Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

keinen Schiffer, sein eigner Rheeder zu seyn,
wenn er gleichwohl die Correspondenz, und
was dazu gehört, einem Fremden überlassen
muß. -- Nur, mein Himmel!" setzte ich
hinzu -- "Warum, meine Herren, haben Sie
mir von dem Mißkredit, in welchem mein
Principal bei ihnen steht, nicht früher einen
Wink gegeben? Wieviel Zeit, Mühe und
Kosten wären da zu ersparen gewesen!"

Sie gestanden mir nun, daß sie nimmer
vermuthet hätten, ich würde ein solches Schiff,
wie mir vorgeschrieben worden, aufzutreiben
im Stande seyn, und daß sie es darum mit
ihrer Erklärung lieber bis auf's Aeusserste
hätten wollen ankommen lassen. Jch mußte
mir das gefallen lassen, eröffnete ihnen aber
gleich des nächsten Tages, daß ich eine be-
queme Schiffsgelegenheit nach Stettin ge-
funden und von da nach Colberg abzugehen
gedächte, um dem Commerzien-Rath Bericht
zu erstatten, was ich ausgerichtet und nicht
ausgerichtet.

"Nach Stettin?" ward mir geantwortet
-- "O, schön! Das trifft sich, wie gerufen:
denn wir haben ein Anliegen an Sie, lieber
Nettelbeck, das Sie uns nicht abschlagen
müssen. Da ist in Stettin der Kaufmann
Groß, mit dem wir, in Assecuranz-Angelegen-
heiten wegen Schiffer Lickfeld verwickelt sind,
schon seit Jahr und Tag in Briefen hin und

keinen Schiffer, ſein eigner Rheeder zu ſeyn,
wenn er gleichwohl die Correſpondenz, und
was dazu gehoͤrt, einem Fremden uͤberlaſſen
muß. — Nur, mein Himmel!‟ ſetzte ich
hinzu — „Warum, meine Herren, haben Sie
mir von dem Mißkredit, in welchem mein
Principal bei ihnen ſteht, nicht fruͤher einen
Wink gegeben? Wieviel Zeit, Muͤhe und
Koſten waͤren da zu erſparen geweſen!‟

Sie geſtanden mir nun, daß ſie nimmer
vermuthet haͤtten, ich wuͤrde ein ſolches Schiff,
wie mir vorgeſchrieben worden, aufzutreiben
im Stande ſeyn, und daß ſie es darum mit
ihrer Erklaͤrung lieber bis auf’s Aeuſſerſte
haͤtten wollen ankommen laſſen. Jch mußte
mir das gefallen laſſen, eroͤffnete ihnen aber
gleich des naͤchſten Tages, daß ich eine be-
queme Schiffsgelegenheit nach Stettin ge-
funden und von da nach Colberg abzugehen
gedaͤchte, um dem Commerzien-Rath Bericht
zu erſtatten, was ich ausgerichtet und nicht
ausgerichtet.

