Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

gemeynt habe? -- Er aber verneinte ernst-
haft, und vermeynte, daß er wohl ein Narr
seyn müßte, sich damit abspeisen zu lassen.
-- "Nun," fiel ich ihm ein -- "an Eurer
Narrheit hat es wohl keinen Zweifel: denn
die habt Jhr bei mir am Borde durch all
Eure Handlungen klar genug erwiesen. Laut
unserm schriftlichen Accord mag der Ausspruch
auf vier Schiedsmännern beruhen, oder Jhr
mögt mich, wenn es Euch beliebt, verklagen."
-- Polternd und scheltend verließ er auf
diese meine Erklärung das Zimmer; und so
kamen wir für diesmal in Unfrieden ausein-
ander.

Um jedoch meine gute Sache zu wahren,
säumte ich nicht, des nächsten Tages mich
und meine Schiffsmannschaft über die letzten
Ereignisse unserer Reise, nach allen Einzel-
heiten, gerichtlich und eidlich vernehmen zu
lassen; und insonderheit wie ungeschickt und
widersinnig sich der vorgebliche Lootse ange-
stellt und zu Allem untauglich erwiesen.
Dies gethan, brannte mir die Stelle unter
dem Leibe, den Weg nach Amsterdam vollends
zurückzulegen, damit ich mein Diamanten-
Päckchen los würde. Sobald ich es mittelst
angetretener Landreise, dort in die rechten
Hände abgeliefert hatte, war ich, wie ein
neugebohrner Mensch; und da ich zugleich alle
Connoissements von meiner Ladung mit mir

ge-

gemeynt habe? — Er aber verneinte ernſt-
haft, und vermeynte, daß er wohl ein Narr
ſeyn muͤßte, ſich damit abſpeiſen zu laſſen.
— „Nun,‟ fiel ich ihm ein — „an Eurer
Narrheit hat es wohl keinen Zweifel: denn
die habt Jhr bei mir am Borde durch all
Eure Handlungen klar genug erwieſen. Laut
unſerm ſchriftlichen Accord mag der Ausſpruch
auf vier Schiedsmaͤnnern beruhen, oder Jhr
moͤgt mich, wenn es Euch beliebt, verklagen.‟
— Polternd und ſcheltend verließ er auf
dieſe meine Erklaͤrung das Zimmer; und ſo
kamen wir fuͤr diesmal in Unfrieden ausein-
ander.

Um jedoch meine gute Sache zu wahren,
ſaͤumte ich nicht, des naͤchſten Tages mich
und meine Schiffsmannſchaft uͤber die letzten
Ereigniſſe unſerer Reiſe, nach allen Einzel-
heiten, gerichtlich und eidlich vernehmen zu
laſſen; und inſonderheit wie ungeſchickt und
widerſinnig ſich der vorgebliche Lootſe ange-
ſtellt und zu Allem untauglich erwieſen.
Dies gethan, brannte mir die Stelle unter
dem Leibe, den Weg nach Amſterdam vollends
zuruͤckzulegen, damit ich mein Diamanten-
Paͤckchen los wuͤrde. Sobald ich es mittelſt
angetretener Landreiſe, dort in die rechten
Haͤnde abgeliefert hatte, war ich, wie ein
neugebohrner Menſch; und da ich zugleich alle
Connoiſſements von meiner Ladung mit mir

ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0196" n="192"/>
gemeynt habe? &#x2014; Er aber verneinte ern&#x017F;t-<lb/>
haft, und vermeynte, daß er wohl ein Narr<lb/>
&#x017F;eyn mu&#x0364;ßte, &#x017F;ich damit ab&#x017F;pei&#x017F;en zu la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
&#x2014; &#x201E;Nun,&#x201F; fiel ich ihm ein &#x2014; &#x201E;an Eurer<lb/>
Narrheit hat es wohl keinen Zweifel: denn<lb/><hi rendition="#g">die</hi> habt Jhr bei mir am Borde durch all<lb/>
Eure Handlungen klar genug erwie&#x017F;en. Laut<lb/>
un&#x017F;erm &#x017F;chriftlichen Accord mag der Aus&#x017F;pruch<lb/>
auf vier Schiedsma&#x0364;nnern beruhen, oder Jhr<lb/>
mo&#x0364;gt mich, wenn es Euch beliebt, verklagen.&#x201F;<lb/>
&#x2014; Polternd und &#x017F;cheltend verließ er auf<lb/>
die&#x017F;e meine Erkla&#x0364;rung das Zimmer; und &#x017F;o<lb/>
kamen wir fu&#x0364;r diesmal in Unfrieden ausein-<lb/>
ander.</p><lb/>
        <p>Um jedoch meine gute Sache zu wahren,<lb/>
&#x017F;a&#x0364;umte ich nicht, des na&#x0364;ch&#x017F;ten Tages mich<lb/>
und meine Schiffsmann&#x017F;chaft u&#x0364;ber die letzten<lb/>
Ereigni&#x017F;&#x017F;e un&#x017F;erer Rei&#x017F;e, nach allen Einzel-<lb/>
heiten, gerichtlich und eidlich vernehmen zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en; und in&#x017F;onderheit wie unge&#x017F;chickt und<lb/>
wider&#x017F;innig &#x017F;ich der vorgebliche Loot&#x017F;e ange-<lb/>
&#x017F;tellt und zu Allem untauglich erwie&#x017F;en.<lb/>
Dies gethan, brannte mir die Stelle unter<lb/>
dem Leibe, den Weg nach Am&#x017F;terdam vollends<lb/>
zuru&#x0364;ckzulegen, damit ich mein Diamanten-<lb/>
Pa&#x0364;ckchen los wu&#x0364;rde. Sobald ich es mittel&#x017F;t<lb/>
angetretener Landrei&#x017F;e, dort in die rechten<lb/>
Ha&#x0364;nde abgeliefert hatte, war ich, wie ein<lb/>
neugebohrner Men&#x017F;ch; und da ich zugleich alle<lb/>
Connoi&#x017F;&#x017F;ements von meiner Ladung mit mir<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0196] gemeynt habe? — Er aber verneinte ernſt- haft, und vermeynte, daß er wohl ein Narr ſeyn muͤßte, ſich damit abſpeiſen zu laſſen. — „Nun,‟ fiel ich ihm ein — „an Eurer Narrheit hat es wohl keinen Zweifel: denn die habt Jhr bei mir am Borde durch all Eure Handlungen klar genug erwieſen. Laut unſerm ſchriftlichen Accord mag der Ausſpruch auf vier Schiedsmaͤnnern beruhen, oder Jhr moͤgt mich, wenn es Euch beliebt, verklagen.‟ — Polternd und ſcheltend verließ er auf dieſe meine Erklaͤrung das Zimmer; und ſo kamen wir fuͤr diesmal in Unfrieden ausein- ander. Um jedoch meine gute Sache zu wahren, ſaͤumte ich nicht, des naͤchſten Tages mich und meine Schiffsmannſchaft uͤber die letzten Ereigniſſe unſerer Reiſe, nach allen Einzel- heiten, gerichtlich und eidlich vernehmen zu laſſen; und inſonderheit wie ungeſchickt und widerſinnig ſich der vorgebliche Lootſe ange- ſtellt und zu Allem untauglich erwieſen. Dies gethan, brannte mir die Stelle unter dem Leibe, den Weg nach Amſterdam vollends zuruͤckzulegen, damit ich mein Diamanten- Paͤckchen los wuͤrde. Sobald ich es mittelſt angetretener Landreiſe, dort in die rechten Haͤnde abgeliefert hatte, war ich, wie ein neugebohrner Menſch; und da ich zugleich alle Connoiſſements von meiner Ladung mit mir ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/196
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/196>, abgerufen am 21.11.2024.