der
Moͤnchhof, und zur Andern, neben der
Bruͤcke, ein großer Stapel Brennholz; ſo
daß den Ungluͤcklichen nur uͤbrig blieb, ſich
in den Pregel zu ſtuͤrzen, oder ihr Schickſal
auf jener Ladebruͤcke abzuwarten.
Schon aber ſchien die Flamme ſie auch
in dieſem letzten Bergewinkel ereilen zu
wollen! Wir ſahen deutlich von jener Seite,
wie bereits Einigen Lahmen und Kruͤppeln
die Kleider auf dem Leibe angeglommen wa-
ren; waͤhrend Andre, die noch etwas beruͤh-
riger waren, Waſſer ſchoͤpften und damit
ihre Ungluͤcksgefaͤhrten wiederholt uͤbergoſſen,
um ſie vor dem Verbrennen zu retten. Sie
konnten dies auch um ſo fuͤglicher, da zu-
gleich ein ſtarker Orkan aus Norden wuͤthete,
(der eben den Brand ſo unaufhaltſam ver-
breitet hatte) und wodurch auch das Strom-
waſſer ſo aufgeſtauet wurde, daß es faſt
die Hoͤhe der Bruͤcken erreichte.
Hier ſollte und mußte nun, in ſo drin-
gender Gefahr, den armen Leuten unverzuͤg-
lich geholfen werden! Fahrzeuge waren in
der ganzen Gegend nirgends abzuſehen. Jch
lief indeß uͤber die Kuttelbruͤcke nach dem
Hunde-Gat; ſprang in ein Boot, das zu
einem dort liegenden Schiffe gehoͤrte; und da
zum Gluͤck ein Ruder drinne lag, ſo war
ich, mit Huͤlfe des ſtarken Windes, binnen
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/188>, abgerufen am 16.02.2025.
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