Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

zu haben. Wußten sich nun die Empörer
schuldig, so war es wohl natürlich, daß sie,
als sie uns unter Flagge und Wimpel auf sich
zukommen und sie mit Kanonenschüssen begrü-
ßen sahen, in der Unmöglichkeit, uns zu ent-
kommen, sich lieber in die geheimsten Winkel
verkrochen hatten und es auf den Zufall an-
kommen lassen, ob wir sie entdecken, oder ob
sie vielleicht den Mantel der Nacht gewinnen
würden, um mit dem Schiffe wieder durch-
zugehen. Wir hatten also wohl nur zuviel
Ursache, das Schicksal unsrer armen zwölf
Gefährten zu bedauern.

Allein selbst wenn wir ihnen auch das
bessere Loos wünschen wollten, daß sie -- Sey
es durch Zufall, Ungeschicklichkeit, oder gar
durch vorsätzlichen bösen Willen, -- in der
Nacht von uns abgekommen, so waren sie dar-
um noch wenig besser berathen; und nicht nur
sahen sie sich all den Gefahren ausgesetzt, die ich
gescheut und zu vermeiden gesucht hatte:
sondern es stand auch überhaupt gar sehr
dahin, ob sie jemals Holland oder irgend
eine andre Küste wohlbehalten erreichen möch-
ten. Der Steuermann war, wie schon ge-
sagt, ein Dummbart, welcher der Führung
eines Schiffes auf einen so weiten Weg kei-
nesweges gewachsen war. Doch hätt' es auch
besser um sein Wissen gestanden, so fehlte es

ihm

zu haben. Wußten ſich nun die Empoͤrer
ſchuldig, ſo war es wohl natuͤrlich, daß ſie,
als ſie uns unter Flagge und Wimpel auf ſich
zukommen und ſie mit Kanonenſchuͤſſen begruͤ-
ßen ſahen, in der Unmoͤglichkeit, uns zu ent-
kommen, ſich lieber in die geheimſten Winkel
verkrochen hatten und es auf den Zufall an-
kommen laſſen, ob wir ſie entdecken, oder ob
ſie vielleicht den Mantel der Nacht gewinnen
wuͤrden, um mit dem Schiffe wieder durch-
zugehen. Wir hatten alſo wohl nur zuviel
Urſache, das Schickſal unſrer armen zwoͤlf
Gefaͤhrten zu bedauern.

Allein ſelbſt wenn wir ihnen auch das
beſſere Loos wuͤnſchen wollten, daß ſie — Sey
es durch Zufall, Ungeſchicklichkeit, oder gar
durch vorſaͤtzlichen boͤſen Willen, — in der
Nacht von uns abgekommen, ſo waren ſie dar-
um noch wenig beſſer berathen; und nicht nur
ſahen ſie ſich all den Gefahren ausgeſetzt, die ich
geſcheut und zu vermeiden geſucht hatte:
ſondern es ſtand auch uͤberhaupt gar ſehr
dahin, ob ſie jemals Holland oder irgend
eine andre Kuͤſte wohlbehalten erreichen moͤch-
ten. Der Steuermann war, wie ſchon ge-
ſagt, ein Dummbart, welcher der Fuͤhrung
eines Schiffes auf einen ſo weiten Weg kei-
nesweges gewachſen war. Doch haͤtt’ es auch
beſſer um ſein Wiſſen geſtanden, ſo fehlte es

