Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.Verwunderung, die Preussische Flagge Nun mußte ich doch natürlich genauer Und so war es auch wirklich! So getreu Verwunderung, die Preuſſiſche Flagge Nun mußte ich doch natuͤrlich genauer Und ſo war es auch wirklich! So getreu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0168" n="164"/> Verwunderung, die <hi rendition="#g">Preuſſiſche</hi> Flagge<lb/> luſtig im Winde wehte.</p><lb/> <p>Nun mußte ich doch natuͤrlich genauer<lb/> zuſehen, was es hiermit fuͤr eine Bewand-<lb/> niß hatte. Jch draͤngte mich mit Muͤhe durch<lb/> den dickſten Haufen, bis ich am Eingang<lb/> des Zeltes ſtand, zu deſſen beiden Seiten<lb/> ein paar baumhohe Preuſſiſche Grenadiere in<lb/> ihren hohen blanken Spitzmuͤtzen ſtattlich<lb/> ſchilderten. Faſt haͤtt’ ich Luſt gehabt, die<lb/> braven Landsleute hier unter fremden Him-<lb/> mel treuherzig zu begruͤßen, als ich noch zu<lb/> rechter Zeit inne ward, daß mich ein paar<lb/> Wachspuppen getaͤuſcht hatten, und daß ich<lb/> hier wahrſcheinlich am Eingange eines Wachs-<lb/> Figuren-Kabinettes ſtand, dem dieſe mar-<lb/> tialiſchen Geſichter nur zu einem Aushaͤnge-<lb/> Schilde dienten. Jndeß, meine Neugier war<lb/> nun einmal geweckt; und ich beſchloß, hin-<lb/> einzutreten: denn hinter ſolchen Thuͤrhuͤtern,<lb/> dacht’ ich, muͤſſe wohl noch mehr ſtecken,<lb/> woran ein Preuſſiſches Herz ſich erlaben koͤnne.</p><lb/> <p>Und ſo war es auch wirklich! So getreu<lb/> und natuͤrlich, als ob er lebte und ſchwebte,<lb/> ſtand mitten inne der alte Koͤnig Friedrich,<lb/> mit einem Richterſchwerdt in der Hand, und<lb/> vor ihm lag ein Mann mit Weib und Kin-<lb/> dern auf den Knieen, die um Gerechtigkeit<lb/> zu flehen ſchienen. Jhm zur Rechten war<lb/> eine große Wage angebracht, in deren Einen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [164/0168]
Verwunderung, die Preuſſiſche Flagge
luſtig im Winde wehte.
Nun mußte ich doch natuͤrlich genauer
zuſehen, was es hiermit fuͤr eine Bewand-
niß hatte. Jch draͤngte mich mit Muͤhe durch
den dickſten Haufen, bis ich am Eingang
des Zeltes ſtand, zu deſſen beiden Seiten
ein paar baumhohe Preuſſiſche Grenadiere in
ihren hohen blanken Spitzmuͤtzen ſtattlich
ſchilderten. Faſt haͤtt’ ich Luſt gehabt, die
braven Landsleute hier unter fremden Him-
mel treuherzig zu begruͤßen, als ich noch zu
rechter Zeit inne ward, daß mich ein paar
Wachspuppen getaͤuſcht hatten, und daß ich
hier wahrſcheinlich am Eingange eines Wachs-
Figuren-Kabinettes ſtand, dem dieſe mar-
tialiſchen Geſichter nur zu einem Aushaͤnge-
Schilde dienten. Jndeß, meine Neugier war
nun einmal geweckt; und ich beſchloß, hin-
einzutreten: denn hinter ſolchen Thuͤrhuͤtern,
dacht’ ich, muͤſſe wohl noch mehr ſtecken,
woran ein Preuſſiſches Herz ſich erlaben koͤnne.
Und ſo war es auch wirklich! So getreu
und natuͤrlich, als ob er lebte und ſchwebte,
ſtand mitten inne der alte Koͤnig Friedrich,
mit einem Richterſchwerdt in der Hand, und
vor ihm lag ein Mann mit Weib und Kin-
dern auf den Knieen, die um Gerechtigkeit
zu flehen ſchienen. Jhm zur Rechten war
eine große Wage angebracht, in deren Einen
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