Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

fanden. Erschöpft von soviel Anstrengungen
und niedergedrückt von Sorge und Kummer,
sank ich, gleich nach der ersten Begrüßung,
auf ein dastehendes Bette und verfiel in ein
halbwaches Hinbrüten, aus welchem ich mich
mehrere Stunden lang nicht zu ermuntern
vermochte Gleichwohl hört' ich es, während
dieses fieberhaften Zustandes, wie im Traume
mit an, daß die Wirthsleute sich mit mei-
nem Volk über unsre Umstände unterhielten;
daß dabei erwähnt wurde, unser Schiff habe
nach Stettin zuhause gehört, und daß dar-
auf die Hausfrau sich für meine Landsmän-
ninn erklärte.

Jhre dadurch geweckte nähere Theil-
nahme gab sie mir kund, indem sie mit
einer Schüssel voll gekochten und gebratenen
Geflügels an mein Bette trat, und mich
einlud, davon zu meiner Erquickung zu ge-
niessen. "Wie?" rief ich, mich ermunternd
-- "Federwild auf dieser Jnsel, wo überall
kein Strauch, kein Grashalm, sondern nur
der nackte Flugsand sich zeigt? Das ist doch
wunderbar!" -- Bei weitem sosehr nicht,
als ich glaubte; ward mir zur Antwort.
Auf den Abend sollte mir das Räthsel ge-
löst werden, wie sie im Stande wären, in
den Wintermonaten ganze Körbe voll davon
nach Kopenhagen zu schicken.

fanden. Erſchoͤpft von ſoviel Anſtrengungen
und niedergedruͤckt von Sorge und Kummer,
ſank ich, gleich nach der erſten Begruͤßung,
auf ein daſtehendes Bette und verfiel in ein
halbwaches Hinbruͤten, aus welchem ich mich
mehrere Stunden lang nicht zu ermuntern
vermochte Gleichwohl hoͤrt’ ich es, waͤhrend
dieſes fieberhaften Zuſtandes, wie im Traume
mit an, daß die Wirthsleute ſich mit mei-
nem Volk uͤber unſre Umſtaͤnde unterhielten;
daß dabei erwaͤhnt wurde, unſer Schiff habe
nach Stettin zuhauſe gehoͤrt, und daß dar-
auf die Hausfrau ſich fuͤr meine Landsmaͤn-
ninn erklaͤrte.

Jhre dadurch geweckte naͤhere Theil-
nahme gab ſie mir kund, indem ſie mit
einer Schuͤſſel voll gekochten und gebratenen
Gefluͤgels an mein Bette trat, und mich
einlud, davon zu meiner Erquickung zu ge-
nieſſen. „Wie?‟ rief ich, mich ermunternd
— „Federwild auf dieſer Jnſel, wo uͤberall
kein Strauch, kein Grashalm, ſondern nur
der nackte Flugſand ſich zeigt? Das iſt doch
wunderbar!‟ — Bei weitem ſoſehr nicht,
als ich glaubte; ward mir zur Antwort.
Auf den Abend ſollte mir das Raͤthſel ge-
loͤſt werden, wie ſie im Stande waͤren, in
den Wintermonaten ganze Koͤrbe voll davon
nach Kopenhagen zu ſchicken.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0272" n="268"/>
fanden. Er&#x017F;cho&#x0364;pft von &#x017F;oviel An&#x017F;trengungen<lb/>
und niedergedru&#x0364;ckt von Sorge und Kummer,<lb/>
&#x017F;ank ich, gleich nach der er&#x017F;ten Begru&#x0364;ßung,<lb/>
auf ein da&#x017F;tehendes Bette und verfiel in ein<lb/>
halbwaches Hinbru&#x0364;ten, aus welchem ich mich<lb/>
mehrere Stunden lang nicht zu ermuntern<lb/>
vermochte Gleichwohl ho&#x0364;rt&#x2019; ich es, wa&#x0364;hrend<lb/>
die&#x017F;es fieberhaften Zu&#x017F;tandes, wie im Traume<lb/>
mit an, daß die Wirthsleute &#x017F;ich mit mei-<lb/>
nem Volk u&#x0364;ber un&#x017F;re Um&#x017F;ta&#x0364;nde unterhielten;<lb/>
daß dabei erwa&#x0364;hnt wurde, un&#x017F;er Schiff habe<lb/>
nach Stettin zuhau&#x017F;e geho&#x0364;rt, und daß dar-<lb/>
auf die Hausfrau &#x017F;ich fu&#x0364;r meine Landsma&#x0364;n-<lb/>
ninn erkla&#x0364;rte.</p><lb/>
        <p>Jhre dadurch geweckte na&#x0364;here Theil-<lb/>
nahme gab &#x017F;ie mir kund, indem &#x017F;ie mit<lb/>
einer Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el voll gekochten und gebratenen<lb/>
Geflu&#x0364;gels an mein Bette trat, und mich<lb/>
einlud, davon zu meiner Erquickung zu ge-<lb/>
nie&#x017F;&#x017F;en. &#x201E;Wie?&#x201F; rief ich, mich ermunternd<lb/>
&#x2014; &#x201E;Federwild auf die&#x017F;er Jn&#x017F;el, wo u&#x0364;berall<lb/>
kein Strauch, kein Grashalm, &#x017F;ondern nur<lb/>
der nackte Flug&#x017F;and &#x017F;ich zeigt? Das i&#x017F;t doch<lb/>
wunderbar!&#x201F; &#x2014; Bei weitem &#x017F;o&#x017F;ehr nicht,<lb/>
als ich glaubte; ward mir zur Antwort.<lb/>
Auf den Abend &#x017F;ollte mir das Ra&#x0364;th&#x017F;el ge-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;t werden, wie &#x017F;ie im Stande wa&#x0364;ren, in<lb/>
den Wintermonaten ganze Ko&#x0364;rbe voll davon<lb/>
nach Kopenhagen zu &#x017F;chicken.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0272] fanden. Erſchoͤpft von ſoviel Anſtrengungen und niedergedruͤckt von Sorge und Kummer, ſank ich, gleich nach der erſten Begruͤßung, auf ein daſtehendes Bette und verfiel in ein halbwaches Hinbruͤten, aus welchem ich mich mehrere Stunden lang nicht zu ermuntern vermochte Gleichwohl hoͤrt’ ich es, waͤhrend dieſes fieberhaften Zuſtandes, wie im Traume mit an, daß die Wirthsleute ſich mit mei- nem Volk uͤber unſre Umſtaͤnde unterhielten; daß dabei erwaͤhnt wurde, unſer Schiff habe nach Stettin zuhauſe gehoͤrt, und daß dar- auf die Hausfrau ſich fuͤr meine Landsmaͤn- ninn erklaͤrte. Jhre dadurch geweckte naͤhere Theil- nahme gab ſie mir kund, indem ſie mit einer Schuͤſſel voll gekochten und gebratenen Gefluͤgels an mein Bette trat, und mich einlud, davon zu meiner Erquickung zu ge- nieſſen. „Wie?‟ rief ich, mich ermunternd — „Federwild auf dieſer Jnſel, wo uͤberall kein Strauch, kein Grashalm, ſondern nur der nackte Flugſand ſich zeigt? Das iſt doch wunderbar!‟ — Bei weitem ſoſehr nicht, als ich glaubte; ward mir zur Antwort. Auf den Abend ſollte mir das Raͤthſel ge- loͤſt werden, wie ſie im Stande waͤren, in den Wintermonaten ganze Koͤrbe voll davon nach Kopenhagen zu ſchicken.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/272
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/272>, abgerufen am 28.04.2024.