ihm
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0288" n="272"/>
zu haben. Wußten &#x017F;ich nun die Empo&#x0364;rer<lb/>
&#x017F;chuldig, &#x017F;o war es wohl natu&#x0364;rlich, daß &#x017F;ie,<lb/>
als &#x017F;ie uns unter Flagge und Wimpel auf &#x017F;ich<lb/>
zukommen und &#x017F;ie mit Kanonen&#x017F;chu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en begru&#x0364;-<lb/>
ßen &#x017F;ahen, in der Unmo&#x0364;glichkeit, uns zu ent-<lb/>
kommen, &#x017F;ich lieber in die geheim&#x017F;ten Winkel<lb/>
verkrochen hatten und es auf den Zufall an-<lb/>
kommen la&#x017F;&#x017F;en, ob wir &#x017F;ie entdecken, oder ob<lb/>
&#x017F;ie vielleicht den Mantel der Nacht gewinnen<lb/>
wu&#x0364;rden, um mit dem Schiffe wieder durch-<lb/>
zugehen. Wir hatten al&#x017F;o wohl nur zuviel<lb/>
Ur&#x017F;ache, das Schick&#x017F;al un&#x017F;rer armen zwo&#x0364;lf<lb/>
Gefa&#x0364;hrten zu bedauern.</p><lb/>
        <p>Allein &#x017F;elb&#x017F;t wenn wir ihnen auch das<lb/>
be&#x017F;&#x017F;ere Loos wu&#x0364;n&#x017F;chen wollten, daß &#x017F;ie &#x2014; Sey<lb/>
es durch Zufall, Unge&#x017F;chicklichkeit, oder gar<lb/>
durch vor&#x017F;a&#x0364;tzlichen bo&#x0364;&#x017F;en Willen, &#x2014; in der<lb/>
Nacht von uns abgekommen, &#x017F;o waren &#x017F;ie dar-<lb/>
um noch wenig be&#x017F;&#x017F;er berathen; und nicht nur<lb/>
&#x017F;ahen &#x017F;ie &#x017F;ich all den Gefahren ausge&#x017F;etzt, die <hi rendition="#g">ich</hi><lb/>
ge&#x017F;cheut und zu vermeiden ge&#x017F;ucht hatte:<lb/>
&#x017F;ondern es &#x017F;tand auch u&#x0364;berhaupt gar &#x017F;ehr<lb/>
dahin, ob &#x017F;ie jemals Holland oder irgend<lb/>
eine andre Ku&#x0364;&#x017F;te wohlbehalten erreichen mo&#x0364;ch-<lb/>
ten. Der Steuermann war, wie &#x017F;chon ge-<lb/>
&#x017F;agt, ein Dummbart, welcher der Fu&#x0364;hrung<lb/>
eines Schiffes auf einen &#x017F;o weiten Weg kei-<lb/>
nesweges gewach&#x017F;en war. Doch ha&#x0364;tt&#x2019; es auch<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er um &#x017F;ein Wi&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;tanden, &#x017F;o fehlte es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihm</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0288] zu haben. Wußten ſich nun die Empoͤrer ſchuldig, ſo war es wohl natuͤrlich, daß ſie, als ſie uns unter Flagge und Wimpel auf ſich zukommen und ſie mit Kanonenſchuͤſſen begruͤ- ßen ſahen, in der Unmoͤglichkeit, uns zu ent- kommen, ſich lieber in die geheimſten Winkel verkrochen hatten und es auf den Zufall an- kommen laſſen, ob wir ſie entdecken, oder ob ſie vielleicht den Mantel der Nacht gewinnen wuͤrden, um mit dem Schiffe wieder durch- zugehen. Wir hatten alſo wohl nur zuviel Urſache, das Schickſal unſrer armen zwoͤlf Gefaͤhrten zu bedauern. Allein ſelbſt wenn wir ihnen auch das beſſere Loos wuͤnſchen wollten, daß ſie — Sey es durch Zufall, Ungeſchicklichkeit, oder gar durch vorſaͤtzlichen boͤſen Willen, — in der Nacht von uns abgekommen, ſo waren ſie dar- um noch wenig beſſer berathen; und nicht nur ſahen ſie ſich all den Gefahren ausgeſetzt, die ich geſcheut und zu vermeiden geſucht hatte: ſondern es ſtand auch uͤberhaupt gar ſehr dahin, ob ſie jemals Holland oder irgend eine andre Kuͤſte wohlbehalten erreichen moͤch- ten. Der Steuermann war, wie ſchon ge- ſagt, ein Dummbart, welcher der Fuͤhrung eines Schiffes auf einen ſo weiten Weg kei- nesweges gewachſen war. Doch haͤtt’ es auch beſſer um ſein Wiſſen geſtanden, ſo fehlte es ihm

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/288
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/288>, abgerufen am 27.11.2024.