Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

der Sklaven-Handel erfordert, an Bord ge-
nommen hatten, giengen wir in See. Mein
Kapitain hieß Gruben und das Schiff
Afrika. Alle waren mir gut und geneigt;
ich selbst war vergnügt und spürte weiter
kein Heimweh. Wir hatten zwei Neger von
der Küste von Guinea, als Matrosen, an
Bord. Diese gab mir mein Steuermann zu
Lehrern in der dort gewöhnlichen Landes-
sprache *); und ich darf wohl sagen, daß
sie an mir einen gelehrigen Schüler fanden.
Denn meine Lust, verbunden mit der Leich-
tigkeit, womit man in meinem damaligen Al-
ter fremde Sprachtöne sich einprägt, brach-
ten mich binnen kurzem zu der Fertigkeit,
daß ich nachher an der Küste meinem Steu-

*) Längs der Küste von Guinea, bedient man
sich einer Sprache, die in einem bunten Ge-
misch von portugiesischen, noch mehreren eng-
lischen und aus den Reger-Mundarten herge-
nommenen Wörtern besteht, und womit man
sich überall beim Handel verständlich macht.
Tiefer landeinwärts aber sind ganz davon ab-
weichende Sprachen im Gange, und auch
diese wieder unter sich selbst dergestalt ver-
schieden, daß, wenn man irgendwo einen
Sklaven aus dem Jnnern kauft, und nur
Eine Meile weiter einen Andern von einer
verschiedenen Nation, Beide sich unter einan-
der schwerlich verstehen werden.
Anm. des Vf.

der Sklaven-Handel erfordert, an Bord ge-
nommen hatten, giengen wir in See. Mein
Kapitain hieß Gruben und das Schiff
Afrika. Alle waren mir gut und geneigt;
ich ſelbſt war vergnuͤgt und ſpuͤrte weiter
kein Heimweh. Wir hatten zwei Neger von
der Kuͤſte von Guinea, als Matroſen, an
Bord. Dieſe gab mir mein Steuermann zu
Lehrern in der dort gewoͤhnlichen Landes-
ſprache *); und ich darf wohl ſagen, daß
ſie an mir einen gelehrigen Schuͤler fanden.
Denn meine Luſt, verbunden mit der Leich-
tigkeit, womit man in meinem damaligen Al-
ter fremde Sprachtoͤne ſich einpraͤgt, brach-
ten mich binnen kurzem zu der Fertigkeit,
daß ich nachher an der Kuͤſte meinem Steu-

