seinem Degen allerlei Figureu und Firlefanz vor der Nase, bis ich mit einem abgepaßten Hiebe von unten herauf ihm unterhalb des Gefäßes Eins quer in den Arm zog; und mit der nemlichen Wendung gab ich ihm ei- nen Denkzettel hinter's linke Ohr, so daß er, wenn er nicht an dem Einen, doch an Bei- den genug haben konnte.
Nun, er verlangte eben auch nicht mehr; warf flugs den Degen an die Erde, und schüttelte die verwundete Hand, mit einem etwas verstörten Gesichte. Auch ich schleuderte meinen Sarras über Seite, um aus seinem Rocke, der im Sande lag, ein Schnupftuch hervorzusuchen, welches ich, nach- dem ich ihm das Blut vom Ohre gewischt, fein säuberlich um die lahme Hand wickelte. Dann machte ich dem Herrn ein Kompli- ment, so gut ich's ohne Tanzmeister gelernt hatte, und ließ ihn stehen, indem ich wieder in die Schaluppe stieg und nach dem Schiffe zurückfuhr.
Zwei Tage nach diesem Abentheuer er- hielt ich einen schriftlichen Befehl des Herrn Geh. Finanz-Rath Delatre, Angesichts Die- ses in Stettin zu erscheinen. Jch erwiederte darauf: "Das Schiff, welches ich comman- dirte, läge in See, und ich wäre für dessen Sicherheit verantwortlich. Jch würde mich einstellen, sobald man mir einen Stellvertre-
ſeinem Degen allerlei Figureu und Firlefanz vor der Naſe, bis ich mit einem abgepaßten Hiebe von unten herauf ihm unterhalb des Gefaͤßes Eins quer in den Arm zog; und mit der nemlichen Wendung gab ich ihm ei- nen Denkzettel hinter’s linke Ohr, ſo daß er, wenn er nicht an dem Einen, doch an Bei- den genug haben konnte.
Nun, er verlangte eben auch nicht mehr; warf flugs den Degen an die Erde, und ſchuͤttelte die verwundete Hand, mit einem etwas verſtoͤrten Geſichte. Auch ich ſchleuderte meinen Sarras uͤber Seite, um aus ſeinem Rocke, der im Sande lag, ein Schnupftuch hervorzuſuchen, welches ich, nach- dem ich ihm das Blut vom Ohre gewiſcht, fein ſaͤuberlich um die lahme Hand wickelte. Dann machte ich dem Herrn ein Kompli- ment, ſo gut ich’s ohne Tanzmeiſter gelernt hatte, und ließ ihn ſtehen, indem ich wieder in die Schaluppe ſtieg und nach dem Schiffe zuruͤckfuhr.
Zwei Tage nach dieſem Abentheuer er- hielt ich einen ſchriftlichen Befehl des Herrn Geh. Finanz-Rath Delatre, Angeſichts Die- ſes in Stettin zu erſcheinen. Jch erwiederte darauf: „Das Schiff, welches ich comman- dirte, laͤge in See, und ich waͤre fuͤr deſſen Sicherheit verantwortlich. Jch wuͤrde mich einſtellen, ſobald man mir einen Stellvertre-
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ſeinem Degen allerlei Figureu und Firlefanz
vor der Naſe, bis ich mit einem abgepaßten
Hiebe von unten herauf ihm unterhalb des
Gefaͤßes Eins quer in den Arm zog; und
mit der nemlichen Wendung gab ich ihm ei-
nen Denkzettel hinter’s linke Ohr, ſo daß er,
wenn er nicht an dem Einen, doch an Bei-
den genug haben konnte.
Nun, er verlangte eben auch nicht
mehr; warf flugs den Degen an die Erde,
und ſchuͤttelte die verwundete Hand, mit
einem etwas verſtoͤrten Geſichte. Auch ich
ſchleuderte meinen Sarras uͤber Seite, um
aus ſeinem Rocke, der im Sande lag, ein
Schnupftuch hervorzuſuchen, welches ich, nach-
dem ich ihm das Blut vom Ohre gewiſcht,
fein ſaͤuberlich um die lahme Hand wickelte.
Dann machte ich dem Herrn ein Kompli-
ment, ſo gut ich’s ohne Tanzmeiſter gelernt
hatte, und ließ ihn ſtehen, indem ich wieder
in die Schaluppe ſtieg und nach dem Schiffe
zuruͤckfuhr.
Zwei Tage nach dieſem Abentheuer er-
hielt ich einen ſchriftlichen Befehl des Herrn
Geh. Finanz-Rath Delatre, Angeſichts Die-
ſes in Stettin zu erſcheinen. Jch erwiederte
darauf: „Das Schiff, welches ich comman-
dirte, laͤge in See, und ich waͤre fuͤr deſſen
Sicherheit verantwortlich. Jch wuͤrde mich
einſtellen, ſobald man mir einen Stellvertre-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/259>, abgerufen am 17.07.2024.
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