schüttelten mir treuherzig die Hand und er- öffneten mir lachend: Das gestrige Trinkfest sey absichtlich von ihnen angestellt worden, um sich unter uns Neunen den rechten Mann auszusuchen, dem sie, als dem solldesten und besonnensten, eine Ladung von Werth anver- trauen könnten. Einstimmig wäre ihre Wahl auf mich gefallen; und so frügen sie mich, ob es mir anstände, eine volle Ladung Thee nach Amsterdam zu übernehmen? --
Leicht kann man denken, daß ich nicht Nein! sagte. Es war damals leicht eine der reichsten Frachten, die auf Brettern schwamm, und die nur einer neutralen Flagge, wie die meinige war, anvertraut werden konnte, da nach und nach auch Holland in den amerika- nischen Freiheitskrieg verwickelt worden war, und die Engländer Alles kaperten, was die Bestimmung nach einem holländischen Hafen hatte und nicht eines solchen Frei-Passes ge- noß. Ob ich aber in jener Behauptung zu- viel gesagt, wird man ermessen, wenn ich hinzufüge, daß wir, zu beiderseitiger Zufrie- denheit um ein Frachtgeld von 35,000 -- schreibe: Fünf und dreissig tausend Thaler Preuß., 5 Procent Habarie und 10 Procent Kapplaken-Gelder einig wurden. So wie auch mein Schiff nur ledig war, fieng ich an, den Thee einzuladen.
ſchuͤttelten mir treuherzig die Hand und er- oͤffneten mir lachend: Das geſtrige Trinkfeſt ſey abſichtlich von ihnen angeſtellt worden, um ſich unter uns Neunen den rechten Mann auszuſuchen, dem ſie, als dem ſolldeſten und beſonnenſten, eine Ladung von Werth anver- trauen koͤnnten. Einſtimmig waͤre ihre Wahl auf mich gefallen; und ſo fruͤgen ſie mich, ob es mir anſtaͤnde, eine volle Ladung Thee nach Amſterdam zu uͤbernehmen? —
Leicht kann man denken, daß ich nicht Nein! ſagte. Es war damals leicht eine der reichſten Frachten, die auf Brettern ſchwamm, und die nur einer neutralen Flagge, wie die meinige war, anvertraut werden konnte, da nach und nach auch Holland in den amerika- niſchen Freiheitskrieg verwickelt worden war, und die Englaͤnder Alles kaperten, was die Beſtimmung nach einem hollaͤndiſchen Hafen hatte und nicht eines ſolchen Frei-Paſſes ge- noß. Ob ich aber in jener Behauptung zu- viel geſagt, wird man ermeſſen, wenn ich hinzufuͤge, daß wir, zu beiderſeitiger Zufrie- denheit um ein Frachtgeld von 35,000 — ſchreibe: Fuͤnf und dreiſſig tauſend Thaler Preuß., 5 Procent Habarie und 10 Procent Kapplaken-Gelder einig wurden. So wie auch mein Schiff nur ledig war, fieng ich an, den Thee einzuladen.
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ſchuͤttelten mir treuherzig die Hand und er-
oͤffneten mir lachend: Das geſtrige Trinkfeſt
ſey abſichtlich von ihnen angeſtellt worden,
um ſich unter uns Neunen den rechten Mann
auszuſuchen, dem ſie, als dem ſolldeſten und
beſonnenſten, eine Ladung von Werth anver-
trauen koͤnnten. Einſtimmig waͤre ihre Wahl
auf mich gefallen; und ſo fruͤgen ſie mich,
ob es mir anſtaͤnde, eine volle Ladung Thee
nach Amſterdam zu uͤbernehmen? —
Leicht kann man denken, daß ich nicht
Nein! ſagte. Es war damals leicht eine der
reichſten Frachten, die auf Brettern ſchwamm,
und die nur einer neutralen Flagge, wie die
meinige war, anvertraut werden konnte, da
nach und nach auch Holland in den amerika-
niſchen Freiheitskrieg verwickelt worden war,
und die Englaͤnder Alles kaperten, was die
Beſtimmung nach einem hollaͤndiſchen Hafen
hatte und nicht eines ſolchen Frei-Paſſes ge-
noß. Ob ich aber in jener Behauptung zu-
viel geſagt, wird man ermeſſen, wenn ich
hinzufuͤge, daß wir, zu beiderſeitiger Zufrie-
denheit um ein Frachtgeld von 35,000 —
ſchreibe: Fuͤnf und dreiſſig tauſend Thaler
Preuß., 5 Procent Habarie und 10 Procent
Kapplaken-Gelder einig wurden. So wie
auch mein Schiff nur ledig war, fieng ich
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/175>, abgerufen am 02.05.2024.
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