*) Laͤngs der Kuͤſte von Guinea, bedient man
ſich einer Sprache, die in einem bunten Ge-
miſch von portugieſiſchen, noch mehreren eng-
liſchen und aus den Reger-Mundarten herge-
nommenen Woͤrtern beſteht, und womit man
ſich uͤberall beim Handel verſtaͤndlich macht.
Tiefer landeinwaͤrts aber ſind ganz davon ab-
weichende Sprachen im Gange, und auch
dieſe wieder unter ſich ſelbſt dergeſtalt ver-
ſchieden, daß, wenn man irgendwo einen
Sklaven aus dem Jnnern kauft, und nur
Eine Meile weiter einen Andern von einer
verſchiedenen Nation, Beide ſich unter einan-
der ſchwerlich verſtehen werden.
Anm. des Vf.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0041" n="25"/>
der Sklaven-Handel erfordert, an Bord ge-<lb/>
nommen hatten, giengen wir in See. Mein<lb/>
Kapitain <hi rendition="#g">hieß Gruben</hi> und das Schiff<lb/><hi rendition="#g">Afrika.</hi> Alle waren mir gut und geneigt;<lb/>
ich &#x017F;elb&#x017F;t war vergnu&#x0364;gt und &#x017F;pu&#x0364;rte weiter<lb/>
kein Heimweh. Wir hatten zwei Neger von<lb/>
der Ku&#x0364;&#x017F;te von Guinea, als Matro&#x017F;en, an<lb/>
Bord. Die&#x017F;e gab mir mein Steuermann zu<lb/>
Lehrern in der dort gewo&#x0364;hnlichen Landes-<lb/>
&#x017F;prache <note place="foot" n="*)">La&#x0364;ngs der Ku&#x0364;&#x017F;te von Guinea, bedient man<lb/>
&#x017F;ich einer Sprache, die in einem bunten Ge-<lb/>
mi&#x017F;ch von portugie&#x017F;i&#x017F;chen, noch mehreren eng-<lb/>
li&#x017F;chen und aus den Reger-Mundarten herge-<lb/>
nommenen Wo&#x0364;rtern be&#x017F;teht, und womit man<lb/>
&#x017F;ich u&#x0364;berall beim Handel ver&#x017F;ta&#x0364;ndlich macht.<lb/>
Tiefer landeinwa&#x0364;rts aber &#x017F;ind ganz davon ab-<lb/>
weichende Sprachen im Gange, und auch<lb/>
die&#x017F;e wieder unter &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t derge&#x017F;talt ver-<lb/>
&#x017F;chieden, daß, wenn man irgendwo einen<lb/>
Sklaven aus dem Jnnern kauft, und nur<lb/>
Eine Meile weiter einen Andern von einer<lb/>
ver&#x017F;chiedenen Nation, Beide &#x017F;ich unter einan-<lb/>
der &#x017F;chwerlich ver&#x017F;tehen werden.<lb/><hi rendition="#et">Anm. des Vf.</hi></note>; und ich darf wohl &#x017F;agen, daß<lb/>
&#x017F;ie an mir einen gelehrigen Schu&#x0364;ler fanden.<lb/>
Denn meine Lu&#x017F;t, verbunden mit der Leich-<lb/>
tigkeit, womit man in meinem damaligen Al-<lb/>
ter fremde Sprachto&#x0364;ne &#x017F;ich einpra&#x0364;gt, brach-<lb/>
ten mich binnen kurzem zu der Fertigkeit,<lb/>
daß ich nachher an der Ku&#x0364;&#x017F;te meinem Steu-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0041] der Sklaven-Handel erfordert, an Bord ge- nommen hatten, giengen wir in See. Mein Kapitain hieß Gruben und das Schiff Afrika. Alle waren mir gut und geneigt; ich ſelbſt war vergnuͤgt und ſpuͤrte weiter kein Heimweh. Wir hatten zwei Neger von der Kuͤſte von Guinea, als Matroſen, an Bord. Dieſe gab mir mein Steuermann zu Lehrern in der dort gewoͤhnlichen Landes- ſprache *); und ich darf wohl ſagen, daß ſie an mir einen gelehrigen Schuͤler fanden. Denn meine Luſt, verbunden mit der Leich- tigkeit, womit man in meinem damaligen Al- ter fremde Sprachtoͤne ſich einpraͤgt, brach- ten mich binnen kurzem zu der Fertigkeit, daß ich nachher an der Kuͤſte meinem Steu- *) Laͤngs der Kuͤſte von Guinea, bedient man ſich einer Sprache, die in einem bunten Ge- miſch von portugieſiſchen, noch mehreren eng- liſchen und aus den Reger-Mundarten herge- nommenen Woͤrtern beſteht, und womit man ſich uͤberall beim Handel verſtaͤndlich macht. Tiefer landeinwaͤrts aber ſind ganz davon ab- weichende Sprachen im Gange, und auch dieſe wieder unter ſich ſelbſt dergeſtalt ver- ſchieden, daß, wenn man irgendwo einen Sklaven aus dem Jnnern kauft, und nur Eine Meile weiter einen Andern von einer verſchiedenen Nation, Beide ſich unter einan- der ſchwerlich verſtehen werden. Anm. des Vf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/41
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/41>, abgerufen am 23.11.2024.