„Nach Stettin?‟ ward mir geantwortet
— „O, ſchoͤn! Das trifft ſich, wie gerufen:
denn wir haben ein Anliegen an Sie, lieber
Nettelbeck, das Sie uns nicht abſchlagen
muͤſſen. Da iſt in Stettin der Kaufmann
Groß, mit dem wir, in Aſſecuranz-Angelegen-
heiten wegen Schiffer Lickfeld verwickelt ſind,
ſchon ſeit Jahr und Tag in Briefen hin und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0146" n="142"/>
keinen Schiffer, &#x017F;ein eigner Rheeder zu &#x017F;eyn,<lb/>
wenn er gleichwohl die Corre&#x017F;pondenz, und<lb/>
was dazu geho&#x0364;rt, einem Fremden u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
muß. &#x2014; Nur, mein Himmel!&#x201F; &#x017F;etzte ich<lb/>
hinzu &#x2014; &#x201E;Warum, meine Herren, haben Sie<lb/>
mir von dem Mißkredit, in welchem mein<lb/>
Principal bei ihnen &#x017F;teht, nicht fru&#x0364;her einen<lb/>
Wink gegeben? Wieviel Zeit, Mu&#x0364;he und<lb/>
Ko&#x017F;ten wa&#x0364;ren da zu er&#x017F;paren gewe&#x017F;en!&#x201F;</p><lb/>
        <p>Sie ge&#x017F;tanden mir nun, daß &#x017F;ie nimmer<lb/>
vermuthet ha&#x0364;tten, ich wu&#x0364;rde ein &#x017F;olches Schiff,<lb/>
wie mir vorge&#x017F;chrieben worden, aufzutreiben<lb/>
im Stande &#x017F;eyn, und daß &#x017F;ie es darum mit<lb/>
ihrer Erkla&#x0364;rung lieber bis auf&#x2019;s Aeu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te<lb/>
ha&#x0364;tten wollen ankommen la&#x017F;&#x017F;en. Jch mußte<lb/>
mir das gefallen la&#x017F;&#x017F;en, ero&#x0364;ffnete ihnen aber<lb/>
gleich des na&#x0364;ch&#x017F;ten Tages, daß ich eine be-<lb/>
queme Schiffsgelegenheit nach Stettin ge-<lb/>
funden und von da nach Colberg abzugehen<lb/>
geda&#x0364;chte, um dem Commerzien-Rath Bericht<lb/>
zu er&#x017F;tatten, was ich ausgerichtet und nicht<lb/>
ausgerichtet.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nach Stettin?&#x201F; ward mir geantwortet<lb/>
&#x2014; &#x201E;O, &#x017F;cho&#x0364;n! Das trifft &#x017F;ich, wie gerufen:<lb/>
denn wir haben ein Anliegen an Sie, lieber<lb/>
Nettelbeck, das Sie uns nicht ab&#x017F;chlagen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Da i&#x017F;t in Stettin der Kaufmann<lb/>
Groß, mit dem wir, in A&#x017F;&#x017F;ecuranz-Angelegen-<lb/>
heiten wegen Schiffer Lickfeld verwickelt &#x017F;ind,<lb/>
&#x017F;chon &#x017F;eit Jahr und Tag in Briefen hin und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0146] keinen Schiffer, ſein eigner Rheeder zu ſeyn, wenn er gleichwohl die Correſpondenz, und was dazu gehoͤrt, einem Fremden uͤberlaſſen muß. — Nur, mein Himmel!‟ ſetzte ich hinzu — „Warum, meine Herren, haben Sie mir von dem Mißkredit, in welchem mein Principal bei ihnen ſteht, nicht fruͤher einen Wink gegeben? Wieviel Zeit, Muͤhe und Koſten waͤren da zu erſparen geweſen!‟ Sie geſtanden mir nun, daß ſie nimmer vermuthet haͤtten, ich wuͤrde ein ſolches Schiff, wie mir vorgeſchrieben worden, aufzutreiben im Stande ſeyn, und daß ſie es darum mit ihrer Erklaͤrung lieber bis auf’s Aeuſſerſte haͤtten wollen ankommen laſſen. Jch mußte mir das gefallen laſſen, eroͤffnete ihnen aber gleich des naͤchſten Tages, daß ich eine be- queme Schiffsgelegenheit nach Stettin ge- funden und von da nach Colberg abzugehen gedaͤchte, um dem Commerzien-Rath Bericht zu erſtatten, was ich ausgerichtet und nicht ausgerichtet. „Nach Stettin?‟ ward mir geantwortet — „O, ſchoͤn! Das trifft ſich, wie gerufen: denn wir haben ein Anliegen an Sie, lieber Nettelbeck, das Sie uns nicht abſchlagen muͤſſen. Da iſt in Stettin der Kaufmann Groß, mit dem wir, in Aſſecuranz-Angelegen- heiten wegen Schiffer Lickfeld verwickelt ſind, ſchon ſeit Jahr und Tag in Briefen hin und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/146
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/146>, abgerufen am 24.11.2024.