und uns sodann eine freundliche Ruhe wünschte. Wirklich that sie uns Noth, und wir krochen wohlgemuthet und behäglich un- ter die Decke zusammen.
Leider aber hatten wir diesmal unsre Rechnung -- zwar nicht ohne den Wirth, aber doch ohne die Wirthinn gemacht! Denn kaum war uns so ein süßes halbes Stünd- chen zwischen Schlaf und Wachen verlaufen, so kam es unter Zank und Gepolter die Treppe hinauf gestürmt; unsre Zimmerthüre ward ungestüm aufgerissen, und eine gellende Stimme gebot uns, sofort das warme Nest zu räumen und ihr sauberes Bettzeug nicht zu verfumfeien. Da half kein Widerreden; wir sprangen auf, liessen die Ohren hängen und duckten uns in einen Winkel zusammen, bis die Betten, die der Dame so fest an's Herz gewachsen waren, mit einem Strohsack, einer Matratze und einer Art von Pferde- decke vertauscht worden. Das war ein bö- ser Wechsel! und der unfreundlich genug ausgestoßene Wunsch einer guten Nacht, womit uns die gestrenge Hausfrau verließ, hinderte nicht, daß wir eine sehr böse Nacht unter Frost, Verdruß und Schlaflosigkeit zu- brachten.
Unser ehrlicher Vater Harmanns, der in seiner Kajüte geschlafen hatte, und dem wir
und uns ſodann eine freundliche Ruhe wuͤnſchte. Wirklich that ſie uns Noth, und wir krochen wohlgemuthet und behaͤglich un- ter die Decke zuſammen.
Leider aber hatten wir diesmal unſre Rechnung — zwar nicht ohne den Wirth, aber doch ohne die Wirthinn gemacht! Denn kaum war uns ſo ein ſuͤßes halbes Stuͤnd- chen zwiſchen Schlaf und Wachen verlaufen, ſo kam es unter Zank und Gepolter die Treppe hinauf geſtuͤrmt; unſre Zimmerthuͤre ward ungeſtuͤm aufgeriſſen, und eine gellende Stimme gebot uns, ſofort das warme Neſt zu raͤumen und ihr ſauberes Bettzeug nicht zu verfumfeien. Da half kein Widerreden; wir ſprangen auf, lieſſen die Ohren haͤngen und duckten uns in einen Winkel zuſammen, bis die Betten, die der Dame ſo feſt an’s Herz gewachſen waren, mit einem Strohſack, einer Matratze und einer Art von Pferde- decke vertauſcht worden. Das war ein boͤ- ſer Wechſel! und der unfreundlich genug ausgeſtoßene Wunſch einer guten Nacht, womit uns die geſtrenge Hausfrau verließ, hinderte nicht, daß wir eine ſehr boͤſe Nacht unter Froſt, Verdruß und Schlafloſigkeit zu- brachten.
Unſer ehrlicher Vater Harmanns, der in ſeiner Kajuͤte geſchlafen hatte, und dem wir
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und uns ſodann eine freundliche Ruhe
wuͤnſchte. Wirklich that ſie uns Noth, und
wir krochen wohlgemuthet und behaͤglich un-
ter die Decke zuſammen.
Leider aber hatten wir diesmal unſre
Rechnung — zwar nicht ohne den Wirth,
aber doch ohne die Wirthinn gemacht! Denn
kaum war uns ſo ein ſuͤßes halbes Stuͤnd-
chen zwiſchen Schlaf und Wachen verlaufen,
ſo kam es unter Zank und Gepolter die
Treppe hinauf geſtuͤrmt; unſre Zimmerthuͤre
ward ungeſtuͤm aufgeriſſen, und eine gellende
Stimme gebot uns, ſofort das warme Neſt
zu raͤumen und ihr ſauberes Bettzeug nicht
zu verfumfeien. Da half kein Widerreden;
wir ſprangen auf, lieſſen die Ohren haͤngen
und duckten uns in einen Winkel zuſammen,
bis die Betten, die der Dame ſo feſt an’s
Herz gewachſen waren, mit einem Strohſack,
einer Matratze und einer Art von Pferde-
decke vertauſcht worden. Das war ein boͤ-
ſer Wechſel! und der unfreundlich genug
ausgeſtoßene Wunſch einer guten Nacht,
womit uns die geſtrenge Hausfrau verließ,
hinderte nicht, daß wir eine ſehr boͤſe Nacht
unter Froſt, Verdruß und Schlafloſigkeit zu-
brachten.
Unſer ehrlicher Vater Harmanns, der in
ſeiner Kajuͤte geſchlafen hatte, und dem wir
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/91>, abgerufen am 16.02.2025.
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