keinen Schiffer, sein eigner Rheeder zu seyn, wenn er gleichwohl die Correspondenz, und was dazu gehört, einem Fremden überlassen muß. -- Nur, mein Himmel!" setzte ich hinzu -- "Warum, meine Herren, haben Sie mir von dem Mißkredit, in welchem mein Principal bei ihnen steht, nicht früher einen Wink gegeben? Wieviel Zeit, Mühe und Kosten wären da zu ersparen gewesen!"
Sie gestanden mir nun, daß sie nimmer vermuthet hätten, ich würde ein solches Schiff, wie mir vorgeschrieben worden, aufzutreiben im Stande seyn, und daß sie es darum mit ihrer Erklärung lieber bis auf's Aeusserste hätten wollen ankommen lassen. Jch mußte mir das gefallen lassen, eröffnete ihnen aber gleich des nächsten Tages, daß ich eine be- queme Schiffsgelegenheit nach Stettin ge- funden und von da nach Colberg abzugehen gedächte, um dem Commerzien-Rath Bericht zu erstatten, was ich ausgerichtet und nicht ausgerichtet.
"Nach Stettin?" ward mir geantwortet -- "O, schön! Das trifft sich, wie gerufen: denn wir haben ein Anliegen an Sie, lieber Nettelbeck, das Sie uns nicht abschlagen müssen. Da ist in Stettin der Kaufmann Groß, mit dem wir, in Assecuranz-Angelegen- heiten wegen Schiffer Lickfeld verwickelt sind, schon seit Jahr und Tag in Briefen hin und
keinen Schiffer, ſein eigner Rheeder zu ſeyn, wenn er gleichwohl die Correſpondenz, und was dazu gehoͤrt, einem Fremden uͤberlaſſen muß. — Nur, mein Himmel!‟ ſetzte ich hinzu — „Warum, meine Herren, haben Sie mir von dem Mißkredit, in welchem mein Principal bei ihnen ſteht, nicht fruͤher einen Wink gegeben? Wieviel Zeit, Muͤhe und Koſten waͤren da zu erſparen geweſen!‟
Sie geſtanden mir nun, daß ſie nimmer vermuthet haͤtten, ich wuͤrde ein ſolches Schiff, wie mir vorgeſchrieben worden, aufzutreiben im Stande ſeyn, und daß ſie es darum mit ihrer Erklaͤrung lieber bis auf’s Aeuſſerſte haͤtten wollen ankommen laſſen. Jch mußte mir das gefallen laſſen, eroͤffnete ihnen aber gleich des naͤchſten Tages, daß ich eine be- queme Schiffsgelegenheit nach Stettin ge- funden und von da nach Colberg abzugehen gedaͤchte, um dem Commerzien-Rath Bericht zu erſtatten, was ich ausgerichtet und nicht ausgerichtet.
„Nach Stettin?‟ ward mir geantwortet — „O, ſchoͤn! Das trifft ſich, wie gerufen: denn wir haben ein Anliegen an Sie, lieber Nettelbeck, das Sie uns nicht abſchlagen muͤſſen. Da iſt in Stettin der Kaufmann Groß, mit dem wir, in Aſſecuranz-Angelegen- heiten wegen Schiffer Lickfeld verwickelt ſind, ſchon ſeit Jahr und Tag in Briefen hin und
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keinen Schiffer, ſein eigner Rheeder zu ſeyn,
wenn er gleichwohl die Correſpondenz, und
was dazu gehoͤrt, einem Fremden uͤberlaſſen
muß. — Nur, mein Himmel!‟ ſetzte ich
hinzu — „Warum, meine Herren, haben Sie
mir von dem Mißkredit, in welchem mein
Principal bei ihnen ſteht, nicht fruͤher einen
Wink gegeben? Wieviel Zeit, Muͤhe und
Koſten waͤren da zu erſparen geweſen!‟
Sie geſtanden mir nun, daß ſie nimmer
vermuthet haͤtten, ich wuͤrde ein ſolches Schiff,
wie mir vorgeſchrieben worden, aufzutreiben
im Stande ſeyn, und daß ſie es darum mit
ihrer Erklaͤrung lieber bis auf’s Aeuſſerſte
haͤtten wollen ankommen laſſen. Jch mußte
mir das gefallen laſſen, eroͤffnete ihnen aber
gleich des naͤchſten Tages, daß ich eine be-
queme Schiffsgelegenheit nach Stettin ge-
funden und von da nach Colberg abzugehen
gedaͤchte, um dem Commerzien-Rath Bericht
zu erſtatten, was ich ausgerichtet und nicht
ausgerichtet.
„Nach Stettin?‟ ward mir geantwortet
— „O, ſchoͤn! Das trifft ſich, wie gerufen:
denn wir haben ein Anliegen an Sie, lieber
Nettelbeck, das Sie uns nicht abſchlagen
muͤſſen. Da iſt in Stettin der Kaufmann
Groß, mit dem wir, in Aſſecuranz-Angelegen-
heiten wegen Schiffer Lickfeld verwickelt ſind,
ſchon ſeit Jahr und Tag in Briefen hin und
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/146>, abgerufen am 16.07.2024.
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