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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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Nachdem wir uns hier zwei Tage lang
von unsern erlittenen schweren Mühseligkei-
ten bei diesen freundlichen Gastgebern erholt,
aber sie auch beinahe rein ausgezehrt hatten,
wofür ich ihnen eine angemessene Anweisung
nach Kopenhagen ausstellte) ward es freilich
wohl hohe Zeit, unsern Stab weiter zu
setzen. Auf dem östlichen Ende der Jnsel,
wo sie am breitesten ist, lag noch das einzige
hier vorhandene Fischerdörfchen von etwa
15 Hütten, dem ein Schulz, hier Drost ge-
nannt, vorstand. An diesen hatt' ich bereits
Tages zuvor geschrieben, daß wir, als Schiff-
brüchige, auf seinen obrigkeitlichen Beistand
zu unserm weitern Fortkommen rechneten.
Jch würde zu einer bestimmten Zeit mit
einem Gefolge von 14 Köpfen bei ihm er-
scheinen, und eine bereit gehaltene tüchtige
Mahlzeit, ein Fahrzeug zur Ueberfahrt nach
Helsingör und ausreichenden Proviant für
drei Tage -- Alles gegen Bezahlung --
-- vorzufinden erwarten.

Statt dessen wurden wir von diesem
Manne mit einer so abschreckenden Gleich-
gültigkeit und Kälte empfangen, und für
all unsre Bedürfnisse war sowenig irgend
einige Sorge getragen, daß es mir als eine,
in diesem Falle sehr verzeihliche Eigenmacht
erschien, wenn wir zuförderst, auf gut sol-

Nachdem wir uns hier zwei Tage lang
von unſern erlittenen ſchweren Muͤhſeligkei-
ten bei dieſen freundlichen Gaſtgebern erholt,
aber ſie auch beinahe rein ausgezehrt hatten,
wofuͤr ich ihnen eine angemeſſene Anweiſung
nach Kopenhagen ausſtellte) ward es freilich
wohl hohe Zeit, unſern Stab weiter zu
ſetzen. Auf dem oͤſtlichen Ende der Jnſel,
wo ſie am breiteſten iſt, lag noch das einzige
hier vorhandene Fiſcherdoͤrfchen von etwa
15 Huͤtten, dem ein Schulz, hier Droſt ge-
nannt, vorſtand. An dieſen hatt’ ich bereits
Tages zuvor geſchrieben, daß wir, als Schiff-
bruͤchige, auf ſeinen obrigkeitlichen Beiſtand
zu unſerm weitern Fortkommen rechneten.
Jch wuͤrde zu einer beſtimmten Zeit mit
einem Gefolge von 14 Koͤpfen bei ihm er-
ſcheinen, und eine bereit gehaltene tuͤchtige
Mahlzeit, ein Fahrzeug zur Ueberfahrt nach
Helſingoͤr und ausreichenden Proviant fuͤr
drei Tage — Alles gegen Bezahlung —
— vorzufinden erwarten.

Statt deſſen wurden wir von dieſem
Manne mit einer ſo abſchreckenden Gleich-
guͤltigkeit und Kaͤlte empfangen, und fuͤr
all unſre Beduͤrfniſſe war ſowenig irgend
einige Sorge getragen, daß es mir als eine,
in dieſem Falle ſehr verzeihliche Eigenmacht
erſchien, wenn wir zufoͤrderſt, auf gut ſol-

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[270/0274] Nachdem wir uns hier zwei Tage lang von unſern erlittenen ſchweren Muͤhſeligkei- ten bei dieſen freundlichen Gaſtgebern erholt, aber ſie auch beinahe rein ausgezehrt hatten, wofuͤr ich ihnen eine angemeſſene Anweiſung nach Kopenhagen ausſtellte) ward es freilich wohl hohe Zeit, unſern Stab weiter zu ſetzen. Auf dem oͤſtlichen Ende der Jnſel, wo ſie am breiteſten iſt, lag noch das einzige hier vorhandene Fiſcherdoͤrfchen von etwa 15 Huͤtten, dem ein Schulz, hier Droſt ge- nannt, vorſtand. An dieſen hatt’ ich bereits Tages zuvor geſchrieben, daß wir, als Schiff- bruͤchige, auf ſeinen obrigkeitlichen Beiſtand zu unſerm weitern Fortkommen rechneten. Jch wuͤrde zu einer beſtimmten Zeit mit einem Gefolge von 14 Koͤpfen bei ihm er- ſcheinen, und eine bereit gehaltene tuͤchtige Mahlzeit, ein Fahrzeug zur Ueberfahrt nach Helſingoͤr und ausreichenden Proviant fuͤr drei Tage — Alles gegen Bezahlung — — vorzufinden erwarten. Statt deſſen wurden wir von dieſem Manne mit einer ſo abſchreckenden Gleich- guͤltigkeit und Kaͤlte empfangen, und fuͤr all unſre Beduͤrfniſſe war ſowenig irgend einige Sorge getragen, daß es mir als eine, in dieſem Falle ſehr verzeihliche Eigenmacht erſchien, wenn wir zufoͤrderſt, auf gut ſol-

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/274>, abgerufen am 21.11.2024.